Kanalisierung

Kanalisierung

Kanalisierung der Flüsse ist die Schiffbarmachung von Flußläufen vermittelst entsprechender Stauanlagen (s.d.). Durch diese Stauanlagen erreicht man oberhalb derselben eine Hebung des Wasserspiegels und damit die nötige Wasser- bezw. Fahrtiefe sowie zugleich eine Ermäßigung der Flußströmung. Die Kanalisierung erscheint im allgemeinen nur im Mittellaufe der Flüsse vorteilhaft, wenn die Ufer nicht zu niedrig sind und das Gefälle nicht zu groß. Denn im Oberlaufe ist zumeist die Anlage eines Seitenkanals (Lateralkanal) angezeigter und im Unterlaufe, wo schon genügende Wassermenge vorhanden, die bloße Regulierung, insbesondere die Niederwasserregulierung am Platze.

Ist t die ursprüngliche (unzureichende) und T die minderte, von der Schiffahrt geforderte Wassertiefe, T – t = z, J das relative Gefälle des ungestauten Wasserspiegels, L hierbei die Entfernung zweier benachbarten Stauanlagen, d.i. die Länge der zugehörigen Flußhaltung oder kurz Haltung (Fig. 1), so muß am Stauwerke eine Stauhöhe Z hervorgebracht werden. Für dieses Z wird nun ein größtmöglicher Wert so angenommen, daß (t + Z) gleich der bis jetzt noch gut ausführbaren größten beweglichen Wehrhöhe von etwa 4–5 m erscheint. Dann erhält man nach der Rühlmannschen Stauformel (s. Stauanlagen):

L = t/J [f (Z/t) – f (z/t)].

Wenn das J aber ohnehin ziemlich klein ist, so kann man angenähert die Staukurve als horizontale Gerade ansehen und bekommt:

L = (Z – z)/J

Bei der Kanalisierung der Flüsse gehört zu jeder Stauanlage ab (Fig. 2) auch eine Kammerschleuse c (s.d.) (Zugschleuse), welche zum Uebergang der Schiffe aus einer Haltung in die andre dient und entweder unmittelbar am Flußufer nur durch einen Trennungsdamm dd vom Wasser geschieden oder in einem eignen Seitenkanal angeordnet wird.

Das Stauwerk ist gewöhnlich über die ganze Flußweite als ein bewegliches Wehr konstruiert; die Schwelle desselben, d.i. die Krone des festen Unterbaues, liegt in oder nahezu in der Flußsohle. Jedenfalls muß die Schwelle eines wenigstens 25–40 m breiten Teiles des beweglichen Wehres in der Flußsohle liegen. Dieser tiefliegende Teil wird Schiffsdurchlaß genannt und hat die Bestimmung, die Schiffahrt bei umgelegtem Wehre – in welchem Falle die Schleuse nicht benutzt wird – ungehindert zu ermöglichen. Das Oeffnen des beweglichen Wehres erfolgt bei steigendem Wasser anfangs nur teilweise, um den Wasserspiegel der oberen Haltung auf der normalen Höhe zu erhalten, und erst dann gänzlich, wenn infolge des Eintrittes von Hochwasser das Unterwasser nahezu die Höhe des Oberwassers erreicht hat.

Bei großem Floßverkehr wird für denselben in die Stauanlage noch ein besonderer Floßdurchlaß ee (s. Floßgasse) eingebaut, und zur Vervollständigung der Kanalisierung der Flüsse gehört auch ein Fischpaß f (s. Fischweg).

Als bewegliche Stauwerke kommen an kanalisierten Flüssen in Verwendung: a) für geringe Stauhöhen Nadel-, Schützen-, Trommel- und Walzenwehre – bei älteren Ausführungen auch noch Klappenwehre – mit umlegbaren Böcken (Main, Oder, Spree, Moldau, Seine, Maas, Marne); b) für größere Stauhöhen die sogenannten Brückenwehre. Bei diesen sind die einzelnen Ständer (Losständer), zwischen welche Schützen oder Rolltafeln (Rideaus) eingeschoben werden, mit der festen Brücke derart in Verbindung gebracht, daß sie nach Entfernen der Schützen oder der Rolltafeln unter die Brücke aufgezogen werden können. (Poses an der Seine, Nußdorf am Wiener Donaukanal, Mirowitz an der Moldau.)

Die durch Kanalisierung anzustrebende Mindestfahrtiefe richtet sich nach der maximalen Tauchtiefe der Fahrzeuge, welche auf dem kanalisierten Flüsse verkehren sollen; dieselbe beträgt z.B. beim kanalisierten Main 2 m.


Literatur: [1] Zeitschr. f. Bauwesen 1874, S. 161 (Kanalisierung der Mosel); ebend. 1886, S. 337 (Die Stauanlage bei Charlottenburg). – [2] Ebend. 1888, S. 19 (Kanalisierung des Mains), S. 211 (Kanalisierung der Unterbrache). – [3] Hans-Düsing, Die Kanalisierung der Maas, Wiesbaden 1885. – [4] Deutsche Bauztg. 1886, S. 178 (Kanalisierung der Mosel). – [5] Zeitschr. d. Arch.- u. Ing. Ver. zu Hannover 1887, S. 159 (Kanalisierung der Saar). – [6] Zentralbl. d. Bauverwalt. 1893, S. 30 (Kanalisierung des Mains). – [7] Ebend. 1894, S. 1, 14 (Kanalisierung der Oder). – [8] Der Wiener Donaukanal als Schiffahrtskanal, Mitteilungen des Donauvereins. – [9] Dinglers Polytechn.[358] Journal 1896, S. 278; Nouv. ann. de la constr. 1889, S. 18–24 (Wehr in der Seine bei Poses); Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1897 (Die Arbeiten zur Umwandlung des Wiener Donaukanals in einen Handels- und Winterhafen) und ebend. 1903 (Ueber Walzenwehre).

Pollak.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
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http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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