Pflug

Pflug

Pflug, ein Spanngerät für die Bodenbearbeitung. Anfangs aus nur einem gebogenen Stück harten Holzes bestehend und in einfachster Weise bespannt, konnte das Gerät nur zum Durchwühlen und Lockern des Bodens benutzt werden; heute versteht man darunter ein Gerät, das einen Erdstreifen abschneidet und umwendet.

Der Zweck des Pfluges ist, die tieferen Schichten des Bodens mit möglichst großer Oberfläche an die Atmosphäre zu bringen, um durch die Einwirkungen der Luft und des Wassers auch in diesen Schichten die notwendige Zersetzung anzuregen und den Mikroorganismen für ihre Tätigkeit (Nitrifikation des Erdbodens, s. Bd. 1, S. 499) die günstigsten Bedingungen zu schaffen.

Die Wirkungsweise des Pfluges zur Ausführung dieser Arbeit besteht in der Hauptsache im wagerechten und senkrechten Lostrennen des Erdstreifens durch das Schar (a, Fig. 4) und Sech oder Kolter i und im Lockern und Umstürzen desselben in die vorher gezogene Furche durch das Streichblech b.

Nach ihrer Verwendbarkeit unterscheidet man die (sogenannten englischen) Flachwender für bündigen und die Schüttpflüge oder Steilwender für leichteren Boden. Die Wirkung dieser Pflugarten ist aus den Fig. 1 und 2 ohne weiteres zu erkennen, und zwar zeigt Fig. 1 diejenige eines Flachwenders oder Schraubenstreichbleches und Fig. 2 die eines Steilwenders. Beide können in verschiedener Weise ausgeführt werden, nämlich als einseitig wendende oder Beetpflüge (Fig. 3), als wechselseitig wendende Pflüge (Kehrpflüge, Gebirgspflüge, Fig. 9) als doppelseitig wendende oder Häufelpflüge (Fig. 10) und als Pflüge für besondere Zwecke (Weinbergs- oder Gartenpflüge, Grabenpflüge u.s.w.). Dabei ist es gleichgültig, ob die Pflüge als Ein- oder Mehrscharpflüge ausgebildet sind, Nach der Führung des Pfluges unterscheidet man Schwing-, Stelz-, Karrenpflüge und die Gestell- oder Räderpflüge.

Damit der Schwingpflug (Fig. 3) seine Arbeitsrichtung beibehält, müssen Widerstands- und Zuglinie in einer Geraden liegen. Dieser Bedingung wird für verschiedene Furchentiefe und -breite durch entsprechendes Höher-, Tiefer- oder Seitwärtsverstellen des Zughakens Rechnung getragen. Kleinere Abweichungen des Pfluges aus seiner Richtung müssen durch Druck auf die Sterzen (g in Fig. 4) beseitigt werden. Bei den Stelzpflügen (Fig. 4) ist das vordere Ende des Grindels f durch ein Rad oder einen Gleitschuh unterstützt. Die Stelzen h übernehmen also hierbei die Führung des Pfluges in gleichmäßiger Tiefe. Sie müssen so eingestellt werden, daß der Druck auf dieselben nicht zu groß wird und daß sie sich nicht abheben.

[101] Bei den Karrenpflügen (Fig. 5 und 6) greift der Zug mittels der Zughakenschiene an der Vorderkarre an und wird gewöhnlich durch einstellbare Ketten nach dem Grindel m übertragen. Die Furchentiefe und -breite wird durch Verlegung des Unterstützungspunktes für das Grindelende geregelt. Greifen in der aus Fig. 6 ersichtlichen Weise die obengenannten Ketten an einem Querriegel des Grindels an, so ist der Pflug selbstführend. ist die Scharspitze aus ihrer Richtung herausgekommen, so wird die eine der Ketten schlaff, und der Zug am Zughaken bewirkt, daß die richtige Lage von selbst wiederhergestellt wird. Die Ketten können durch das Schloß a eingestellt werden.

Leichter zu handhaben sind die modernen Gestell- oder Räderpflüge. Bei diesen wird die Führung des oder der an einem festen Rahmen (Gestell) sitzenden Pflugkörper durch Räder von größerem Umfange bewirkt, die in besonderer Weise einstellbar mit dem Rahmen verbunden sind. Bei den meisten Ausführungen sind diese Räder, nämlich das Landrad L und das Furchenrad F (vgl. Fig. 7), durch eine Differentialstellvorrichtung so mit dem Handhebel H verbunden, daß aus der Fahrstellung, in der die Räder gleichhoch stehen (vgl. Fig. 7a), zunächst das Furchenrad F nach vorn und gleichzeitig das Landrad L nach hinten geschwungen werden, bis die Räder mit den Scharen in gleicher Höhe liegen (vgl. Fig. 7b). Beim Weiterbewegen des Hebels H bleibt nun das Furchenrad stehen, während sich das Landrad allein weiterbewegt, bis es sich über die Furchensohle um den gewünschten Betrag der Furchentiefe erhoben hat. Die obengenannte Differentialstellvorrichtung ist in der Ausführung von A. Ventzki-Graudenz aus Fig. 8 ersichtlich. Der mit dem Schenkel des Landrades seit verbundene Stellhebel greift mit seinem über den Drehpunkt nach unten verlängerten Ende in einen auf der Furchenradwelle sitzenden Schlitzhebel ein. Der Schlitz dieses Hebels ist in dem äußeren Teil konzentrisch zum Drehpunkt des Stellhebels, in dem andern Teil dagegen gerade ausgebildet. Eine Uebertragung der Bewegung wird demnach nur in dem letzteren Schlitzende erfolgen. Sobald aber der Zapfen des Stellhebels in den konzentrischen Teil übergeht, bleibt das Furchenrad stehen, während das Landrad zur Veränderung der Furchentiefe allein weiterbewegt werden kann. Bei Räderpflügen mit mehreren Pflugkörpern bringt man auf dem Gestell manchmal auch einen Sitz für den Pflugführer an. – Aehnlich in ihrer Wirkung sind die Stellvorrichtungen von H.F. Eckert in Berlin, Ed. Schwartz & Sohn in Berlinchen, Rud. Sack in Leipzig-Plagwitz u.a.

Hauptsächlich in gebirgigen Gegenden und wo offen bleibende Furchen vermieden werden sollen, verwendet man den wechselseitig wendenden (Wende-, Kehr-) Pflug. Bei ihnen sind zwei oder mehrere in entgegengesetzter Richtung wendende Pflugkörper in einem Pfluge so vereinigt, daß man beim Pflügen in der einen Richtung den z.B. rechtswendenden und beim Pflügen in der andern Richtung den linkswendenden Pflugkörper gebrauchen kann. Man vereinigt zu diesem Zwecke die beiden Pflugkörper zu einem, den man dann entweder um eine senkrechte oder wagerechte Achse drehbar am Gestell lagert. Fig. 9 zeigt eine unter der Bezeichnung »Brabanter Pflug« bekannte Einrichtung der letzteren Art in der Ausführung von Wigard in Oelde i. W. – Bei dieser sitzen die beiden Pflugkörper samt den Vorschneidern und Vorschälern fest auf dem Grindel, dessen vorderes Ende als Zapfen h ausgebildet ist. Dieser Zapfen ist in einer Hülfe gelagert, die eine Scheibe s trägt. In der gewünschten Stellung werden die Pflugkörper dadurch gehalten, daß ein am Grindel sitzender Riegel, der von der Handhabe d durch einen Schnürzug und eine Feder bedient werden kann, in entsprechende Stellöcher der Scheibe s eingreift. Die Sterzen und der Haken, an den die Zugschiene c angreift, sind drehbar auf dem Grindel angeordnet. Die Schrauben r dienen zur Feinregelung des Griffs der Pflugkörper.

[102] Als weitere Pflugarten sind zu nennen die Häufel- und Hackpflüge, bei denen zwei Streichbleche symmetrisch zu einem mittleren, mit einer vorspringenden Spitze versehenen Schar angeordnet sind (Fig. 10) und die zum Formen und Behacken von Kämmen (Kartoffelbau), aber auch in entsprechender Abänderung zum Ziehen von Wassergräben und Schälen von Rasen benutzt werden.

Wo der Boden stark mit Wurzelfasern durchsetzt ist und wo es auf ein regelrechtes Wenden nicht ankommt, verwendet man (Amerika) die Scheibenpflüge, bei denen Schar und Streichblech durch eine, schräg zur Zugrichtung gestellte rotierende Scheibe ersetzt sind, wie aus Fig. 11 ersichtlich ist.

Die Untergrund- (Rajol-)Pflüge dienen zur Tiefkultur (Zuckerrübenbau u.s.w.), wo man die obere, humusreiche Bodenschicht wendet und die darunter liegende humusärmere oder tote Schicht nur lockert. Zu diesem Zweck ist z.B. der eine Pflugkörper eines gewöhnlichen Zweischarräderpfluges ersetzt durch einen für sich aushebbaren Wühler (Fig. 12). – In neuester Zeit hat Ventzki diesen Wühler durch einen Federzahn ersetzt, wodurch die bei den Federzahnkultivatoren (s. Kultivator) günstigen Wirkungen auch bei den Pflügen nutzbar gemacht werden.

Ferner sind zu nennen die Universalpflüge von R. Sack in Leipzig-Plagwitz, bei welchen der abgenommene Pflugkörper ersetzt werden kann durch den eines Häufel-, Untergrund- oder Hackpflugs, so daß dasselbe Pfluggestell für die verschiedenen Zwecke zu benutzen ist.

An Zugkraft bedarf ein guter Pflug auf mittlerem Boden pro 100 qcm Furchenquerschnitt bei einer Furchentiefe von 20 cm ca. 15–20 kg, bei 25 cm 20–35 kg und bei 30 cm 40–55 kg. Im ersteren Fall können pro Tag mit zwei Pferden 30–40 a, im zweiten 24–30 a und im letzteren mit vier Pferden 26–32 a gepflügt werden. Bezüglich der Bezugsquellen und Preise verweisen wir auf die Kataloge der jährlichen Wanderausstellungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, Berlin.


Literatur: [1] Wüst, Landw. Maschinenkunde, 2. Aufl., Berlin 1889. – [2] Perels, Landw. Maschinen, Bd. 1, 1881. – [3] Lázar, Geräte und Maschinen für Boden- und Pflanzenkultur, 2 Bde., Wien 1885. – [4] Rezek, J, Der Pflug, dessen Arbeitsweise und Kräftespiel, Wien 1896. – [5] Tresca, A., Le matériel agricole moderne, Paris 1893. – [6] Braungart, Die Ackerbaugeräte, 2 Bde., Heidelberg 1881. – [7] Wrobel, Landw. Masch. zur Bodenbearbeitung, Saat und Pflege der Pflanzen, Hannover 1907.

Wrobel.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 10.
Fig. 11.
Fig. 11.
Fig. 12.
Fig. 12.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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