- Spurweite
Spurweite, die Entfernung zwischen den Innen- oder Fahrkanten der Eisenbahnschienen, welche die Spurkränze der Räder der Fahrzeuge (mit einem regelmäßigen Spielraum von z.B. 10 mm) führen.
George Stephenson, der Begründer der Lokomotiveisenbahn, baute zunächst seine Kohlenbahnen, dem Straßenfuhrwerk entsprechend, mit 4' 6'' engl. (1,372 m) Spurweite, vergrößerte diese jedoch sehr bald auf 4' 81/2'' = 1,435 m, um für die innenliegenden Zylinder der Maschine etwas mehr Platz zu gewinnen. Mit dieser Spurweite wurde die erste größere Lokomotivbahn Liverpool-Manchester gebaut, und von da hat sie sich in den meisten Ländern der Erde, namentlich in Europa (außer Rußland) und Nordamerika, allgemein verbreitet und wird in Mitteleuropa als Normal- oder Vollspur bezeichnet. Ueber die in verschiedenen Ländern üblichen breiteren und schmaleren Spurweiten s. Eisenbahn, Bd. 3, S. 274. In Deutschland sind für Nebenbahnen außer Normalspur nur 1,00 m und 0,75 m zulässig (Eisenbahnbau- und Betriebsordnung vom 4. November 1904, § 9), für Kleinbahnen auch noch 0,6 m. In Krümmungen wird in den meisten Ländern (nicht dagegen in England) die regelmäßige Spurweite um ein geringes vergrößert, die Spur wird erweitert, Spurerweiterung, s. Krümmungsverhältnisse, Bd. 5, S. 719. In manchen Ländern kommen Bahnen mit Vollspur (oder breiter Spur) und solche mit Schmalspur nebeneinander vor. Die Anwendung verschiedener Spurweiten mag ihre Berechtigung haben, wenn die Bahnnetze jeder Spurweite größere Ausdehnung haben, so daß die Umladekosten an der Anschlußstation gegenüber den Beförderungskosten keine zu große Rolle spielen oder wenn die Baukosten für Vollspur besonders hoch sind. Im allgemeinen erscheint es aber falsch, kurze, an Vollspurbahnen anschließende Nebenbahnen (Stichbahnen) schmalspurig zu bauen, da bei diesen die Betriebskosten durch die Umladekosten sehr verteuert werden. In allen Fällen sucht man die Umladekosten auf den Anschlußbahnhöfen durch zweckmäßige Einrichtungen zu verringern. Zum leichteren Umladen von Hand legt man ein Schmalspurgleis so erhöht neben ein Vollspurgleis, daß die Böden der Wagen annähernd gleich hoch sind und die Entfernung zwischen beiden tunlichst klein ist. Für Langholz stellt man Verladekräne auf, vermittelst deren eine ganze Ladung auf einmal umgeladen wird, für zerbrechliche oder schlecht umzuladende Waren hat man manchmal vollspurige und schmalspurige Wagen mit abhebbaren Wagenkästen, Um das Umladen ganz zu vermeiden, wendet man auf kürzeren Schmalspurbahnen (bis etwa 30 km) Rollschemel an, auf welche die Vollspurwagen aufgeschoben werden. Die Beförderung auf ihnen erfordert aber mehr Zugkraft, sie ist nur für bestimmte Wagen zugelassen und bei stürmischem Wetter gefährlich (s. Rollschemel und Eisenbahnwagen).
Literatur: Roll, Encykl. des ges. Eisenbahnw., Bd. 6, Wien 1894; Troske, Allgem. Eisenbahnkunde, 1. Teil, Leipzig 1907; Zezula, Im Bereich der Schmalspur, Sarajewo 1893.
H. Kübler.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.