Grubenbetrieb

Grubenbetrieb

Grubenbetrieb. Die Gesamtheit der Anlagen und Rechte, welche zu einem Bergbaubetriebe gehören, nennt man nach örtlicher Gewohnheit eine Grube, ein Grubengebäude, Bergwerk, Berggebäude oder auch eine Zeche. Derjenige Teil der Oberfläche, unter welchem das Bergbaurecht einem Bergbautreibenden zusteht, heißt das Grubenfeld, auch wohl kurz Feld; die Feldgrenzen, auch Markscheiden genannt, werden gewöhnlich durch ideelle senkrechte Ebenen gebildet, welche durch die über Tage mittels Festpunkten (s.d.) bestimmten geradlinigen Feldgrenzen gelegt sind. Die Größe eines Grubenfeldes wird in Quadratmaß ausgedrückt; in einigen Ländern wird außerdem die Anzahl verliehener Maße oder Maßeinheiten angegeben, deren jede eine gesetzlich bestimmte Anzahl von Quadratmetern umfaßt. In Oesterreich und andern Staaten gilt die Vorschrift, daß jede Maßeinheit die Form eines Rechtecks haben muß, dessen Seitenlängen in gewissen Grenzen wählbar sind; auch ist die Lage jeder Maßeinheit in der Natur zu bezeichnen. Ein Feldstück von unregelmäßig vielseitiger Gestalt, das zwischen den Maßen eines und desselben oder zweier benachbarten Berggebäude liegt, heißt Ueberschar.

Die Gesamtheit der Arbeiter einer Grube nennt man die Knappschaft oder Belegschaft, die Arbeit in der Grube wird auch Bergarbeit und der Arbeiter Bergarbeiter genannt. Für eine Arbeit in der Grube mit einer Anzahl Arbeiter betreiben sagt man auch »die Arbeit mit z.B. zwei Mann belegen«.

Die Aufsichtsbeamten auf den Gruben heißen Steiger und erhalten je nach ihrer Dienstverrichtung besondere Titel: der Oberaufseher: Obersteiger, der Steiger für einen größeren Teil der Grubenbaue: Reviersteiger oder Untersteiger; auch kommen die Benennungen vor: Maschinen- oder Kunststeiger, Zimmersteiger, Wettersteiger (s. Wetter), Wäschesteiger (bei der Aufbereitung) u.s.w. Je nachdem ein Steiger am Tage oder zur Nachtzeit seinen Dienst verrichtet, heißt er Tag- oder Nachtsteiger. Der Beamte, welcher über Tage den im Gebrauch befindlichen Teil der Werkzeuge und Materialien beaufsichtigt, heißt Hutmann (von hüten), in Oesterreich auch Geimel. Das ihm als Dienstwohnung angewiesene Gebäude, in welchem nicht selten eine Schankwirtschaft betrieben wird, heißt Huthaus.

Auch die einzelnen Klassen der Arbeiter werden eigenartig bezeichnet; die Häuer führen die Gesteinsarbeiten aus; die älteren werden unterschieden als Voll- oder Doppelhäuer von den jüngeren, Lehrhäuern. Die meist jugendlichen Arbeiter, welche die Beförderung der Mineralien in der Grube besorgen, heißen Förderleute oder Hundestößer, da gewisse Fördergefäße Hunde genannt werden. Knaben, welche früher in den Erzgruben verwendet wurden, um Berge (s.d.) und Erz auszulesen und bis zu gewissen Sammelpunkten zu schaffen, hießen Säuberjungen (von säubern). Die Kunstarbeiter warten die Maschinen, die Zimmerleute heißen Zimmerlinge. Die bei der Schachtförderung (s.d.) beschäftigten Arbeiter nennt man Treibeleute, Treibemeister (vom Antreiben der Fördereinrichtung durch Tier-, Wasser- oder Dampfkraft); diejenigen, welche in der Grube die vollen Fördergefäße der Schachtförderung übergeben, sind die Anschläger, diejenigen, welche sie über Tage in Empfang nehmen, Abnehmer.

Die Arbeitszeit auf der Grube heißt Schicht, nach der Dauer 8-, 10- und 12stündige Schicht und nach der Tageszeit Tag- und Nachtschicht. Zuweilen wechseln im Laufe von 24 Stunden drei Arbeitergruppen ab, so daß jede 8 Stunden arbeitet; man spricht dann von Frühdrittel (Arbeitszeit 4 Uhr früh bis 12 Uhr mittags), Tagdrittel (12 bis 8 Uhr), Nachtdrittel (8 Uhr abends bis 4 Uhr früh). Hierdurch hat sich die Bezeichnung Drittel statt Schicht eingebürgert, die auch gebraucht wird, wenn die Arbeitszeit länger als 8 Stunden dauert. Schicht und Drittel und die übrigen obengenannten Ausdrücke bezeichnen auch die zu einer bestimmten Zeit anfahrende Mannschaft, z.B.: die Tagschicht ist 300 Mann stark.

Der für die Dauer einer Schicht festgesetzte Lohn heißt Schichtlohn, entsprechend dem auch wohl üblichen Tag- und Stundenlohn, im Gegensatz zum Gedinge, d.h. Akkordlohn für eine bestimmte Arbeitsleistung. Es gibt z.B. bei der Herstellung einer Strecke (s.d.) Längen- oder Metergedinge, beim Abbaubetrieb Quadratmetergedinge oder Tonnengedinge, bei der Förderung Tonnenkilometergedinge; am Harz kam auch das Zollgedinge vor, d.h. ein Akkordsatz für das Abbohren von je 1 Zoll Bohrlochtiefe. Unter Generalgedinge verlieht man das für eine größere Arbeit abgeschlossene und auf längere Zeit geltende Gedinge, z.B. beim Schachtabteufen oder Querschlagbetrieb. Prämiengedinge[639] sichern den Arbeitern für eine bestimmte, nur durch großen Fleiß zu erreichende Leistung eine besondere Vergütung zu. Um den Anfangspunkt der Arbeit bei einem nach hergestellter Länge vereinbarten Gedinge zu bezeichnen, wird eine kleine rechteckige Vertiefung in das Gestein gemeißelt, die Gedingstuffe.

Das für einen Bergwerksbetrieb erforderte Anlage- bezw. Betriebskapital nennt man zuweilen, besonders bei den Gewerkschaften (s. Bergrecht), Verlag oder Zubuße; wird vom Ertrage des Betriebes das Anlagekapital durch Rückzahlung getilgt, so sagt man: der Bergbau gibt Verlag oder erstattet den Verlag zurück; der nach Tilgung des Anlagekapitals sich ergebende Reingewinn heißt Ausbeute. Halten sich bei einer Grube die Betriebskosten und der Wert der Produktion – die man auch das Ausbringen nennt – das Gleichgewicht, so sagt man, die Grube ist im Freiverbau.

Hinsichtlich der Höhe des Anlage- und Betriebskapitals befindet sich der Bergbau in ungünstigerer Lage als manche andre Industrien, da einerseits die Mineralführung der Lagerstätte sich nur schwer von vornherein schätzen läßt, anderseits bei Herstellung der Anlagen, namentlich der Aus- und Vorrichtungsbaue (s. Grubenbaue) leicht unvorhergesehene Schwierigkeiten eintreten können, die bedeutende Kapitalaufwendungen zu ihrer Ueberwindung erfordern. Dazu sind z.B. die Wasserverhältnisse beim Schachtabteufen und bei der Auffahrung des Streckensystems und starker Gebirgsdruck zu rechnen. Aber auch während des Betriebes können unerwartete Hindernisse erwachsen, dem Gangbergbau in der Unregelmäßigkeit der Erzführung, dem Kohlenbergbau durch Grubenbrand (s.d.) und Explosionsgefahr (s. Wetter). Dazu kommt bei solchen Bergbauen, deren Produkte nur ein beschränktes Absatzgebiet haben, das häufige Schwanken sowohl der Menge als auch des Preises der absetzbaren Produktion. Es ist daher gerade beim Bergbaubetriebe durchaus nötig, nach den örtlichen oder nach ähnlichen Betriebsverhältnissen Anlage- und Betriebskapital richtig zu bemessen, außerdem aber Mittel als Reserve bereitzuhalten, damit Unglücksfälle im Betriebe und Zeiten schlechteren Geschäftsganges ertragen werden können.

Die Bergarbeit ist schwere Arbeit und erfordert viel Ausdauer, Gewandtheit und Umsicht. Trotzdem wird sie von den Arbeitern andern Beschäftigungen gegenüber bevorzugt, da sie in der Regel ständigen Verdienst gewährt; auch sind diejenigen Wohltaten, welche jetzt durch die soziale Gesetzgebung allen Arbeitern zuteil werden, schon seit Jahrhunderten, wenngleich in beschränktem Maße, in den größeren Bergbaurevieren für die Knappschaften eingeführt gewesen. Die Natur des Bergbaubetriebes erschwert die Aufsichtführung, daher ist zur Anspornung des Fleißes das Gedingewesen unerläßlich; den Aufsichtsbeamten bleibt noch genug zu tun übrig, namentlich um das richtige Ineinandergreifen der einzelnen Arbeiten zu regeln, und dann die Sorge für die Betriebssicherheit, zu deren Aufrechterhaltung bis ins einzelne sich erstreckende Bergpolizeivorschriften (s. Bergrecht) erlassen sind. Das Grubenrechnungswesen – aus der alten Zeit, als die Vermerke über Ausgaben noch durch Einschnitte auf kleinen Holzlatten (Kerbholz) verzeichnet wurden, flammt die zuweilen beim Erzbergbau noch vorkommende Bezeichnung Anschnitt – ist bei größeren Berggebäuden sehr umfänglich; äußerst wichtig ist die Buchführung über die Zusammensetzung der Gestehungskosten aus den Einzelbeträgen, welche den verschiedenen Arbeitsverrichtungen und Betriebsabteilungen entsprechen, da hierdurch die beste Prüfung über richtige und sparsame Betriebsweise ermöglicht wird.

Zu den Eigentümlichkeiten des Bergbaubetriebes gehört auch die Umständlichkeit der Planführung, Rißwesen genannt (s. Markscheidekunde), ohne das bei einiger Ausdehnung der Baue und verwickelten Lagerungsverhältnissen der Betrieb überhaupt nicht möglich sein würde.

Der ausgedehnte Bedarf an mechanischer Kraft, welcher in der Gegenwart vorzugsweise durch die Dampfkraft gedeckt wird, mußte früher ausschließlich durch Wasserkraft erzeugt werden; wir finden daher in vielen Revieren des Erzbergbaues, z.B. am Harz, im Erzgebirge, ausgedehnte Anlagen für die Wasserversorgung. Die Vergrößerung des Wertes derselben einerseits durch Beschaffung von Gefällhöhe und die Entladung der Wasserhaltungsmaschinen (s. Wasserhebung), anderseits durch Verminderung der Wasserhebungshöhe wurde durch Anlage tiefer Stölln (s. Stollen) erreicht; ihre Wichtigkeit in früherer Zeit wird am heften verdeutlicht durch die Vorrechte, welche den sogenannten Erbstölln gesetzlich verliehen wurden, namentlich in der Form von Anteilen an dem Ertrag der Gruben, bis in deren Feld der Stollen getrieben wurde.


Literatur: Treptow, E., Grundzüge der Bergbaukunde, 2. Aufl., Abschn. XI, Wien 1903; Leo, W., Der Grubenhaushalt, Quedlinburg 1859.

Treptow.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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