Massengüterbahnen

Massengüterbahnen

Massengüterbahnen, Eisenbahnen zur Beförderung sogenannter Massengüter, wie Kohlen, Erze, Wegebaumaterialien, Düngemittel, Grubenholz, Rohstoffe jeder Art u.s.w.

Da die Grundpreise der Materialien ebenso wie die Arbeitslöhne keine Herabminderung zulassen, so kann allein dadurch eine wesentliche Herabsetzung der Erzeugungskosten der Industrie erwartet werden, daß es gelingt, die räumliche Entfernung zwischen den Gewinnungs- und Einfuhrorten der verschiedenen zu derselben Gütererzeugung benötigten Rohmaterialien und dieser wieder von den Orten billiger Kraftgewinnung und billiger Arbeitslöhne als verteuernden Umstand möglichst auszuschalten.

Besondere für diesen Zweck erbaute Güterbahnen (Massengüterbahnen) haben zur Voraussetzung, daß:

1. die durch denselben Versender gleichzeitig zum Versand kommenden Einzelmengen relativ groß sind, mindestens ganze Wagenladungen, tunlichst aber Mengen von Wagenladungen;

2. die Gesamtmenge der für das Kilometer zu befördernden Güter groß ist;

3. die Wagenladungen in möglichst großer Zahl vom Versand- bis zum Empfangsort gemeinsame Wege haben, so daß womöglich geschlossene Züge vom Versand- zum Empfangsort und ebenso leer in umgekehrter Richtung durchgeführt werden können;

4. auf jeder Verkehrsanlage möglichst Güter gleicher Art in großen Mengen behandelt werden, wodurch zugleich die Zahl der Stationen verhältnismäßig gering ist.

Als Regel muß es hiernach gelten, daß auf solcher Bahn nur Fernzüge verkehren, d.h. Züge, die im Bereich der Bahn durchfahren, ohne unterwegs ihren Bestand und ihre Ordnung zu verändern, möglichst Züge, die von den Zechen, Werken u.s.w. oder von Gruppen solcher der Massengüterbahn bereits geschlossen zulaufen, oder auch Züge, die die Massengüterbahn in der Lage ist, auf der Ausgangs- oder Einbruchsstation nach der Ziel- oder Austrittsstation geschlossen zu bilden. Die Billigkeit der Beförderung gegenüber gewöhnlichen Eisenbahnen beruht vornehmlich in der einfacheren Anlage und Ausrüstung der Massengüterbahn, in der Verteilung von Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten auf große Beförderungsmengen, in der Ersparnis an Rangier- und sonstigen Betriebskosten, in der guten Ausnutzung des Wagen- und Lokomotivmaterials, in den geringeren Kosten für Abfertigung und Verrechnung der Frachten. Diese Vorteile gelten zum Teil auch gegenüber besonderen Gütergleisen, die man bei viergleisigem [518] Ausbau einer zweigleisigen Bahn neben die alsdann dem Personenverkehr dienenden Gleise legt, weil solche Gütergleise infolge ihrer Durchführung durch die Stationen des allgemeinen Verkehrs keinen so einfachen Betrieb haben können. Da besondere Massengüterbahnen aber nur in wenigen Verkehrsbeziehungen lohnend sein können, wird man die Bahnen des gewöhnlichen Verkehrs, eventuell ergänzt durch kurze Schleppbahnen, als Zubringer zu benutzen haben, auch auf manchen Strecken schwächeren Verkehrs einzelne Massengüterzüge verkehren lassen können.

Gegenüber den für solche Zwecke nach weitverbreiteter Meinung besonders geeigneten Kanälen sind Massengüterbahnen erheblich geeigneter, weil sie nicht auf im wesentlichen flache Gegenden beschränkt sind, weil sie, wenn man richtig rechnet, in Bau und Betrieb, also in den Beförderungskosten, erheblich billiger sind, weil sie nicht zur Frostzeit gesperrt sind, weil ihre Leistungsfähigkeit das Vielfache derjenigen der Kanäle beträgt und weil der Verkehr nach und von dem allgemeinen Eisenbahnnetz ohne Umladung übergehen kann.


Literatur: [1] Anonym, Eisenbahn oder Kanal, Glasers Annalen 1883, S. 203, 245; 1884, S. 137. – [2] v. Borries, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1884, S. 298. – [3] Ders., Transportkosten auf Eisenbahnen und Kanälen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1887, S. 290. – [4] Reimherr, Kanal und Eisenbahn, Glasers Annalen 1884, S. 121. – [5] R. Koch, Die Transportbedingungen für organisierten Massengüterverkehr auf Eisenbahnen, Wiesbaden (Bergmannn) 1889. – [6] Rathenau-Cauer, Massengüterbahnen, Berlin (Springer) 1909. – [7] Cauer, Beförderungswege für Massengüter, Vortrag, Glasers Annalen 1910, Heft 1, Bd. 66. – [8] Gunesch, Massengüterbahn oder Kanal, Oesterr. Eisenb.-Ztg. 1910, S. 125. – [9] Colson-Marlio, Bericht an den Int. Eisenbahnkongreß in Bern über die Frage: Prüfung des Einflusses der Wasserstraßen auf den Verkehr der Eisenbahnen als Zubringer und als Konkurrent. Bulletin des Internationalen Eisenbahnkongreß-Verbandes, deutsche Ausgabe, 1910, S. 2885.

Cauer.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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