- Deichverteidigung
Deichverteidigung. Es ist eine Verteidigung der eigentlichen Flußdeiche (bis zum Flutgebiet) und der an der See sowie innerhalb des Flutgebiets liegenden Deiche zu unterscheiden.
Bei den Flußdeichen fallen die stärksten Angriffe in die Zeit der Hochwasser und halten während der Dauer eines Hochwassers an. Hier kommt infolge der lange dauernden Berührung mit dem Außenwasser die Gefahr der Durchweichung und Durchquellung des Dammkörpers in Betracht, daneben der Angriff durch den Strom und durch Eisgang. Die Beschädigung durch Wellenschlag spielt zwar auch eine Rolle, jedoch nicht in dem Maße wie bei den Deichen in Flutgebieten, namentlich aber bei denen an der See, wo der mechanische Angriff der Wellen bei Sturmfluten ein sehr heftiger ist und sich zugleich gegen den oberen schwächeren Teil des Deiches richtet. Sieht man von den Anschwellungen bei plötzlich auftretender Eisstopfung ab, so läßt sich der Eintritt gefährlich wirkender Hochwasserstände an den oberen Flußläufen infolge des überall vorhandenen Nachrichtendienstes mindestens 12 Tage voraussehen. Es bleibt also immer Zeit zur Einberufung der Deichwachen, Bereitstellung von Arbeitskräften und Verteilung der vorrätig gehaltenen Geräte und Materialien (Sandsäcke, Sand, fetter Boden, Busch, Pfähle, Hölzer und Bretter, Dünger u.s.w.) in der Nähe besonders bedrohter Punkte. Werden dann im Laufe des Hochwassers stärkere Quellenbildungen an der Binnenseite des Deiches von der (im Tag- und Nachtdienst tätigen) Deichwache wahrgenommen, so muß zunächst versucht werden, sie von der Außenseite aus zu dichten. Hierbei ist zu beachten, daß die Einlaufstelle im Strom nicht immer der Auslaufstelle an der Binnenseite gegenüberliegt; vielmehr wird der Weg der Wasseradern häufig durch unregelmäßig laufende Maulwurfs- und Mäusegänge beeinflußt. Ost läßt sich die Lage der Einlaufstelle durch eine Stange, an deren Ende ein Sack mit etwas Sand oder ein Strohwisch befestigt ist, ermitteln, indem man sie an der Außenböschung, langsam hin und her schiebt und zugleich die Ablaufstelle beobachtet; mitunter verrät sich die Einlaufstelle (bei starkem Abfluß) durch Bildung eines kleinen Wirbels. In diesem Falle erfolgt ihre Bedeckung am einfachsten durch einige Sandsäcke (oft genügt schon ein einziger), weil diese sich infolge ihrer nur teilweisen Füllung mit Sand unter Wasser jeder Form der Unterlage anschmiegen. Kann der Ursprung der Quelle aber nicht genau festgestellt werden, so bleibt nur übrig, denjenigen Teil der Außenböschung, in dem er vermutet wird, in größerer Ausdehnung mit Sandsäcken, Mist oder tonigem Boden zu bedecken. Wenn auch dies nicht gelingt, so ist[707] die Quelle an der Binnenseite durch Spiegelhebung unschädlich zu machen. Zu diesem Zwecke wird die nächste Umgebung der Quelle mit einem Fangedamm (aus Brettern mit Mistdichtung oder aus Sandsäcken) umschlossen; das Wasser neigt dann in dem umschlossenen Raum ähnlich wie bei den Kuverdeichen an (vgl. Auslage). Klares Wasser an der Austrittstelle ist weniger gefährlich als trübes; werden zugleich gröbere Erdteile mit ausgeworfen, so empfiehlt sich eine vorübergehende Bedeckung mit Sandsäcken oder mit Dünger. Die Gefährdung des Deiches nimmt mit der Tiefenlage der Quelle zu; Durchsickerungen in der Nähe der Kappe sind weniger nachteilig und lassen sich durch Abrammen oder vorsichtiges Aufgraben und Ausdampfen dichten. Hinsichtlich der Mittel, die das Ueberlaufen des steigenden Wassers und das Ueberstürzen des Eises über die Deichkappe hindern sollen, vgl. Aufkadung. Gelingt es nicht, eine solche Aufkadung rechtzeitig bis zu genügender Höhe zu führen, so ist der Durchbruch des Deiches an der Ueberlaufstelle die fast unausbleibliche Folge. Absackungen der Binnenböschung treten infolge lange andauernden Hochwassers namentlich auf Strecken ein, die aus stark sandhaltigem Boden hergestellt sind oder in denen der Deich vor einem tiefen Kolk liegt und eine sogenannte Auslage (s.d.) bildet. Eine Verstärkung des Deichs läßt sich in diesem Falle durch Herstellung eines Fangdammes auf der Außenböschung (vgl. Fig. 1) bewirken, während alle derartigen Arbeiten auf der durchweichten Binnenböschung zu vermeiden sind. Absackungen der Außenböschung sind seltener und können nur vorkommen, wenn der Strom den Fuß des Deiches unterwaschen hat, diesem also das nötige Vorland fehlte. Hier helfen Steinschüttungen oder besser mit Steinen gefüllte Senkfaschinen oder Sandsäcke in größerer Menge, die als Ersatz für die fortgerissene Böschung dienen müssen. Die Durchweichung des Bodens am Fuße der binnenseitigen Böschung und ihr Fortschieben oder Herauspressen während des Hochwassers ist dann möglich, wenn der Deich in der Nähe eines Kolkes eine »Auslage« bildet und diese nicht durch einen Kuverdeich umgrenzt ist. Die hierdurch hervorgerufene Gefahr ist besonders groß, weil der in Bewegung geratene Untergrund den Einsturz einer längeren Deichstrecke zu bewirken pflegt und an solchen Stellen gewöhnlich auch ganz bedeutende Auskolkungen entstehen. Dieser Gefahr läßt sich nur dadurch vorbeugen, daß der fehlende Kuverdeich in möglichster Eile hergestellt oder durch einen Fangedamm ersetzt wird. Die Beschädigung durch Wellen schlag an Deichen, die an der See oder in breiten Flußstrecken liegen, beginnt damit, daß zunächst in die glatte Fläche der Außenböschung kleine Vertiefungen (Spülstellen) gerissen werden, die sich allmählich zu Schöllöchern vergrößern und die darüber liegenden Bodenteile ihres Halts berauben. Dieser Vorgang pflanzt sich bei anhaltendem Wellengange allmählich bis zur Kappe des Deiches fort und bereitet dadurch die sogenannte Kappstürzung vor, bei der ein Teil der Kappe abrutscht. Hat man es mit einem Seedeich zu tun, so sind bei Eintritt der Ebbe die Beschädigungen der Außenböschung nach erfolgter Abschrägung der steilen Bodenkanten durch eine Spreutlage aus Busch einzudecken, und zwar auf einer Unterlage von Stroh, Rohr oder Heidekraut, oder es ist die möglichst gut eingeebnete Fläche mit Stroh zu beflicken. Unter Umständen lassen sich auch geflochtene Hürden von 46 m Länge und 0,61,5 m Breite (sogenannte Flecke), ferner Lagen von Brettern, die durch Querhölzer und Pfähle befestigt werden, oder mit Sandsäcken beschwerte Segel mit Erfolg verwenden. Bei Flußdeichen ist den durch Wellenschlag herbeigeführten Beschädigungen der Außenböschungen am bellen durch Faschinen, Strohdecken, Flecken oder Aufbringen einer Lage Schüttstroh vorzubeugen; die Befestigung geschieht durch Pfähle unter Mitverwendung von Würden oder Strohseilen. Etwa entstandene Löcher sind vor Aufbringen der Schutzdecke mit Sandsäcken, Dünger, tonigem Boden oder Stroh auszufüllen. Bei beginnendem Kappsturz eines Deiches hilft am schnellsten das Einschlagen von senkrechten, durch ein Gurtstück verbundenen Brettern auf der Außenseite des Kappsturzes; hinter diese wird Mist, Stroh oder gute Erde gepackt. Haltbarer, aber zeitraubender ist die Verwendung stärkerer Hölzer nach Fig. 2. Aus ihnen stellt man eine Holzwand her, die tunlichst in der Linie der Kappe liegt und gleichfalls in beschriebener Weise hinterpackt wird.
Frühling.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.