- Gerbstoffe, Gerbstoffauszüge, Gerbverfahren
Gerbstoffe, Gerbstoffauszüge, Gerbverfahren. Während bis vor wenigen Jahren der Internationale Verein der Lederindustriechemiker zur Bestimmung des Gerbstoffgehaltes in pflanzlichen Gerbemitteln nach dem indirekt-gewichtsanalytischen Hautpulververfahren das Filterverfahren unter Anwendung der Procterschen Filterglocke vorschrieb, ist dieses seit dem Jahre 1907 durch das Schüttelverfahren ersetzt worden.
Da dieses Verfahren etwas niedrigere Gerbstoffgehalte liefert, so sollen in der folgenden Zusammenstellung die Gerbstoffgehalte sowohl nach dem Filterverfahren als auch nach dem Schüttelverfahren aufgeführt werden; ferner enthält diese Zusammenstellung die durchschnittlichen Wassergehalte, die mittleren Gehalte an traubenzuckerartigen und an rohrzuckerartigen Stoffen sowie die auf 100 Teile Gerbstoff entfallenden Mengen an zuckerartigen Stoffen.
Gerbstoffauszüge (Gerbextrakte) werden nicht nur durch Zusätze von Melasse, sondern oft auch durch Zusatz von billigeren Auszügen zu teureren verfälscht. Die häufigste Verfälschung besteht in dem Zusatz von Mangroven- und von Myrobalanenauszug zu Quebrachoauszug, ferner in dem Zusatz gereinigter Abfallaugen der Sulfitcellulosegewinnung (Sulfitabfalllauge). Diese Sulfitlaugen werden gegenwärtig nach verschiedenen Verfahren gereinigt und auch für Gerbezwecke empfohlen. Als eigentliche Gerbstoffauszüge können sie wegen ihrer geringen gerbenden Wirkung kaum in Betracht kommen, wohl aber zum »Nachgerben«, bei dem das Leder nach der Gerbung mit derartigen Auszügen gefüllt wird, wodurch das Ledergewicht erhöht und die Farbe des Leders aufgestellt wird. Sie kommen hierbei als sogenannte »Füllextrakte« zur Verwendung. Die Gesellschaft »Tamnum« (D.R.P. Nr. 242483) entfärbt gerbstoffhaltige Auszüge aus Pflanzenteilen mit Tonerdehydrat im Zustande des Entstehens, indem dem gerbstoffhaltigen Auszug Aluminate der alkalischen Erden, z.B. Bariumaluminat, und dann verdünnte Schwefelsäure zugesetzt werden.
Entkalken, Beizen u.s.w. Zum Entkalken wird von C.H. Boehringer Sohn an Stelle von Milchsäure eine Auflösung von Milchsäure in milchsaurem Ammon (D.R.P. Nr. 234376)[312] oder, um Milchsäure zu sparen, die Anwendung eines milchsauren Salzes in Verbindung mit Salzsäure (D.R.P. Nr. 246650) empfohlen. Simon (D.R.P. Nr. 251594) schlägt vor, zum Beizen und Entkalken von Häuten schleimgebende Stoffe und Ammonsalze bei gleichzeitiger Einleitung von Sauerstoff oder unter Zusatz von Sauerstoff abgebenden Stoffen zu verwenden. Röhm & Haas bringen das Enzym der Bauchspeicheldrüse (Tryptase) entweder ohne Zusatz oder in Verbindung mit Ammonsalzen oder Borsäure (D.R.P. Nr. 200519, 203889, 217934) unter dem Namen »Oropon« in den Handel. Diese Beize wird namentlich als Ersatz für Tauben- und Hundekot in vielen Gerbereibetrieben verwendet. Eberle bringt unter dem Namen »Purgatol« ebenfalls ein Mittel als Ersatz für Hundekot auf den Markt. Lederer empfiehlt als Ersatz für Hundekotbeize einen mit Wasser angerührten und in Gärung übergegangenen Brei von entleimtem Knochenmehl mit 12% Fett, 1% wasserlöslichem Sulfid und 11/22% Kochsalz.
Gerbverfahren. Die Vulcano Tanning and Machine Co. (D.R.P. Nr. 235324) empfiehlt für die Walkfaßgerbung mit pflanzlichen Gerbebrühen eine Einrichtung zum Aufhängen der Häute und Felle im umlaufenden Walkfaß. Wolff (D.R.P. Nr. 255110 und 259922) verwendet für die Chromgerbung Chromformiate, die entweder als solche in wässeriger Lösung benutzt oder durch Umsetzung von Natriumformiatlösung mit Chromsulfatlösung erzeugt werden. Bystron und v. Vietinghoff (D.R.P. Nr. 255320/26 und 256350) schlagen ein neues Eisengerbverfahren vor, bei dem man eine Ferrosalzlösung, die durch Stickoxyd oder andre oxydierende Stickstoffsauerstoffverbindungen in ein basisches Ferrisalz übergeführt wird, verwendet; das basische Ferrisalz kann auch durch Umsetzen von Ferrosalz mit Ferrinitrat erzeugt werden. Fahrion (D.R.P. Nr. 252178) ändert die Sämischgerbung in der Weise ab, daß in dem zur Gerbung erforderlichen Tran oder in einem andern Oele eine gewisse Menge Metall, vorwiegend Blei, Mangan oder Kobalt auf irgendeine Weise gelöst wird; durch diese Vorbehandlung des Fettes wird die Gerbung katalytisch beschleunigt. Die Chemisch-technologische Studiengesellschaft Hersfeld (D.R.P. Nr. 253171 und 254101) wendet ein neues Gerbverfahren an, bei dem die vorbereiteten Hautblößen zunächst durch eine wasserverdrängende Flüssigkeit, z.B. Alkohol, entwässert, dann getrocknet und in diesem Zustande mit wässerigen Auszügen pflanzlicher Gerbemittel, denen ebenfalls eine wasserverdrängende Flüssigkeit zugesetzt ist, gegerbt werden. Die Trocknung der mit der wasserverdrängenden Flüssigkeit getränkten Hautblößen erfolgt am besten durch Vakuumdestillation.
Päßler.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.