Mikroskop [2]

Mikroskop [2]

Mikroskop. Die durch das Mikroskop erzeugte Vergrößerung in nicht, wie es der allgemeinen Definition dieses Begriffes entspricht, eindeutig definiert.

Da wir es beim Mikroskope – im Gegensatz zum Fernrohre – in der Hand haben, das Objekt dem unbewaffneten Auge beliebig zu nähern, es also auch in die Entfernung des deutlichsten Sehens zu bringen, so können wir die scheinbare Größe des Bildes vergleichen 1. mit der scheinbaren Größe des Objekts in der Lage, in der es sich eben unter dem Mikroskope befindet, 2. mit der scheinbaren Größe des Objekts, wie sie sich ergibt, wenn wir das Objekt in der Weite deutlichen Sehens (25 cm) betrachten.

Der ersteren Definition entspricht die Formel


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Hierin ist f1 die Brennweite des Objektivs, f2 die des Okulars, t1 der Abstand der Hauptpunkte des Objektivs, t2 der Abstand der Hauptpunkte des Okulars, e der Abstand des hinteren Hauptpunkts des Objektivs vom vorderen Hauptpunkte des Okulars, x der Abstand des Objekts vom vorderen Brennpunkte des Objektivs.

Bei Zugrundelegung der zweiten Definition ergibt sich


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worin a die Weite deutlichsten Sehens ist.

In der Konstruktion der Objektive hat sich durch die Entdeckung der aberrationsfreien Punkte der Kugelfläche (s. Aberrationsfrei) ein vollständiger Umschwung vollzogen. Während man früher die erforderliche kurze Brennweite durch Kombination vieler Linsen mit verhältnismäßig schwach gekrümmten Flächen erzielte und auf diesem Wege die sphärische Aberration möglichst zu verringern glaubte, nimmt man in neuerer Zeit als erste Objektivlinse eine Linse an, die die Hälfte oder auch mehr als die Hälfte einer Kugel darstellt (A in Fig. 1). Wird nun der Zwischenraum zwischen dieser Linse A und dem Deckgläschen C durch die Immersionsflüssigkeit B – einen Tropfen einer Flüssigkeit, deren Brechungsquotient n möglichst genau gleich dem des Glases ist – ausgefüllt, so gehen die vom Objekte ausgehenden Strahlen ungebrochen bis an die hintere Fläche der ersten Objektivlinse und erleiden erst hier ihre erste Brechung, Bei scharfer Einstellung gehen nun die gebrochenen Strahlen rückwärts verlängert aberrationsfrei durch einen um das n fache des Kugelradius vom Kugelmittelpunkte entfernten Punkt, wenn der Abstand des Objekts vom Mittelpunkte gleich dem nten Teile des Radius ist. – Bei Beobachtung ohne Immersion verändern sich diese Verhältnisse etwas. – Außer dieser ersten und wichtigsten Linse besteht das Objektiv noch aus mehreren Linsen und Linsenpaaren, die für Beseitigung der Farbenzerstreuung, Ebnung des Bildfeldes und Gleichförmigkeit der Vergrößerung über dasselbe zu sorgen haben.

Die Fig. 24 zeigen die Achsenschnitte neuerer Objektive, und zwar 2 und 3 neuere achromatische Immersionssysteme im Maßstabe 31/3 : 1, Fig. 4 einen Abbeschen Apochromaten von 2 mm Brennweite im Maßstabe 2 : 1. Die Apochromaten, die seit 1886 in der Zeißschen Werkstätte in Jena ausgeführt werden, beseitigen das sekundäre Spektrum fast vollständig; sie heben ferner die sphärische Aberration nicht nur für eine, sondern vollständig[528] für drei und damit praktisch für alle Farben des Spektrums auf. Schließlich ergeben sie auch eine über das ganze Gesichtsfeld gleichmäßige Vergrößerung.

Die gebräuchlichen Okulare zerfallen in zwei typische Konstruktionen, das Ramsdensche und das Huyghenssche oder Campanische Okular, von denen das erstere beim Fernrohr, das zweite vorzugsweise beim Mikroskop benutzt wird. Beide Okulare sind zweiteilige Linsenkombinationen, die in dem Sinne achromatisch sind, daß die Brennweiten für zwei verschiedene Farben – gewöhnlich wählt man die Fraunhoferschen Linien C und F – gleich sind; diese Bedingung ist erfüllt, wenn der Abstand e der Linsen gleich der halben Summe ihrer Brennweiten f1' und f2' ist. Dann ist die Gesamtbrennweite des Okulars


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und der Abstand des vorderen Brennpunkts von der ersten Okularlinse


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wobei die einzelnen Linsen als unendlich dünn angenommen worden sind.

Das Schema des Ramsdenschen Okulars wird durch die Daten f1' = f2', als e = f1' = f2', z = 0 bestimmt. Der Brennpunkt des Systems fällt also mit der ersten Linse zusammen, und das vom Objektiv entworfene reelle Bild des Objekts müßte daher auch nahezu mit dieser Linse zusammenfallen. Um diesen Mißstand zu vermeiden, nimmt man stets e < f1' + f2'/2 an; außerdem wird bei praktischen Ausführungen auch f2' < f1' genommen. Dadurch wird z negativ, der Brennpunkt liegt also vor der ersten Okularlinse. – Das Ramsdensche Okular besteht aus zwei Plankonvexlinsen, die ihre Kugelflächen einander zuwenden. Sie sind in einem Rohre gefaßt, das in einem längeren Rohre, das eine Blende nebst Fadenkreuz enthält, durch einen Zahntrieb verschiebbar ist.

Dem Huyghensschen Okulare – dem eigentlichen Mikroskopokulare – liegt das Schema


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zugrunde. Der Brennpunkt liegt, da z positiv ist, hinter der ersten Okularlinse, die hier als Kollektivlinse bezeichnet wird. Die vom Objektiv ausgegangenen Strahlen werden also, bevor sie ein reelles Bild erzeugen konnten, von der Kollektivlinse abgefangen, und erst jenseits dieser Linse entsteht das – nach Lage und Größe selbstverständlich veränderte – Bild, so daß die Kollektivlinse strenggenommen dem bilderzeugenden Objektivsysteme zuzurechnen ist; durch die zweite Okularlinse, die »Augenlinse«, wird das Bild betrachtet.

Das Huyghenssche Okular besteht aus zwei Plankonvexlinsen, die ihre Kugelflächen dem Objektive zuwenden. – Die achromatische Wirkung dieser zweiteiligen Okulare besteht darin, daß sie die in verschiedenen Ebenen liegenden verschieden gefärbten Bilder zu perspektivischer Deckung zu bringen gestatten.

Die in das Objektiv des Mikroskops eindringende Lichtmenge, die Helligkeit der Bilder also, ist bedingt durch die numerische Apertur, deren Quadrat sie proportional ist. Die numerische Apertur ist das Produkt aus dem absoluten Brechungsquotienten des Mittels, in dem das Objekt sich befindet, und dem Sinus des Winkels, den ein vom Objekte nach einem Punkte des Randes der ersten Objektivlinse gehender Strahl mit der optischen Achse bildet. – Man sieht daraus sofort, daß durch die Immersion die numerische Apertur im Verhältnisse n : 1, die Helligkeit also im Verhältnisse n2 : 1 vergrößert wird.

Das Gesichtsfeld des Mikroskops wird wie das des Fernrohrs durch die im Innern des Instruments vorhandenen Blenden bestimmt. Diese Blenden befinden sich an den Stellen, an denen das das Instrument durchsetzende Strahlenbündel am stärksten eingeschnürt ist. Das durch das Objektiv erzeugte Bild einer Blende nennt man nach Abbe die Eintrittspupille, das durch das Okular erzeugte Bild derselben Blende die Austrittspupille; die vom Orte des Auges aus genommene scheinbare Größe der Austrittspupille ist das Gesichtsfeld. Sind, wie beim Mikroskope, mehrere Blenden vorhanden, so ist von den sich aus ihnen ergebenden Gesichtsfeldern natürlicherweise das kleinste maßgebend.

Die rein geometrische Theorie der Bilderzeugung wird der wirklichen Bildentstehung nur teilweise gerecht. Nach der neueren, namentlich durch Abbe vertretenen Auffassung handelt es sich bei dem durch ein Linsensystem erzeugten Bilde um eine Beugungserscheinung. Das Objektiv bewirkt, daß von jedem Punkte des Objekts ein gleichfarbiges Beugungsscheibchen entsteht; das ganze, durch das Objektiv erzeugte reelle Bild ist daher einem Mosaikbilde vergleichbar. Die durch das Okular bewirkte Vergrößerung dieses Mosaikbildes soll daher nur soweit gehen, daß jedes dieser farbigen Beugungsscheibchen dem Auge überhaupt wahrnehmbar wird. Jede darüber hinausgehende Vergrößerung ist zwecklos, da sie keine neuen Einzelheiten zeigt; man bezeichnet eine solche Vergrößerung als »leere Vergrößerung«. Abbe schloß aus theoretischen Gründen, daß die nützliche Vergrößerung über eine gewisse Grenze – etwa 900 : 1 – überhaupt nicht hinausgehen könne, und diese Grenze ist bei den Apochromaten auch nahezu erreicht. Wenn man dennoch bei gewissen Untersuchungen (Bakterien u.s.w.) über diese Grenze hinausgeht, so geschieht es lediglich im Interesse der Bequemlichkeit der Beobachtung.

Im Jahre 1903 gelang es Siedentopf und Zsigmondy in Jena, durch das von ihnen konstruierte Ultramikroskop Teilchen von der Größenordnung der Lichtwellen – beispielsweise die im Rubinglase äußerst sein verteilten Goldpartikelchen – nachzuweisen. Diese über[529] die oben angegebene Grenze weit hinausgehende Vergrößerung wird dadurch erzielt, daß ein durchsichtiges, winzige feste Teilchen enthaltendes Medium intensiv von der Seite beleuchtet wird, so daß an diesen Teilchen starke, charakterische Beugungserscheinungen hervorgerufen werden. Dadurch werden diese Teilchen, wenn es sich hier auch nicht um eine Bilderzeugung im streng optischen Sinne handelt, doch wahrnehmbar und vor allen Dingen zählbar.

Unter einem Binokularmikroskop versteht man ein für die Beobachtung mit beiden Augen eingerichtetes Mikroskop, das nach dem Prinzip des Stereoskops das kleine Objekt körperlich erscheinen läßt.


Literatur: Czapski, Grundzüge der Theorie der opt. Instr. nach Abbe; ferner Dippel, Das Mikroskop und seine Anwendung, 2. T., 2. Aufl., Braunschweig 1882–98.

F. Meisel.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 3., Fig. 4.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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