Baumwollgarnbleiche

Baumwollgarnbleiche

Baumwollgarnbleiche. Der erste Teil der Bleiche besteht in dem Bäuchen (s.d.) der zu langen Ketten geknüpften Garnsträhne, der zweite Teil aus dem Weißmachen der gebauchten, gewaschenen und zentrifugierten Garne, deren Ketten jetzt geöffnet werden, um die einzelnen Keitel zunächst in klare, verdünnte Chlorkalklösung einzulegen.

1000 kg Garne beanspruchen im ganzen 30 kg festen Chlorkalk (mit 26 Gewichtsprozenten Chlor), der täglich in einem gemauerten Bassin mit Hilfe einer Trommelsiebmaschine (s. Bleichen) im Vorrat aufgelöst wird, so daß die Flüssigkeit ca. 3° Bé zeigt. Diese Lösung wird nach Bedarf in fünf Holzbottiche oder in gemauerte, mit Zement ausgeschlagene Behälter verteilt, von denen jeder 3000 l Wasser und 200 kg Garne aufnehmen kann. Die Chlorkalkflüssigkeit wird in den Behältern auf 0,3–0,7° Bé gestellt, je nach der Feinheit des für sie bestimmten Garnes. Je höher die Garnnummer, desto schwächer ist das Chlorkalkbad zu nehmen. Die Bestimmung nach Baumégraden genügt übrigens nicht, namentlich nicht, wenn man feinere Nummern, Zweiunddreißiger und Vierziger Garn, weißzumachen hat. Es ist vielmehr unerläßlich, wenn man vor morscher Ware gesichert sein will, daß man die Konzentration sowohl der im Vorrat gehaltenen Chlorkalklösung als auch jedes einzelnen Chlorkalkbades durch Titrieren nach einer der bekannten Methoden bestimmt. Die Garne werden Keitel für Keitel in die Chlorkalkbäder geworfen, verbleiben darin 5–6 Stunden oder auch über Nacht, worauf die in der Regel nur halb ausgenutzte Bleichflüssigkeit in einen leeren Behälter hinübergepumpt wird, um bei späteren Bleichposten wieder verwendet und mit neuer Stammlösung aufgefrischt zu werden. Bei der angegebenen Zusammensetzung der Chlorbäder ist es nicht nötig, die Garne vor dem Säuern abzuwässern. Der Schwefelsäureverbrauch für 1000 kg Garne beträgt 20 kg à 66° Bé (mit 98,5% H2SO4). Je der fünfte Teil davon kommt in einen der fünf mit je 3000 l Wasser angesetzten hölzernen Säurebottiche, in welche die Garne direkt aus den Chlorkalkbädern Keitel für Keitel eingeworfen werden, um höchstens vier Stunden in der verdünnten Säure liegen zu bleiben, worauf man die stark nach Chlor riechende Flüssigkeit in das Abwasserbassin laufen läßt. (Zahlreiche Versuche, die Operationen des Chlorens und Säuerns in einem einzigen Bade auszuführen, gaben kein befriedigendes Resultat. Die Garne lagen schön weiß in dem mit Säure vermischten Chlorkalkbad, aber sobald man anfing, sie in Wasser zu waschen, wurden[592] sie wieder geblich. Es scheint, daß das durch seinen Kalkgehalt alkalische Chlorkalkbad den Faden aufschließt und zur Aufnahme der Chlorkalklösung öffnet, während das Garn in dem mit etwas überschüssiger Säure versetzten Chlorkalkbad den Faden zusammenschließt und deshalb nur oberflächlich gebleicht wird.) Noch im Bottich werden die Garne nach dem Abkaffen der Säure mit schwach sodahaltigem Wasser ausgesüßt, dann gründlich in reinem Wasser gewaschen, wozu man sich in größeren Bleichanstalten der Garnwaschmaschine (s.d.) bedient. Wird im Trog mit zu- und abfließendem Bach- oder Brunnenwasser gewaschen, so ist es ratsam, von Zeit zu Zeit etwas Salmiakgeist oder Antichlor (s.d.) in den Trog zu geben. Schließlich werden die fertiggewaschenen weißen Garne mit sorgsam angerührtem Ultramarin oder auch mit einem geeigneten Anilinfarbstoff in einem Troge geblaut, zentrifugiert und getrocknet, wofür sich im Sommer eine Lattenhänge im Freien empfiehlt, weil das Weiß im Sonnenlicht infolge einer leichten Nachbleiche besonders klar wird. Die getrockneten Keitel kommen dann in die Garnpresse und werden, immer so viel, als ein Paket der betreffenden Garnnummer verlangt, fest zusammengebunden und zusammengepreßt [1]. In ganz großen Bleichanstalten läßt man die verdünnte Chlorkalklösung oder Säure durch die Garne zirkulieren. Der Chlorkalk- oder Säurebottich wird zu diesem Zweck über einer Zisterne aufgeteilt, die mit der einen oder andern der beiden Flüssigkeiten angesetzt ist. Eine Pumpe hebt die Flüssigkeit aus der Zisterne in einen flachen, über dem Bottich aufgestellten Behälter, dessen durchlöcherter Boden gleichen Umfang wie der unter ihm stehende Warmbottich hat. Durch den Siebboden verteilt sich die Flüssigkeit über die im oben offenen Bottich eingelegten Garne, dringt nach unten zum Lattenboden, auf dem diese aufgeschichtet sind, und gelangt durch eine Oeffnung im äußeren Boden des Bottichs wieder in die Zisterne, um von neuem durch die Pumpe in die Höhe gehoben zu werden, u.s.w. – Ueber das Bleichen aufgespulten Garns s. Copsbleiche.


Literatur: [1] Lehnes Färberzeitung, Berlin 1893,94, S. 212.

(Kielmeyer) R. Möhlau.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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