- Sonntagsruhe [2]
Sonntagsruhe. In Deutschland ist durch eine Verordnung der Reichsregierung vom 5. Februar 1919, Reichsgesetzbl. S. 176, grundsätzlich die völlige Sonntagsruhe für die Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe eingeführt. Das gilt auch für die Geschäftsbetriebe der Versicherungsunternehmer einschließlich der Vereine zur Versicherung auf Gegenseitigkeit, der Versicherungsagenten und der Sparkassen. Alle Sonder- und Ausnahmebestimmungen, die für die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe auf Grund des § 105 b, Abs. 2 und 3, der Gewerbeordnung erlassen waren, sind außer Kraft getreten.
Durch eine Verordnung des Reichsministeriums für die wirtschaftliche Demobilmachung vom 18. März 1919, Reichsgesetzbl. S. 315, sind die vorstehenden Bestimmungen auch für die sonstigen Angestellten im Handelsgewerbe für anwendbar erklärt worden.
Die Polizeibehörde kann für sechs Sonn- und Festtage, die höhere Verwaltungsbehörde für weitere vier Sonn- und Festtage im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten[591] Geschäftsverkehr erforderlich machen, für alle oder für einzelne Geschäftszweige eine Beschäftigung bis zu 8 Stunden, jedoch nicht über 6 Uhr abends hinaus, zulassen und die Beschäftigungsstunden unter Berücksichtigung der für den öffentlichen Gottesdienst bestimmten Zeit festsetzen.
Für das Speditions- und das Schiffsmaklergewerbe sowie für andere Gewerbebetriebe, soweit es sich um Abfertigung und Expedition von Gütern handelt, kann die höhere Verwaltungsbehörde eine Beschäftigung bis zu 2 Stunden zulassen.
Neben der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe hat die Verordnung vom 5. Februar 1919 auch die Sonntagsruhe in Apotheken geregelt.
Für eine Gemeinde oder benachbarte Gemeinden mit mehreren Apotheken kann an Sonn- und Festtagen oder während bestimmter Stunden dieser Tage abwechselndem Teil der Apotheken von der höheren Verwaltungsbehörde geschlossen werden. Die Schließung kann bis acht Uhr morgens des nächsten Tages ausgedehnt werden. An den geschlossenen Apotheken ist an sichtbarer Stelle ein Aushang anzubringen, welcher die zurzeit offenen Apotheken bekannt gibt. Wird die Schließung nicht angeordnet oder bleibt die Apotheke an Sonn- und Festtagen länger als 6 Stunden geöffnet, so müssen den pharmazeutischen Dienstangestellten für jeden Sonn- und Festtag, an dem sie beschäftigt werden, ein Wochentag oder zwei Nachmittage freigegeben werden.
Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt (Art. 139 der neuen deutschen Reichsverfassung).
Köhler.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.