Arbeiterschutz [2]

Arbeiterschutz [2]

Arbeiterschutz. Einen wichtigen Fortschritt auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes bedeuten zwei am 26. September 1906 in Bern zwischen einer Reihe von Staaten im Anschluß an eine 1905 abgehaltene Konferenz für Arbeiterschutz unterzeichnete internationale Abkommen, und zwar über das Verbot der Nachtarbeit der gewerblichen Arbeiterinnen (s. Nachtarbeit, Bd. 6, S. 552) und über das Verbot der Verwendung von weißem (gelbem) Phosphor zur Anfertigung von Zündhölzern.

Das erstere Abkommen ist von Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, Schweden und der Schweiz, das zweite von Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz unterzeichnet. Hier fehlen also verschiedene Staaten, darunter solche mit bedeutender Zündholzindustrie. Nach dem letztgenannten Abkommen verpflichten sich die vertragschließenden Teile, in ihrem Gebiet die Herstellung, die Einfuhr und das Feilhalten von Zündhölzern, die weißen (gelben) Phosphor enthalten, zu verbieten Der Grund für das Verbot liegt in den schweren Gesundheitsschädigungen, welche die Anfertigung solcher Zündhölzer für die damit beschäftigten Arbeiter zur Folge hat. Deutschland hatte ein solches Verbot bereits durch das Reichsgesetz, betreffend Phosphorzündwaren, vom 10. Mai 1903 (Reichsgesetzblatt S. 217) eingeführt. – Die durch das andre Abkommen notwendig gewordene Revision der deutschen Arbeiterschutzbestimmungen sind in der Novelle zur Gewerbeordnung vom 28. Dezember 1908 (Reichsgesetzblatt S. 667) enthalten (s. Nachtarbeit). – Die Novelle vom 27. Dezember 1911 (Reichsgesetzblatt 1912, S. 139) hat unter anderm die wichtige Bestimmung getroffen, daß in die auf Grund des § 120 e der Gewerbeordnung erlassenen Arbeiterschutzvorschriften des Bundesrats, der Landeszentralbehörden und der Polizeibehörden auch unmittelbar an die Arbeiter gerichtete Anordnungen über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zum Schütze von Leben und Gesundheit aufgenommen, und daß die Arbeiter wegen Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnungen bestraft werden können (§§ 120e, 150 a der Gewerbeordnung). – Von den weiteren auf dem Gebiet des Arbeiterschutzes ergangenen neuen Vorschriften sind für Deutschland von besonderer Wichtigkeit das Hausarbeitgesetz vom 20. Dezember 1911 (Reichsgesetzblatt S. 976) und die Bekanntmachung, betreffend den Betrieb der Anlagen der Großeisenindustrie,[22] vom 19. Dezember 1908 (Reichsgesetzblatt S. 650); s.a. Fabrikgesetzgebung. Das übrigens noch nicht in seinem ganzen Umfang in Kraft getretene Hausarbeitgesetz enthält insbesondere Vorschriften über Bekanntgebung der Löhne oder Preise, über Lohnbücher und Arbeitszettel, über die Verhütung ungerechtfertigter Zeitversäumnisse der Hausarbeiter bei Empfangnahme oder Ablieferung der Arbeit, über den Schutz gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit, über die Anzeige- und Registrierpflicht sowie über die Kontrolle der Werkstätten der Hausarbeit. Für bestimmte Gewerbezweige und Gebiete, in denen Hausarbeiter beschäftigt werden, kann der Bundesrat die Errichtung von Fachausschüssen beschließen. Diese bestehen unter einem unparteiischen sachkundigen Vorsitzenden, dem zwei sachkundige Beisitzer beigegeben sind, aus der gleichen Zahl von Vertretern der beteiligten Gewerbetreibenden und Hausarbeitern. Sie haben eine gutachtliche, anregende, beratende und vermittelnde Aufgabe, sollen insbesondere auf behördliches Ansuchen Vorschläge für die Vereinbarung angemessener Entgelte machen und auch sonst den Abschluß von Lohnabkommen oder Tarifverträgen fördern. Sie sollen für die Hausindustrie einen gewissen Ersatz für die von manchen Seiten gewünschten Lohnämter wie auch für die Arbeitskammern bilden. Die Befugnis zu rechtsverbindlicher Festsetzung der Löhne haben sie nicht. – Im September 1913 tritt in Bern eine Konferenz zusammen, um die Grundzüge eines internationalen Uebereinkommens über das Verbot industrieller Nachtarbeit jugendlicher Arbeiter und über die Festsetzung einer Arbeitsdauer von höchstens 10 Stunden für die in der Industrie beschäftigten Frauen und jugendlichen Arbeiter vorzubereiten.

Köhler.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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