Landeskultur

Landeskultur

Landeskultur. Im allgemeinen werden alle zur Förderung der Landwirtschaft dienenden Einrichtungen als Maßnahmen der Landeskultur bezeichnet. Im engeren technischen Sinn versteht man unter Landeskultur jene Unternehmen, die eine Erhöhung der Bodenerträge durch technische Maßregeln (Feldbereinigungen, Ent- und Bewässerungen, Urbarmachung von Oedungen u.s.w.) erreichen wollen.

Das Zustandekommen solcher Unternehmen liegt im öffentlichen Interesse. Darum wird dasselbe seit einigen Jahrzehnten in den deutschen Staaten und in Oesterreich-Ungarn staatlicherseits sowohl durch Ausbildung geeigneten technischen Personals zur Anregung und Ausführung der Anlagen als auch durch Spezialgesetze und Geldzuschüsse unterstützt. Je nach den Aufgaben, die man sich stellt, wird in diesen Dingen verschiedenartig vorgegangen. Bei der Ausführung von Feldbereinigungen (s.d.) ist es meistens geboten, mit der Neueinteilung der Grundstücke die Herstellung von regelrechten Wegen und Gräben zu verbinden. Darum haben auch, insbesondere wo man die Bereinigung schon früh systematisch betrieb, häufig die Geometer sich um solche Dinge angenommen. Dies vollkommener auszugestalten hat man deshalb an technischen Mittelschulen besondere Kurse für Kulturtechnik, d.h. Vorlesungen und Konstruktionsübungen aus dem Gebiet der obengenannten Gegenstände, eingerichtet, und sucht hier namentlich die Vermessungstechniker gleichzeitig zu Kulturtechnikern auszubilden. – Oft sind aber die Aufgaben der Landeskultur schwieriger und lassen sich nur mit Zuhilfenahme der eigentlichen Ingenieurwissenschaften lösen. Größere Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen mit größeren Stauwehren verlangen für Dimensionierung der Bauwerke oder Berechnung des Einflusses auf benachbarte Wasserwerke, Beurteilung der Rechtsfragen, Brückenkonstruktionen u.s.w. umfassende Kenntnisse. Aus diesem Grunde haben in neuerer Zeit auch technische Hochschulen die Landeskultur unter die Ingenieurfächer aufgenommen, und es werden jetzt vielfach Kulturingenieure, die in allen Zweigen der Ingenieur- und der Bodenmeliorationswissenschaften theoretisch und praktisch ausgebildet sind, mit den genannten Arbeiten betraut. So hat sich ein neues Feld der Tätigkeit für Privat- und Staatstechniker ausgebildet.

Eigne Landeskulturbehörden werden von seiten des Staats oder von Korporationen bestellt und sorgen für die Anregung und Ausführung der in dieses Gebiet fallenden Unternehmen. Ihre Tätigkeit ist aber damit keineswegs abgeschlossen. Eine Hauptaufgabe besteht dann noch in der Beaufsichtigung der Instandhaltung der Anlagen. Ein solches Eingreifen des Staates ist gerechtfertigt. Einerseits dringt das Verständnis für diese immerhin noch neuen Dinge nur langsam und schwer in die bäuerliche Bevölkerung ein; dasselbe muß meist erst geweckt werden, und weil dies im staatlichen Interesse liegt, müssen auch, Sachverständige da sein, die Gemeinden und Private unentgeltlich beraten und bei denen gleichzeitig der Verdacht ausgeschlossen ist, als ob sie aus eignem Interesse handeln. Anderseits übt überall der Staat durch besondere Gesetze einen gewissen Zwang zum Zustandekommen sowohl von Feldbereinigungen (Bd. 3, S. 676) als auch von Ent- und Bewässerungen auf parzelliertem Gelände aus. Wenn die Mehrheit der Eigentümer der Grundstücke, über die ein solches Unternehmen sich erstrecken soll, sich für dessen Ausführung entschlossen hat, so muß die Minderheit es nicht nur dulden, sondern sie muß sich ihm vollständig anschließen, die auf sie fallenden Beiträge bezahlen und sich in eine Ordnung über die spätere Unterhaltung fügen. Sowie der Staat aber derartig vorgeht,[65] so muß er auch die Interessen der Minderheit schützen. Zwingt er diese, sich an einem solchen Unternehmen zu beteiligen, so übernimmt er auch bis zu einem gewissen Grad die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß dasselbe einschließlich der Kostenumlegung korrekt ausgeführt und später zweckentsprechend benutzt und unterhalten wird. Ganz dasselbe ist er sich selbst schuldig, wenn er Beiträge zu solchen Anlagen gibt. Diese Aufgabe wird er aber am bellen durch besondere ständige Behörden erfüllen.


Literatur: Staatslexikon, Freiburg i. B. 1901, Bd. 3, S. 958, mit reicher Literaturangabe.

Lubberger.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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