Gurtquerschnitte

Gurtquerschnitte

Gurtquerschnitte der Fachwerksträger. Bei der Bildung der Gurtquerschnitte kommt zu beachten: 1. Möglichst einfache Zusammensetzung mit Vermeidung zu reichlicher oder schwieriger Nietarbeit; 2. Veränderlichkeit der Querschnittsfläche bei tunlichster Erhaltung der Schwerachse; 3. Vermeidung von für die Erneuerung des Anstriches schwer zugänglichen Zwischenräumen oder oben offener Hohlräume (Wassersäcke), die Wasser auffangen; 4. Fähigkeit eines richtigen und leichten Anschlusses der Ausfachungsstäbe. Auf Druck beanspruchte Gurte müssen überdies entsprechend knicksteif ausgebildet werden.

Zuggurte können bloß aus Flacheisen zusammengesetzt werden, und zwar entweder aus wagerecht übereinander liegenden Flacheisen (Bandgurt), eine Konstruktionsform, die hauptsächlich für die Untergurte der Paulischen Träger Anwendung fand, wegen des mangelhaften Anschlusses der Ausfachungsstäbe heute nicht mehr ausgeführt wird, oder aus senkrecht gestellten Flacheisen oder Blechen (Streifengurt), die untereinander durch Nietung verbunden und zur Erzielung einiger Horizontalsteifigkeit allenfalls mit Randwinkeln gesäumt werden. Hierher gehören auch die Kettengurte der amerikanischen Fachwerksbrücken, die in jedem Gliede aus einer Anzahl an den gemeinschaftlichen Knotenpunktsbolzen angeschlossenen Augenstäben (s.d.) bestehen (s. Bolzenverbindung). Bei unsern Konstruktionen zieht man es vor, auch die Zuggurte steif auszubilden und dafür ähnliche Querschnitte wie für die Druckgurte zu wählen. Auch die amerikanischen Brückenkonstrukteure ersetzen jetzt den Kettengurt in den in der Nähe der Brückenauflager gelegenen Fächern durch steife Stäbe, um den auftretenden Längskräften Rechnung zu tragen.

Die Druckgurte, das sind bei einfachen Balkenträgern die Obergurte, bei durchgehenden Balkenträgern in der Nähe der Mittelstützen auch die Untergurte, bei Bogenfachwerken beide Gurtungen, müssen einen steifen, d.h. knickfesten Querschnitt erhalten und sind auf Knickungsbeanspruchung zu berechnen. In dieser Hinsicht gilt das über Druckstäbe Gesagte und kann für das Ausknicken in der Trägerebene die Entfernung der Knotenpunkte als Knicklänge angenommen werden. Die gleiche Länge kommt auch für das Ausknicken senkrecht zur Tragwandebene in Frage, wenn die Knotenpunkte durch Querverbindungen gehalten sind. Für die Obergurte offener Brücken, die ohne Querverbindung sind, kommt für die Knicksicherheit des Gurtes nebst dem Trägheitsmoment seines Querschnittes für die vertikale Schwerachse auch noch die Steifheit der Ausfachungsstäbe sowie das Trägheitsmoment der Querträger in Frage; keinesfalls genügt es, hier den Obergurt nur auf Ausknicken in einer Knotenweite zu berechnen, ohne gleichzeitig die Steifigkeit der von den Druckstäben der Ausfachung und den Querträgern gebildeten Rahmen einer Untersuchung zu unterziehen (s. Brücken).

Die hauptsächlichst angewendeten steifen Gurtquerschnittsformen sind:

1. Der -förmige Querschnitt aus einem vertikalen Stege und horizontalen Flanschen bestehend. Für ganz kleine und schwache Gitterträger genügt ein -Eisen etwa mit aufgenieteten Blechen oder zwei Winkeleisen; für stärkere Träger wird jedoch dieser Gurtquerschnitt aus Flacheisen bezw. Blechen und Winkeleisen zusammengesetzt (Fig. 1). Die Stehbleche sollen dabei nicht zu schwach genommen werden (für Brückenträger δ mindestens 14 mm), um Ueberanstrengungen in den Nietanschlüssen zu vermeiden, und wegen der Knickungsbeanspruchung soll die Breite des Stehblechs vor den beiden Anschlußwinkeleisen nicht größer als die losgehe Stehblechdicke sein. Wo größere Breiten, daher auch Dicken des Stehblechs notwendig werden, empfiehlt es sich, dasselbe aus zwei aufeinander genieteten Blechen zu bilden. Im übrigen sind sehr breite Stehbleche wegen der bei der Biegung der Träger entgehenden großen Nebenspannungen nicht zweckmäßig. Für die Anschlußwinkel sind breitschenklige Kaliber zu wählen. Danach richtet sich die Breite der Kopfbleche oder Lamellen. Werden diese so breit gemacht, daß sie beiderseits um mehr als 6 cm über die Ränder der Winkeleisen vorstehen, so sind die[686] Lamellen unter sich durch eine Randvernietung, in der die Nieten gegen die mittleren Reihen versetzt sind, zu verbinden. Mit dem einfachen -Gurte lassen sich Querschnittsflächen bis zu etwa 500 cm2 erreichen; durch Verstärkungen in Form von Randwinkeln an den Lamellen und am Stehbleche läßt sich die Größe der Fläche noch weiter bis auf etwa 700 cm2 steigern.

2. Der Gurtquerschnitte-förmige Querschnitt (Doppel--Gurt, Fig. 2). Derselbe ist bei größeren Spannweiten und dort, wo man dem Gurte wegen der erforderlichen Seitensteifigkeit eine größere Breite zu geben hat, sehr häufig angewendet. Hinsichtlich der Stärke und Breite der Stehbleche gilt das gleiche wie beim einfachen -Querschnitt. Der Abstand der beiden Stehbleche richtet sich nach der den Druckstäben der Ausfachung mit Rücksicht auf Seitenbeanspruchung zu gebenden Breite und wird beiläufig mit o der Trägerhöhe angenommen. Die Kopfbleche (Lamellen) erhalten, wenn ihre Breite über 1 m ist, versetzte Längsstöße. Sie sind mit jedem Siebblech gewöhnlich mittels je zwei Winkeleisen verbunden; zuweilen sind die inneren Winkel weggelassen, wobei sich dann aber empfiehlt, wenigstens an den Knotenpunkten durch beiderseitige Winkel den Anschluß zu bewerkstelligen. Im gedrückten Gurte empfiehlt sich eine Säumung der Stehblechränder mit Flacheisen oder Winkeln, und es sind hier die beiden Stehbleche außer an den Knotenpunkten auch noch dazwischen durch eingenietete Querbleche (Diaphragmenbleche) oder durch Gitterwerk zu verbinden, welch letzteres an den Saumwinkeln beteiligt wird. Der größte ausgeführte Doppel--Querschnitt hat etwa 2500 cm2 Fläche. Sehr große Gurtquerschnitte haben zuweilen auch drei und selbst vier Stehbleche erhalten. Im Untergurt wird, um Wassersäcke zu vermeiden, dieser Querschnitt durch einen Längsspalt geteilt.

3. Der Gurtquerschnitte-förmige Gurt (Fig. 3). Derselbe besteht aus zwei vertikalen, zumeist durch Winkeleisen eingefaßten Blechen, welche in der Mitte durch ein horizontales Blech oder durch Gitterwerk miteinander verbunden sind. Vorteile: symmetrische Form, daher Erhaltung der Schwerachse, geringe Nebenspannungen. Es lassen sich damit ungefähr dieselben Flächengrößen erzielen wie mit dem Gurtquerschnitte-Querschnitt.

4. Der Gurtquerschnitte-förmige Querschnitt (Fig. 4), entweder bloß aus vier Winkeleisen bestehend, welche zwischen sich den erforderlichen Zwischenraum zum Einsetzen der Knoten- und Anschlußbleche lassen, oder bei größerer Fläche aus vier Winkeleisen und dazwischen befindlichen horizontalen und vertikalen Blechen gebildet. Man kann den Gurt auch aus zwei oder aus vier solchen kreuzförmigen Elementen zusammensetzen, welche neben und übereinander anzuordnen und unter sich in starre Verbindung durch Gitterwerk zu bringen sind. Auf diese Art lassen sich mit dem doppelten Kreuzquerschnitt auch große Querschnittsflächen ausführen.

5. Der Gurtquerschnitte-förmige Querschnitt (Fig. 5), selten aus zwei Gurtquerschnitte-Eisen, sondern meist auch aus Blechen und Winkeleisen oder bloß aus vier oder acht Winkeleisen mit dazwischen liegendem Flacheisengitterwerk zusammengesetzt. Auch als Doppelgurt ausgeführt und bei den von Schwedler erbauten Brücken (s. Schwedler-Träger) häufig angewendet. Die Schlitze zwischen den beiden Gurtquerschnitte-Gurtteilen sind aber im Anstrich schlecht zu erhalten.

6. Der Gurtquerschnitte-förmige Querschnitt in Form eines Blechträgers findet wegen der schwierigen Knotenpunktsanschlüsse zu den Gurtungen der Balkenträger selten Anwendung; er eignet sich am ehesten noch zu solchen Trägerarten, wo die Veränderlichkeit des Gurtquerschnitts eine geringe ist, also zu parabolischen Balkenträgern und Bogenträgern. Dasselbe gilt auch von dem Kartengurt.

7. Der röhrenförmige Gurt. Die zylindrische Röhre ist eine zur Aufnahme großer Druckkräfte besonders geeignete Form. In kleinen Dimensionen sind solche Gurte aus Quadrant- und Sextantseiten zusammengesetzt (Fig. 6), hier und da bei Bogenträgern und auch bei älteren Ausführungen von Balkenträgern zur Anwendung gelangt. Große aus Blechen gebildete Röhrengurte haben die beiden noch von Brunel erbauten Brücken über den Wye bei Chepstow und über den Tamar bei Saltash, und zwar haben bei diesen Brücken beide Tragwände einen gemeinschaftlichen Druckgurt in Form einer kreisförmigen oder elliptischen Röhre. Das bedeutendste Beispiel röhrenförmiger Druckgurte zeigt aber die Brücke über den Firth of Forth. Der Untergurt der Kragträger hat hier die Gestalt einer aus 32 mm starken Stahlplatten zusammengesetzten Röhre (Fig. 7) von 3,66 m größtem Durchmesser, welche innen noch durch Längsträger und Diaphragmenringe ausgesteift ist.

Melan.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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