- Dampfkessel [1]
Dampfkessel dienen zur Erzeugung von Betriebs- oder Heizdampf. Je nach der Bauart unterscheidet man liegende und stehende Kessel; die letzteren finden nur für Spezialzwecke und kleinere Heizflächen Verwendung. Nach der Art ihrer Aufteilung zerfallen sie in ortsfeste Kessel, von denen die einzelnen Systeme hier beschrieben werden und in bewegliche Kessel als Lokomobil-, Lokomotiv-, Dampfstraßenwalzen- und Schiffskessel, die in besonderen Artikeln behandelt werden sollen.
Wasser- und Dampfraum. Jeder Kessel besitzt zwei durch den Wasserspiegel getrennte Räume, den Wasser- und den Dampfraum, deren Größe sich jeweils nach der Bestimmung des Kessels richtet. Der im Kessel befindliche Wasserinhalt ermöglicht einen Ausgleich der unvermeidlichen Schwankungen; je größer dieser Inhalt, um so kleiner die Schwankungen in der Dampfspannung, je größer aber auch die Zeit zum Anheizen des Kessels. Die Größe der verdampfenden Oberfläche ist auf die Beschaffenheit des Dampfes, ob trocken oder naß, von Einfluß: je größer der Wasserspiegel, desto trockener der Dampf. Als Speiseraum wird der abwechselnd mit Wasser und Dampf gefüllte Kesselraum zwischen dem höchsten und tiefsten Wasserstande bezeichnet. Sein Inhalt, der von der Oberfläche des Wassers abhängig ist, wirkt ausgleichend sowohl auf die Dampfentnahme als auf die Speisung. Kessel mit großem Wasser- und Speiseraum eignen sich daher für Betriebe, in denen plötzlich große Mengen Dampf benötigt werden, besser als solche, bei denen diese Räume klein sind. Im Dampfraume wird der Dampf von etwa mitgerissenem Wasser befreit; erhält der Kessel einen Dampfdom (s.d.) oder Dampfsammler, so wird der Dampf diesem als höchst gelegenen Punkte entnommen.
Feuerung. Als feste Brennstoffe kommen für Dampfkesselfeuerungen vornehmlich die Steinkohlen in Betracht. Braunkohlen und Torf finden hierfür mehr örtliche Verwendung, gleichwie die Holzabfälle und Späne in Sägereien und die Lohe in Gerbereien; Koks wird selten unter Dampfkesseln verbrannt. Von den flüssigen Brennstoffen werden Rohpetroleum sowie die Rückstände von der Brennöl- und Schmieröldestillation verwendet. Die Verwendung beschränkt sich indessen der Transportkosten und der Zölle wegen nur auf Gegenden in der Nähe des Fundortes. Dampfkessel mit Gasfeuerung kommen auf Hüttenwerken vor; soweit es sich um Krafterzeugung handelt, werden aber in neuerer Zeit die aus Hochöfen oder Koksöfen entweichenden Gase direkt und mit ungleich größerer thermischer Ausbeute in Gasmotoren verbrannt.
[562] Die festen Brennstoffe gelangen auf einem Rotte zur Verbrennung. Derselbe besteht in der Regel aus einer Anzahl nebeneinander gelegter Stäbe, zwischen denen die Verbrennungsluft durch die Rostspalten zutritt. Der meistverbreitete in der horizontal oder wenig nach hinten geneigt liegende Planrost (s. Fig. 3, 6, 9, 10, 11, 16, 17, 18, 19 und 22). Große Planroste, bei denen die gleichmäßige Aufgabe des Brennstoffes über die ganze Rostfläche schwierig ist, werden durch mechanische Vorrichtungen beschickt, bezw. werden die Roststäbe wie beim Kettenrost aus vielen Gliedern gebildet, die als breites Band über zwei sich langsam drehende und mechanisch angetriebene Rollen gelegt sind, auf denen der Brennstoff außen aufgegeben, allmählich nach innen transportiert und verbrannt wird. Bei der Schrägrostfeuerung, wie sie die Tenbrink-Feuerung und die Kuhnschen Kessel (Fig. 4) besitzen, werden die Kohlen von außen durch einen Fülltrichter aufgegeben und gleiten bei der Verbrennung langsam auf den Roststäben nach unten. Der Vorzug dieses Rostes besteht darin, daß die von unten aufsteigenden glühenden Verbrennungsgase den frischen Brennstoff anwärmen und die hierbei frei werdenden Kohlenwasserstoffgase mit geringem Luftüberschuß fast vollständig verbrennen, wodurch neben Rauchverminderung eine hohe Ausnutzung des Brennstoffes erzielt wird. Der Schrägrost ist leicht zu bedienen; bei forciertem Feuer und stark schlackender Kohle ist aber darauf zu achten, daß die Roststäbe in ihrem unteren Teil nicht verbrennen. Der Treppenrost findet Verwendung bei der Verbrennung von Braunkohlen, Sägespänen, Lohe, Steinkohlengrus und des bei der Kohlenwäsche abfallenden nassen Schlammes. Der Rost ist unter einem Neigungswinkel von ca. 30° eingebaut, die Rostspalten sind wagerecht angeordnet, um das Durchfallen des Brennstoffes zu verhindern. Der Brennstoff wird meistens durch Fülltrichter aufgegeben, bei Sägespäne- und Lohefeuerung erhält der Trichter einen als Speiseorgan dienenden Haspel, den Füllhaspel. Eine Abart des Treppenrostes ist der speziell für die Verbrennung der oberbayrischen Klarkohle eingerichtete Münchner Stufenrost. Minderwertige, griesige oder auch sehr schlackenreiche Kohlen können gemahlen und unter Dampfkesseln in den sogenannten Kohlenstaubfeuerungen mit Vorteil verbrannt werden. Der Kohlenstaub wird mit Luft vermischt in den vorher durch ein Holzfeuer hoch erhitzten Verbrennungsraum mittels besonderer Vorrichtungen eingeblasen. Die Verbrennung erfolgt sehr vollkommen unter geringem Luftüberschuß, der Staub muß aber sein gemahlen und sehr trocken sein. Je nachdem der Rost sich vor, unter oder im Kessel befindet, bezeichnet man die Feuerung als Vor-, Unter- oder Innenfeuerung. (S.a. Brennstoffe und Feuerungsanlagen.)
Heizfläche und Wärmeübertragung. Die auf dem Roste bei der Verbrennung entstehende Wärme wird an das Kesselwasser durch Vermittlung der Heizfläche übertragen. Die Heizfläche ist derjenige Teil des Kesselmantels oder der Kesselrohre, der auf der einen Seite der Oberfläche vom Kesselwasser bespült und auf der andern Seite von den Heizgasen bestrichen wird. Von der Größe dieser Heizfläche hängt unter sonst gleichen Umständen die Verdampfungsfähigkeit des Kessels in erster Linie ab. Man unterscheidet direkte oder indirekte Heizfläche, je nachdem die Kesselfläche vom Feuer selbst oder nur von den Heizgasen berührt wird. Die Wärmeaufnahme erfolgt durch Strahlung vom Feuer, durch Leitung bei der Berührung mit den Heizgasen und durch Rückstrahlung vom heißen Mauerwerk aus; die Wärmeabgabe findet statt durch Berührung der Wandungen mit Wasser oder Dampf. Hinsichtlich der Bewegungsrichtungen der Heizgase einerseits und des Kesselwassers anderseits kann der Wärmeübergang sich im Parallel-, Gegen- oder Querstrom vollziehen. Beim Parallelstrom haben Heizgase und Wasser die gleiche Richtung, beim Gegenstrom sind sie einander entgegengesetzt, und beim Querstrom treffen die Gase die Heizflächen senkrecht. Der Wärmeübergang ist bei Gegen- und Querstrom größer als bei Parallelstrom; man sucht daher die Heizgase möglichst nach der ersteren Art zu führen, wenn nicht wie bei Wasserrohrkesseln andre Gründe dagegen sprechen. Die Zugführung gestaltet sich durch die Einmauerung meistens so, daß an einem Kessel alle drei Richtungen vorkommen. Die Kessel mit gemeinschaftlichem Wasser- und Dampfraum liefern gesättigten, mehr oder weniger nassen Dampf. Zur Erzeugung von überhitztem Dampf, wie solcher mit Vorteil in Dampfmaschinen oder für bestimmte Heiz- und Trockenvorrichtungen zur Anwendung kommt, werden besondere Ueberhitzer in direkter Verbindung mit dem Kessel in die Feuerzüge eingebaut. Dieselben bestehen in der Hauptsache aus Rohrschlangen, in denen der aus dem Kessel kommende gesättigte oder noch geringe Mengen Wasser mit sich führende Dampf getrocknet und überhitzt wird. (S.a. Ueberhitzer.)
Vorwärmer (s.d.), in denen das Speisewasser vor seinem Eintritt in den Kessel erwärmt wird und die durch die Abgase geheizt werden, erweisen sich bei vielen Kesselanlagen als sehr vorteilhaft. Dieselben werden in den letzten Zug oder in eine Erweiterung des Fuchses gelegt; sie sind meistens aus einer größeren Anzahl Rohren von Schmiede- oder Gußeisen, seltener Kupfer, zusammengesetzt, durch die das Speisewasser langsam fließt, während sie von außen von den abziehenden Gasen beheizt werden.
Kesselsysteme. Eine Kesselanlage muß den örtlichen Verhältnissen sowohl hinsichtlich des zur Verfügung stehenden Baugrundes als der Eigenschaften des Brennmaterials und des Speisewassers angepaßt werden; maßgebend für die Wahl des Kessels bezw. des Systems sind neben der rationellen Ausnutzung des Brennstoffes, bequemen inneren und äußeren Reinigung und einfachen Bedienung eine für die in Aussicht genommene Dampfspannung große Betriebssicherheit gewährende und wenig Reparatur erfordernde Konstruktion. Bei den im Maschinenbetrieb verwendeten Kesseln kommen in Anwendung: Walzenkessel (Bouilleur- oder Siederohrkessel), Flammrohrkessel, Rauch- und Wasserröhrenkessel.
Der Walzenkessel oder Wattsche Kessel (Fig. 1) ist ein einfacher Zylinderkessel mit Unterfeuerung und einfachem Feuerzug. Derselbe ist nur für sehr kleine Kesselanlagen verwendbar; die Heizfläche und Heizgasausnutzung ist zu gering, letztere besonders dann, wenn die Gase, statt in Schlangenlinien geführt zu werden, glatt unter dem Kessel durchziehen. Ein Hauptnachteil[563] dieser Kessel ist, daß sich Kesselstein und Schlamm vornehmlich im vorderen über dem Rost liegenden Teil ansammeln, weil infolge der Harken Verdampfung über der Feuerplatte dort fortwährend Wasser aus dem hinteren Teil nachströmt, wodurch der Schlamm nach vorn geschleppt wird. Dieser Kessel wird, wie auch der aus einem Walzenkessel und zwei oder mehreren Siedern zusammengesetzte Bouilleurkessel (s.d.), jetzt kaum mehr ausgeführt. Dagegen findet der mehrfache Walzenkessel als Batterie- oder Etagenkessel (s.d.) noch vielfach Anwendung. Derselbe gibt trotz des umfangreichen Kesselgemäuers bei Kammereinmauerung mit schlangenförmiger Führung der Heizgase eine Ausnutzung des Heizwertes der Kohle bis zu 68%, er ist verhältnismäßig billig in der Herstellung, leicht zu reinigen und verwendbar für hohe Dampfspannungen bei minderwertigem Brennstoff.
Einen besseren Wirkungsgrad haben die Flammrohrkessel, die englischen Ursprungs sind, woher auch die Bezeichnung Cornwallkessel für den Einflammrohrkessel und Lancashirekessel für den Zweiflammrohrkessel stammen. Der Flammrohrkessel bildet namentlich im Vergleich zum Walzenkessel trotz seiner Kompliziertheit und Kostspieligkeit das meistverbreitete Kesselsystem. Infolge kleineren Wasserraums läßt er sich leichter anheizen und entwickelt rascher Dampf. Die auf den Quadratmeter Heizfläche entwickelte Dampfmenge ist infolge der Innenfeuerung und des geringeren Mauerwerks größer als beim Walzenkessel; auch wird die Einmauerung weit einfacher. Bei der Konstruktion der Flammrohrkessel muß auf die verschiedenartige Ausdehnung der einzelnen Kesselteile besonders Rücksicht genommen werden, da namentlich die Flammrohre wesentlich höheren Heizgastemperaturen ausgesetzt sind als der Kesselmantel und dieser selbst noch bei mehrfachen Feuerzügen verschieden stark erwärmt wird. Die ungleiche Erwärmung hat hauptsächlich bei glatten Flammrohren und gewölbten Kesselböden leicht Undichtwerden der Nietnähte zur Folge. Zur Verhütung dieses Uebelstandes empfiehlt es sich, das Flammrohr vor dem Einnieten und während desselben etwas anzuwärmen, weil hierdurch der nachteilige Einfluß der höheren Erwärmung der Flammrohre im Betrieb von den Nietverbindungen teilweise ferngehalten werden kann.
Beim Einflammrohrkessel legt man häufig das Flammrohr aus der vertikalen Mittellinie seitlich gegen den Kesselmantel (Fig. 2). Man gewinnt hierdurch an Raum zum Befahren des Kessels und eine bessere Wasserzirkulation, da das Wasser an der engeren Stelle stärker erwärmt wird als an der entgegengesetzten Seite. Die Führung der Feuergase wird verschieden gewählt: gewöhnlich streichen sie durch die Flammrohre, teilen sich nach beiden Teilen des Kesselmantels und ziehen am unteren Teile des Kesselmantels nach dem Schornstein. Es ist diese Heizgasführung zweckmäßiger als jene, bei der die Heizgase aus den Flammröhren erst an einer Seite des Kessels vorbeiziehen und dann an der andern zum Schornstein. Als empfindliche Schattenseite der Flammrohrkessel wird die Beanspruchung der Flammrohre auf äußeren Druck betrachtet. Die einzelnen Flammrohrschüsse werden daher stets durch Winkelringe oder Umbörtelung der Ränder versteift. Eine sehr wirksame Versteifung glatter Flammrohre läßt sich durch die sogenannten Gallowaystutzen (vgl. a. Gallowaydampfkessel), die als konische Röhren in die Flammröhren quer eingesetzt und mit diesen vernietet werden, erzielen (Fig. 3).
Schnitt Größeren Widerstand gegen äußeren Druck und größere Elastizität in der Längsrichtung als die glatten Flammrohre bieten die Wellrohre, die für größere Flammrohrkesselanlagen allgemein üblich geworden sind. Die Widerstandsfähigkeit der Wellrohre auf äußeren Druck ist ungefähr gleich derjenigen der glatten, auf inneren Druck beanspruchten zu setzen. Durch die Wellrohre und die Querstützen wird eine Vergrößerung der direkten Heizfläche sowie eine bessere Ausnutzung der Heizgase insofern erreicht, als letztere beim Durchstreichen der Flammrohre in Wirbelung geraten bezw. der Kern der Heizgase durch die Querstützen ebenso ausgenutzt wird als der am Flammrohrmantel vorbeistreichende Teil.
Zur Verminderung von Rauch und zu besserer Ausnutzung des Brennmaterials werden von G. Kuhn G.m.b.H. in Stuttgart-Berg Flammrohrkessel mit Schrägrostfeuerung gebaut,[564] Das Flammrohr dieser Kessel (Fig. 4) hat an seinem vorderen Ende einen erweiterten Schuß, in den das als Feuerbrücke dienende liegende Querrohr eingenietet ist. Die Verbrennungstemperatur ist am unteren Ende des Rostes am größten, die hocherhitzten Feuergase strömen über die durch einen Fülltrichter aufgegebenen Kohlen nach rückwärts und wärmen dieselben an, wobei die entstehenden Destillationsprodukte von der aufsteigenden Flamme entzündet und teilweise oder ganz verbrannt werden. Das geschweißte Querrohr ist nach beiden Seiten konisch erweitert, um den raschen Abzug der sich hier reichlich bildenden Dampfblasen zu erleichtern und um durch das lebhafte Nachströmen von Wasser die Ablagerung von Schlamm im Querrohr zu verhindern. Die Ausnutzung des Brennstoffes beträgt bei diesen Kesseln, wenn gute Kohle verfeuert wird, bis zu 80% des Heizwertes und darüber. Sie können indessen ohne Beeinträchtigung der guten Verbrennung nur mäßig forciert werden, auch muß mit Rücksicht auf das leichte Festbrennen von Kesselstein im Querrohr das Speisewasser gut gereinigt sein. Denselben Zweck wie der Kuhnsche Kessel verfolgen die Tenbrink-Kessel (s.d.).
Der bekanntlich nur geringe Wasserumlauf im Zweiflammrohrkessel wird zuweilen durch Einsetzen besonderer Vorrichtungen zu verbessern gesucht. Eine derartige Vorrichtung ist die Wasserumlaufkappe nach Patent Voigt. Wie aus Fig. 5 ersichtlich, sind über den beiden Flammrohren zwei nach oben geschlossene Kappen a angebracht. Der unter diesen sich entwickelnde Dampf drückt den Wasserspiegel bis an die Mündungsunterkante bei c herab und entweicht durch die außen überstehende Wassermenge nach dem Dampfraum. Das schnelle Abströmen von Dampf und Wasser an dieser Stelle bewirkt ein lebhaftes Nachströmen der unteren kalten Wassermengen, die, durch die unterhalb der Flammrohre eingebauten Zungen und die Scheidewände b geführt, in rotierende Bewegung geraten und stetig um die Flammrohre k Reifen. Durch diesen zwangläufigen Wasserumlauf soll das Anbrennen von Kesselstein an den heißen Blechen vermieden und die Verdampfung gesteigert werden.
Um die Temperaturen im Kesselwasser möglichst rasch und vollständig auszugleichen, baut die Firma H. Paucksch, A.-G. in Landsberg a. W, einen Dreiflammrohrkessel D.R.P., bei dem der Wasserumlauf durch die Heizwirkung eines dritten Flammrohres und einer besonders geformten Speiserinne erzielt wird. Dieses dritte Flammrohr liegt (vgl. Fig. 6) zwischen und[565] unter den beiden äußeren durchgehenden Flammrohren, in denen die Roste eingebaut sind; es ist, wie diese, in den hinteren Boden eingenietet und mündet auf etwa ein Drittel der Kessellänge vom andern Boden entfernt in einem Krümmer unten am Kesselmantel aus. Die aus den beiden eigentlichen Flammrohren kommenden Gase werden dem dritten Flammrohr entweder ganz oder nur teilweise zugeführt, zu welchem Zweck im Unterzug eine Regulierklappe angeordnet ist. Oberhalb der Flammrohre ist eine an beiden Enden geschlossene Speiserinne so eingebaut, daß deren Ränder fast bis an den Wasserspiegel heranreichen. Das Speisewasser tritt am hinteren Ende in die Rinne ein und gelangt in dieser vorgewärmt durch ihre nach unten gekehrte Mündung in den vorderen Teil des Kessels. Der Auftrieb der über dem dritten Rohr aufsteigenden Dampfblasen und das in der Nähe des Krümmers niedersinkende Speisewasser bewirken einen lebhaften Wasserumlauf in der Längsrichtung des Kessels. Da die ganze Wassermasse hierdurch ziemlich rasch und annähernd überall gleiche Temperatur annimmt, so wird die Zeit zum Anheizen bei diesen Kesseln erheblich abgekürzt. Infolge der wirksamen Erwärmung des Speisewassers in der Rinne scheiden sich seine festen Bestandteile vornehmlich in dieser aus und lagern sich in ihr ab. Die Rinne muß daher je nach der Beschaffenheit des Speisewassers und wenn sie ihren Zweck als Zuleitungsorgan dauernd erfüllen soll, entsprechend oft gereinigt werden.
Heiz- oder Rauchröhrenkessel. Diese Kessel sind, wie Fig. 7 zeigt, mit einer größeren Anzahl kleiner Rohre durchzogen, die im Innern die Heizgase führen und außen von Wasser umspült sind. Die Rohre werden in den Rohrwänden bezw. Kesselböden durch Einwalzen, seltener auch noch durch Umbördeln beteiligt. Der äußere Durchmesser der Rohre schwankt zwischen 50 und 100 mm bei einer Länge bis zu 5 m, der Luftzug ist bei weiten Rohren besser als bei engen, auch lassen sich die ersteren leichter reinigen, dagegen nutzen enge Rohre die Wärme besser aus. Damit in einem Kessel von gegebenem Durchmesser tunlichst viele Rohre untergebracht werden können und für das ungehinderte Aufsteigen der Dampfblasen möglichst senkrechte Zwischenräume zwischen den Rohren verbleiben, wählt man für die Anordnung der Rohre häufig die Einteilung im Sechseck, wie sie aus den Figuren 7 und 8 ersichtlich ist. Die Zugführung bei dem mit Unter- oder Vorfeuerung versehenen Rauchrohrkessel nach Fig. 7 erfolgt so, daß die Gase zuerst unter dem Kesselmantel hinziehen, dann durch die Rohre zurückkommen und zuletzt über dem Kessel nach der Esse abziehen. Die Rohre sind in zwei Gruppen untergebracht, mit einem Zwischenraum von 300350 mm, der zum Befahren des Kessels dient. Um die Befestigungsstellen der Rauchrohre mehr zu schonen, führt man bei großen Kesseln und soweit es der Rost und die Feuerzüge gestatten, zuweilen die Gase zuerst durch den Unterzug, dann durch zwei Seitenzüge zurück und schließlich durch die Rohre wieder nach hinten.
Die Rauchröhrenkessel beanspruchen bei großer Heizfläche sehr wenig Platz und lassen sich schnell anheizen. Sie sind aber schwer zu reinigen und verlangen deshalb möglichst[566] weiches, keinen Kesselstein absetzendes Speisewasser. Sie werden behufs Erstellung großer Heizflächen auf beschränktem Baugrunde und in besonderen Fällen wohl auch zur gesteigerten Ausnutzung des Brennstoffes mit Walzen- oder Flammrohrkesseln vereinigt, wobei sie dann als Oberkessel der Einwirkung der direkten Flammen entzogen sind.
Fig. 8 zeigt einen Rauchröhrenkessel in Verbindung mit zwei Siedern, die durch je zwei Stutzen mit ersterem verbunden sind. Der Kessel wird am bellen so eingemauert, daß die Heizgase, von den Unterkesseln kommend, zuerst den Mantel des Oberkessels bestreichen und dann durch die Heizrohre abziehen.
Ein Flammrohrkessel als Unterkessel mit darüberliegendem Heizrohroberkessel ist in Fig. 9 dargestellt. Entgegen der früher bei diesen Doppelkesseln fall allgemein üblichen Anordnung, wonach der besseren Wasserzirkulation wegen nur der Oberkessel einen Dampfraum hatte, ist jetzt meistens sowohl der Ober- als der Unterkessel mit einem Dampfraum versehen. Die verdampfende Wasseroberfläche ist hierbei doppelt so groß, der Kessel liefert daher trockeneren Dampf als im ersteren Falle. Ober- und Unterkessel sind hinten durch einen weiten Stutzen verbunden. Der Dampfraum im Unterkessel wird durch den Einbau einer Scheidewand gebildet und ist durch deren unteren Rand, bis zu dem der Dampf den Wasserspiegel herunterdrückt, begrenzt. Der im Unterkessel erzeugte Dampf gelangt durch das an der vorderen Stirnseite befindliche Ueberströmrohr nach dem Oberkessel. Die Speisung geschieht mit Vorteil in den Unterkessel, damit die Schlammablagerung von dem schwer zu reinigenden Oberkessel nach Möglichkeit ferngehalten wird.
Der Dupuis-Kessel (Hammerkessel, Fig. 10) besteht ebenfalls aus einem horizontal liegenden Walzenkessel, der an seinem hinteren Ende an einen stehenden Röhrenkessel sich anschließt. Die Konstruktion ergibt große verdampfende Oberfläche und Trocknung des Dampfes durch den oberen Teil der Heizrohre, zeigt jedoch ungünstige Schlammablagerung und schwierige Einmauerung sowie leichtes Undichtwerden der Heizröhren.
Eine große Rolle spielen die Rauchröhren bei den Lokomotiv-, Lokomobil- und Schiffskesseln. Die Kessel der Lokomotiven, Dampfstraßenwalzen und teilweise auch der Lokomobilen bestehen aus einem von Heizrohren durchzogenen zylindrischen Langkessel, an den sich die rechteckige doppelwandige Feuerbüchse anschließt. Allgemeine Verbreitung hat bei Lokomobilen der ausziehbare Röhrenkessel gefunden. Die übliche Form der Lokomobilkessel mit ausziehbaren Röhren von R. Wolf in Magdeburg-Buckau zeigt Fig. 11, in der das Röhrenbündel bereits vom Kesselmantel getrennt dargestellt ist. Der Rost ist im Innern einer zylindrischen Feuerbüchse untergebracht, an die sich in der Verlängerung ein Heizröhrenbündel anschließt. Feuerbüchse samt Röhrensystem werden mit dem Kesselmantel bezw. mit der hinteren Kesselwand nicht vernietet, sondern verschraubt und die Auflagfläche der Flanschen mit umsponnenen Gummiringen abgedichtet. Durch Lösen dieser beiden Verschraubungen kann die Feuerbüchse[567] mit dem Röhrenbündel herausgezogen werden und letzteres ist dadurch für die Reinigung vollkommen freigelegt und zugänglich gemacht. An den Kessel schließt sich nach hinten eine Rauchkammer an, die gewöhnlich auch den eisernen Schornstein trägt. Der Dampfraum und der Wasserspiegel sind bei diesen Kesseln verhältnismäßig klein, der erzeugte Dampf wird daher leicht naß. Der geringe Wasserumlauf im Verein mit dem Fehlen einer Beheizung des Mantels verursacht leicht Lecken des letzteren. Besonders während des Anheizens erfährt der Mantel durch die erheblichen Temperaturunterschiede zwischen seiner oberen und unteren Oberfläche ungleiche Ausdehnung, wodurch Spannungen entstehen, die auf ein Undichtwerden der Nietnähte hinwirken.
Schiffskessel mit Flammrohren, Feuerkiste und rückkehrenden Heizrohren, die auch nur geringen Wasserumlauf haben und dadurch ebenfalls unter den vorerwähnten Mißständen leiden, werden neuerdings fast allgemein mit Vorrichtungen versehen, die einen schnellen Temperaturausgleich im Kesselwasser bewirken sollen. Eine solche Vorrichtung, die sich auch in die gewöhnlichen ortsfesten Rauchröhrenkessel bezw. Lokomobilkessel einbauen läßt, ist der Howaldsche Temperaturausgleicher. Dieser besteht aus einer am Boden des Kessels gelegenen Rohrschlange, deren nach oben gebogene Enden in den Dampfraum geführt sind. Sobald sich Dampf im Kessel entwickelt, wird das untere Kesselwasser durch die Rohrschlange erwärmt; das hierbei in der Schlange sich bildende Kondenswasser wird nach außen durch einen vorgeschalteten Kondenstopf abgeleitet und der Speisepumpe wieder zugeführt. Dem gleichen Zweck dient die Wasserumlaufvorrichtung von Altmayer. Diese beginnt zwar ihre Tätigkeit erst bei einer gewissen Geschwindigkeit der aufsteigenden Dampfblasen, bewirkt aber dann nicht nur einen schnellen Temperaturausgleich des ganzen Kesselinhaltes, sondern schafft auch einen gesteigerten Wasserumlauf. Die aus Fig. 12 ersichtliche Einrichtung liefert die besten Ergebnisse, wenn sie saugend und drückend wirkt. Zu diesem Zwecke wird der saugende Doppeltrichter hinten an der Feuerbüchse angebracht, an der eine starke Verdampfung stattfindet. Die unter dem Trichter aufsteigenden Dampfblasen treten mit einer gewissen Geschwindigkeit durch den Trichterhals nach oben aus und langen hierdurch den Rohrinhalt an. Das Rohr mit drückender Wirkung wird vorn an der Stirnwand eingebaut, an der die Feuergase den Kessel verlassen und die Verdampfung nur eine mäßige ist. Die obere Ausmündung des Trichters liegt hierbei im Dampfraum, und es wird die schwer verständliche, aber tatsächlich beobachtete Wirkungsweise so erklärt, daß die mit nur mäßiger Geschwindigkeit durch den Trichterhals tretenden Dampfblasen hier genügend Zeit finden, um das mitgerissene Wasser auszuscheiden, und daß die Stauung der Dampfblasen hinreicht, um dieses Wasser nach unten zu führen.
Für Dampfkrane, Rammen, Schiebebühnen u.s.w. kommen infolge der geringen Platzinanspruchnahme vielfach stehende Feuerbüchskessel mit Quersiedern oder Heizrohren zur Anwendung. Der Lachapelle-Kessel (Fig. 13) hat eine zylindrische Feuerbüchse, in der übereinander und versetzt eine Anzahl Quersieder eingeschweißt oder eingenietet, bei kleineren Rohren auch eingewalzt und umgebördelt sind. Beim Field-Kessel sind die am unteren Ende zugeschweißten Siederohre mittels konischer Bunde leicht in die Feuerbüchsdecke eingetrieben und werden durch den Dampfdruck abgedichtet. In diesen Rohren hängen engere, an beiden Enden offene Blechröhre, die beinahe bis auf den Boden der äußeren Rohre reichen und einen Wasserumlauf in diesen hervorrufen sollen. Fig. 14 zeigt einen solchen mit durchgehenden Heizrohren kombinierten Kessel. Die stehenden Feuerbüchskessel beanspruchen wenig Platz, sie geben aber mit ihrer geringen verdampfenden Oberfläche nassen Dampf, auch rostet die Feuerbüchse unten leicht durch.
Wasserröhrenkessel. Dieselben haben im Verhältnis zu ihrer Heizfläche einen sehr kleinen Wasserraum gehören zu den Kleinwasserraumkesseln und sind daher für plötzlich größere Dampfentnahmen sowie für sehr wechselnden Betrieb nicht geeignet. Ihre Hauptvorteile bestehen in der Anwendung hoher Dampfspannung bei geringer Explosionsgefahr und Beanspruchung sehr geringen Raumes für große Kesselheizflächen. Die Wasserröhrenkessel sind wegen ihrer Vielgliedrigkeit konstruktiv komplizierter wie die Großwasserraumkessel, in der Herstellung jedoch nicht selten einfacher. Die Anlagekosten beider Systeme für gleiche Leistung unterscheiden sich heute bei gleich guter Ausführung nicht mehr wesentlich. Ein besonderer Vorzug der Wasserröhrenkessel besteht noch in ihrer leichten Transportfähigkeit, und sind sie daher für überseeische Anlagen und solche in hochgelegenen Gebirgsorten besonders geeignet. Wasserröhrenkessel[568] wurden schon anfangs des vorigen Jahrhunderts angewendet. Die verschiedenen Systeme unterscheiden sich konstruktiv in der Verbindungsweise der einzelnen Rohre untereinander und mit den Dampfsammlern.
1. Verbindung der einzelnen Rohre unter sich durch Kappen zu einfachen oder doppelten, stehenden Elementen. Zu diesen gehören die Ausführungen von Belleville (s. Belleville-Kessel), De Nayer, Root u.a. In Fig. 15 ist die Verbindungsweise der Röhren und Kappen eines Root-Kessels schematisch wiedergegeben, und in Fig. 16 ein Root-Kessel mit Oberkessel dargestellt. Die 100 mm weiten, schmiedeeisernen Rohre sind an beiden Enden mit Kopfstücken fest verbunden, die ihrerseits durch gußeiserne Kniestücke derart verbunden sind, daß der sich entwickelnde Dampf durch sie direkt nach dem Dampfsammler entweichen kann. Die Dichtung in den Rohrverbindungen ist metallisch mittels doppelt konischer Ringe, die sich teils in die Kappen, teils in die Kniestücke einlegen; die Speisung erfolgt in das unterste Querrohr. Ein über den oberen Dampfröhren liegendes Röhrenbündel dient zur Vorwärmung des Speisewassers. Werden ein oder mehrere Oberkessel als Dampfsammler über dem Röhrensystem angelegt, so bleibt letzteres sowie ein Teil der Dampfsammler ganz mit Wasser gefüllt. Die Wasser- und Dampfzirkulation läßt sich dadurch wirksamer gestalten sowie trocknerer Dampf erzielen. Der Oberkessel wird den Heizgasen nicht ausgesetzt. Der Root-Kessel ohne Oberkessel darf, wenn seine Rohre weniger als 100 mm lichte Weite haben, unter und in Räumen, in denen sich Menschen aufzuhalten pflegen, aufgestellt werden; er hat aber alsdann gar keinen Wasserumlauf und eine nur sehr kleine verdampfende Oberfläche.
2. Verbindung einzelner stehender oder liegender Rohrreihen unter sich durch Kammern: Howard, Sinclair, Babcock & Wilcox, Niclausse. Die erstbezeichneten Kessel sind veraltet; dagegen spielen die beiden letzteren Systeme eine bedeutende Rolle in Amerika, England und Frankreich, und auch in Deutschland sind diese bei mehreren größeren Anlagen zu finden. Der Niclausse-Kessel ist wie derjenige von Babcock & Wilcox (vgl. Bd. 1, S. 430) aus einer Anzahl Kammern und Röhren zusammengesetzt. Im Gegensatz zu letzterem besitzt der Niclausse-Kessel (Fig. 17) nur am vorderen Ende Verbindungskammern, in welche die am hinteren Ende geschlossenen Wasserrohre eingesetzt sind. Der Wasserumlauf wird durch in die Verbindungskammern eingesetzte Zwischenwände und besondere aus Blech gefalzte Zirkulationsrohre befördert, die, an beiden Enden offen, frei in den Wasserrohren stecken. Die Speisung geschieht in den Oberkessel; das Wasser wird gegen eine in diesen eingebaute Wand gespritzt, an der es sich stark erwärmt und seine Kesselsteinbildner ausscheidet, worauf es seinen Lauf durch den vorderen Teil der Kammern und die eingesteckten Umlaufrohre nach hinten nimmt, um durch die äußeren Wasserrohre und den hinteren Teil der Kammern mit Dampf vermischt in den Oberkette! zurückzukehren und denselben Weg von neuem zu machen. Die flußeisernen Wasserkammern bestehen aus einem nahtlos gezogenen Rohr; sie sind unten durch einen eingenieteten Boden verschlossen und werden oben mittels aufgeschraubtem Flansch und beiderseits konischem Dichtungsring mit dem Oberkessel verbunden.
[569] 3. Verbindung der einzelnen Rohre mit einer oder zwei Dampfkammern. Zu den Röhrenkesseln mit einer Dampfkammer gehören die Konstruktionen von Alban, Dürr und Willmann, mit zwei Dampfkammern von Büttner, Gehre, Guilleaume-Werke, Göhrig & Leuchs, Heine, Petry-Dereux, Simonis & Lanz, Steinmüller, Walther, Wilke u.a. Die Wasserführung ist beim Dürr-Kessel (s.d.) ähnlich derjenigen des Niclausse-Kessels. Die Wasserkammer ist durch eine Zwischenwand in zwei Hälften geteilt zur Trennung des zu verdampfenden Wassers von dem dampfführenden. Das kalte Wasser geht in dem vorderen Teil der Kammer nieder, während das erwärmte und mit Dampf vermischte Wasser im hinteren Teil nach dem Oberkessel aufsteigt. Beim Willmann-Kessel ist die Zirkulation in der Wasserkammer umgekehrt ausgebildet, indem in der hinteren Hälfte das Wasser niedergeht und in der vorderen der Dampf aufsteigt. Es soll dadurch ein besonderer Schutz gegen ein Verbrennen der hinteren, den Feuergasen ausgesetzten Wasserkammerwand gebildet werden.
Bei den Zweikammerkesseln kann sich das Rohrsystem, wenn beide Kammern, wie es in der Regel geschieht, mit dem Oberkessel verbunden sind, diesem gegenüber nicht mehr ganz frei ausdehnen. Zur Verminderung der hierdurch entstehenden Spannungen an den Verbindungsstellen werden in diese Kessel Vorrichtungen eingebaut, die den Wasserumlauf befördern und dadurch bei gesteigerter Verdampfung die verschiedenen Temperaturen in den einzelnen Kesselelementen ausgleichen. Dieser Zweck ist bei Büttners Patent-Schnellumlaufkessel (s.d.) vollkommen erreicht. Der Gehre-Kessel (Fig. 18) hat in der vorderen Wasserkammer eine Anzahl wagerecht eingelegter Einzelzellen, die behufs leichterer Führung des Dampfes durch zwei Rohrstutzen miteinander verbunden sind. Das in den Oberkessel eingeführte Speisewasser tritt durch die hintere Wasserkammer, die zur Abhaltung des Schlammes mit einem in den Oberkessel hineinragenden Fortsatz[570] versehen ist, in die Siederohre ein. In der höchsten Einzelkammer sind mehrere weite Rohre eingewalzt, durch die der aufzeigende Dampf nach dem hinteren Teil des Oberkessels geführt wird und dort zum Austritt gelangt. Beim Steinmüller-Kessel (s.d.) wird zur Beförderung des Wasserumlaufs das mit den Dampfblasen in der vorderen Kammer aufzeigende Wasser vom Dampf getrennt und dieses durch ein nahe am Boden des Oberkessels liegendes Rohr der hinteren Kammer wieder zugeführt.
Entgegen der sonst. bei Zweikammerkesseln üblichen Anordnung ist beim Guilleaume-Kessel (Fig. 19) nur die vordere der beiden Wasserkammern mit dem Oberkessel verbunden, die hintere Kammer dagegen frei auf beweglichen Rollen gelagert. Das in die beiden geschweißten Kammern eingewalzte Röhrenelement setzt sich aus den Zufluß- oder Rücklaufrohren und den Siederohren zusammen. Das Speisewasser tritt in den hinteren tiefstgelegenen Teil des Oberkessels ein, scheidet bei der Erwärmung die kesselsteinbildenden mineralischen Beimengungen aus, die sich hier absetzen und abgelassen werden, und tritt über das im Oberkessel eingebaute als Schlammfänger dienende Querblech in den abgeschlossenen Teil der vorderen Wasserkammer. In dieser Kammer verteilt es sich in die Zuflußrohre, die über den Siederohren gelagert und von diesen durch eine bis über den Wasserspiegel im Oberkessel reichende Wand getrennt sind. Durch die Zuflußrohre gelangt das Wasser in die hintere Wasserkammer, um von dort in die Siederohre einzutreten und zu verdampfen. Das entstehende Gemisch von Wasser und Dampf entweicht in der vorderen Kammer aufzeigend, nach dem Oberkessel, ergießt sich hier über eine eingebaute perforierte Wand, das Wasser wird vom Dampf geschieden und macht den Kreislauf von neuem mit, während der Dampf in das Entnahmerohr eintritt.
Die Führung der Heizgase erfolgt bei Wasserröhrenkesseln entweder so, daß diese die Siederohre abwechselnd von unten und oben in Schlangenlinien senkrecht treffen, zu welchem Zwecke zwischen die Rohre Platten aus Gußeisen oder dünne Wände aus feuerfesten Steinen quer eingebaut sind; oder aber so, daß die Flamme durch parallel zu den Rohren liegende Zungen diesen entlang geführt wird. Die letztere Anordnung gibt eine bessere, rauchfreiere Verbrennung, besonders dann, wenn der Rost nicht sehr tief gelegt werden kann. Die Brennstoffausnutzung kann bei frisch gereinigten und gerußten Wasserröhrenkesseln bis zu 75% des Heizwertes betragen, sie sinkt aber ganz bedeutend, wenn kesselsteinhaltiges Speisewasser und schlechtes Brennmaterial verwendet werden, weil in diesem Falle sich die Rohre innen rasch mit Kesselstein belegen und außen die Wärmeaufnahme durch Ruß und Flugasche erschwert wird.
Die in den Kammern der Wasserröhrenkessel in großer Anzahl befindlichen Oeffnungen zum Einbringen und Reinigen der Rohre, die bei jeder Kesselreinigung einzeln geöffnet und wieder verschlossen werden müssen, erfordern einen sicheren, gegen Beschädigung nicht zu empfindlichen, bequem zu handhabenden Verschluß. Hierfür hat sich der von außen einbringbare Sicherheitsinnenverschluß mit metallischer Dichtung ohne jede Zwischenlage am besten bewährt. Derselbe wird von den einzelnen Firmen verschiedenartig ausgeführt; die Fig. 20 und 21 zeigen den Verschluß von Simonis & Lanz. Die nach innen sich konisch erweiternde[571] Oeffnung erhält zwei einander diametral gegenüberliegende Aussparungen, durch welche der an zwei Stellen ebenfalls etwas abgeflachte Deckel eingebracht wird. Nach dem Einbringen wird der Deckel um 90° gedreht, so daß sich Aussparung und Abflachung überdecken, worauf die Schraube über dem Bügel mäßig angezogen wird; der Dampfdruck wirkt selbstdichtend und entlastet die Schraube.
Die Wasserröhrenkessel erzeugen im Vergleich zu den Großwasserraumkesseln verhältnismäßig nassen Dampf, weshalb man sie auch in neuerer Zeit fast ausnahmslos mit Ueberhitzern (s.d.) ausrüstet, die den Zweck haben, den Dampf zu trocknen und seine Temperatur mehr oder weniger zu erhöhen.
Die Vorteile des Großwasserraumkessels mit denen des Wasserröhrenkessels verbindet der Mac-Nicol-Kessel (Fig. 22). Diese Kesselkonstruktion besteht aus einer Verbindung geneigter Wasserröhren mit gewöhnlichen Ober- und Unterkesseln. Der Oberkessel ist mit dem darunterliegenden Vorwärmer am hinteren Ende, wie üblich, durch einen vertikalen Stutzen verbunden, während am vorderen Ende die Verbindung beider durch das geneigte Röhrenbündel mittels zweier Wasserkammern erfolgt. Die Feuerung liegt wie bei allen Wasserröhrenkesseln unterhalb der Siederohre und bestreicht der Länge nach den Oberkessel, sowie hierauf zu beiden Seiten den Vorwärmer. Das eingeschaltete Röhrenbündel sichert durch seine geneigte Lage, durch das Aufzeigen des sich entwickelnden Dampfes eine kräftige Wasserzirkulation in dem ganzen Kesselsystem. Die Ablagerung der kesselsteinbildenden Substanzen findet in den an der Zirkulation nicht teilnehmenden Räumen des Vorwärmers statt. Die Anwendung und Anbringung des Röhrensystems läßt sich auch bei andern Kesselarten sowie bei älteren, bereits begehenden Kesseln vornehmen zwecks Verbesserung des Wasserumlaufes und der Verdampfungsfähigkeit. Prégardien verbindet übereinander liegende Zylinder- oder Cornwallkessel mit Zylinderoberkesseln in ihrer Längsrichtung durch geschweißte, gebogene Rohre zur Erzielung größeren Wasser- und Dampfraumes sowie großer Heizfläche (Fig. 23). Der durch diese eigenartige Konstruktion erreichte Vorteil besteht darin, daß der im unteren Kessel entwickelte Dampf rasch und unbehindert durch die vertikalen Verbindungsröhre nach dem Oberkessel entweichen kann. Der Garbesche Großwasserraum-Röhrenkessel, von der Maschinenfabrik Fr. Gebauer in Berlin gebaut (Fig. 24), zeigt eine ähnliche Zusammensetzung. Bei demselben sind zwei im Feuerraum liegende Sieder mit dem Oberkessel und dieser in seinem hinteren Teil wieder mit einem Unterkessel durch eine große Anzahl Wasserrohre verbunden. Bemerkenswert sind hierbei die einen Teil des Kesselmantels bildenden, wellen- und stufenförmig gepreßten Rohrplatten, die einander parallele und ebene Flächen besitzen, in die die geraden Wasserrohre rechtwinklig eingewalzt sind. S.a. Schiffskessel.
Der Ausfluß des Dampfes aus Dampfkesseln erfolgt in der Regel nur durch die zu den Dampfmaschinen führenden Dampfleitungen (s.d.); außerdem ausnahmsweise durch die Sicherheitsventile und in einigen Industriezweigen durch Ansetzröhren bezw. besondere Zweigleitungen zum Gebrauche für verschiedene Fabrikationszwecke. Ueber den Verbrauch der Dampfmaschinen s.d. Die durch Sicherheitsventile und Ansatzröhren abströmende Dampfmenge bei bestimmtem Kesseldruck läßt sich nach den Angaben im Art. Gase, Bewegung derselben (Kapitel Ausfluß gesättigten Wasserdampfes) berechnen; vgl. a. die diesbezüglichen Formeln im Art. Dampfturbinen. Bei der Dampfkesselberechnung (s.d.) ist die Summe aller Ausflußmengen in Betracht zu ziehen; diese ist entscheidend für die Größe des Kessels und das Kesselsystem.
Literatur: Zahlreiche Abhandlungen über Dampfkessel sind in der Zeitschr. des Vereins deutscher Ingenieure unter dem Stichwort »Dampfkessel« enthalten. Vgl. a. Bellers, Ch., Traité des chaudières à vapeur, Paris 1895; Traill, Th. W., Boilers, marines and land, 3. Aufl., London 1896[572] Freytag, F., Die Dampfkessel und Motoren auf der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung in Leipzig 1897, Berlin 1898; Verband deutscher Dampfkesselüberwachungsvereine, Neuere Dampfkesselkonstruktionen und Dampfkesselfeuerungen mit Rücksicht auf Rauchverbrennung, Berlin 1900; Kosak, Katechismus der Einrichtung und des Betriebs stationärer Dampfkessel, 14. Aufl., Wien 1900; Reinert, Die modernen Dampfkesselanlagen, deren Einrichtung und Betrieb, Stuttgart 1900; Tetzner, F., Die Dampfkessel, Berlin 1902; Hader, Bau und Betrieb der Dampfkessel, 4. Aufl., Düsseldorf 1902.
G. Schwarz.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.