- Chlorkalk
Chlorkalk (Bleichkalk, Bleichpulver, Bleaching powder) enthält als wirksamen Bestandteil das unterchlorigsaure Calcium oder Calciumhypochlorit Ca(OCl)2 gemischt mit Calciumchlorid und Kalkhydrat. Die beiden Salze, das Hypochlorit und das Chlorid, sind wahrscheinlich chemisch vereinigt: Ca(OCl)2 + CaCl2 = 2CaOCl2. Der Chlorkalk bildet ein weißes, mehr oder weniger lockeres, oft mit zusammengeballten Klumpen durchsetztes Pulver, das bis auf einen Rückstand von unzersetztem Calciumoxydhydrat in Wasser löslich ist.
Es zersetzt sich leicht beim Erwärmen oder bei der Berührung mit oxydierbaren Substanzen unter Abgabe von Chlor. Auch durch Säuren wird es leicht unter Chlorentwicklung zerlegt:
Ca(OCl)2 + 4HCl = CaCl2 + 2H2O + 2Cl2
Ca(OCl)2 + CaCl2 + 2H2SO4 = 2CaSO4 + 2H2O + 2Cl2.
Chlorkalk ist ein starkes Gift, besonders für niedere tierische und pflanzliche Organismen. Die Wirkung des Chlorkalks beruht hauptsächlich auf der leichten Chlorabgabe. Zur Darstellung des Chlorkalks läßt man in gemauerten, eisernen oder bleiernen Kammern Chlor bei niedriger Temperatur mit dünn aufgeschichtetem, nach einiger Zeit umzuarbeitendem, zu trockenem Pulver gelöschtem Kalk in Berührung kommen. Hierbei findet folgende Umsetzung statt:
2Ca(HO)2 + 2Cl2 = Ca(OCl)2 + CaCl2 + 2H2O.
Nach erfolgter Absättigung des Kalkpulvers mit Chlor wird es, nötigenfalls nach vorherigem Sieben, direkt verpackt. Der fertige Chlorkalk sollte etwa 36% wirksames (durch Säuren abscheidbares) Chlor enthalten. Aus 64 Teilen Kalkpulver erhält man 100 Teile 36 gradigen Chlorkalk. Die theoretische Chlormenge sollte 49% betragen. Auf diese Zahl kommt die Praxis nicht. Die wirksame Chlormenge kann man durch Titrieren oder mit dem Lungeschen Gasvolumeter bestimmen nach den Regeln der Analyse. In Frankreich drückt man den Gehalt des Chlorkalkes an wirksamem Chlor nach »Gay-Lussacs« Graden aus, welche die Anzahl Liter Chlorgas, entwickelt aus 1 kg Chlorkalk, angeben. Auf elektrolytischem Wege wird Chlorkalk ebenfalls dargestellt. Die Herstellung besteht darin, daß man bei der Elektrolyse wässeriger Lösungen der Alkalichloride das an der Anode auftretende Chlor mit Calciumoxydhydrat vereinigt. Sehr eingehend ist die Chlorkalkgewinnung als Nebenzweig der Sodaindustrie, aber auch in Vergleich mit andern Chlorkalkverfahren in [1] geschildert. Anwendungen: als Bleichmittel in der Baumwoll-, Leinen- und Papierindustrie, als Desinfektionsmittel und in zahlreichen Zweigen der chemischen Industrie als Chlorierungs- und Oxydationsmittel. Vorläufig sind die wichtigsten Bezugsquellen für Chlorkalk noch die Leblanc-Sodafabriken.
Literatur: [1] Lunge, Sodaindustrie, 2. Aufl., 3 Bde., Braunschweig 1893 96. [2] Stohmann und Kerl, Encyklop. Handbuch der technischen Chemie, 4. Aufl., Braunschweig 1889. [3] Wagner-Fischer, Chemische Technologie, 14. Aufl., Leipzig 1893.
Bujard.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.