Salz [1]

Salz [1]

Salz (Kochsalz), Chlornatrium, NaCl, kristallisiert in Würfeln, die Wasser eingeschlossen halten, das beim Erhitzen unter knatterndem Geräusch und Zertrümmerung der Kristalle entweicht (Dekrepitationswasser). In reinem Zustande farblos, von rein salzigem Geschmack; schmilzt bei 776°, bei höherer Temperatur verflüchtet es sich als weißer Dampf.

Während reines Kochsalz sich an der Luft vollkommen trocken hält, machen es schon geringe Beimengungen von Chlormagnesium und Chlorcalcium, die saß immer im gewöhnlichen, durch Versieden gewonnenen Salz enthalten sind, hygroskopisch. In Wasser leicht löslich; 100 Teile Wasser von 0° lösen 35,52 Teile Kochsalz, bei 14° 35,87 Teile und bei 100° 39,61 Teile; in absolutem Alkohol unlöslich. In der Natur weit verbreitet, und zwar in gelöster Form im Meerwasser, in den Salzseen (Kaspisches Meer, Totes Meer, Großer Salzsee) und Salzquellen, in fester Form als Ausscheidung aus salzhaltigen Gewässern (Steppensalz) und als Steinsalzlager (in Deutschland das große Lager, das bei Staßfurt, Aschersleben, Spremberg bei Berlin, Segeberg in Holstein u.s.w. auf geschlossen ist, in Oesterreich-Ungarn im Salzkammergut, Wieliczka u.s.w., in Spanien das teilweise zutage tretende Lager von Cardona in Katalonien, in England bei Northwich in Cheshire u.s.w.). Die Steinsalzlager sind durch Ablagerungen aus Meerwasser entstanden, indem sich zuerst die schwer löslichen Verbindungen (Gips, Calciumkarbonat) abschieden, dann Steinsalz und darüber die leichter löslichen Abraumsalze (s. Kalisalze); den über dem Steinsalz lagernden Anhydridhut erklärt man sich durch die wasserentziehende Wirkung der konzentrierten Mutterlaugen auf Gips, der aus neu hinzutretendem und verdunstendem Seewasser ausfällt. Näheres über die Entstehung der Steinsalzlager s. [1] und [2].

Gewinnung des Salzes.

1. Aus Meerwasser. Da das direkte Versieden des Meerwassers (im Mittel enthält Wasser aus dem Atlantischen Ozean 26, aus dem Mittelmeer 30‰ Chlornatrium) wegen der hohen Kosten für Brennmaterial unvorteilhaft ist, so konzentriert man in südlichen Ländern, besonders an den Ufern des Mittelmeers, durch freiwillige Verdunstung des Meerwassers in den sogenannten Meersalinen oder Seegärten (s. die Figur). Die einzelnen Bassins sind durch Dämme, die mit Einlaßöffnungen versehen sind, getrennt. Der Boden wird durch festgestampften fetten Ton[561] und durch ein Algenpolster gebildet. Im März, zur Flutzeit, läßt man Meerwasser durch die Schleuse a in das etwa 1 m tiefe Hauptbassin b ein. Das dort geklärte Wasser fließt in den Vorteich c und unter fortwährender Verdunstung durch den Kanal d in die Zisterne e. Von hier aus wird es durch Pumpen in den Kanal f gehoben und fließt dann in die Verdunstungsbassins h, wo sich die schon in c begonnene Ausscheidung von. Calciumsulfat, hier außerdem auch etwas Magnesiumsulfat, fortsetzt. Etwa in den hintersten Reihen von h schon ausfallendes Kochsalz wird ausgekrückt und auf dem Damm g in Haufen gesetzt. Die gesättigte Sole fließt durch den Kanal i in die Zisterne k, wird von dort aus mittels Pumpen in den Kanal m gehoben und in die Kristallisationsbassins verteilt. Die hier entgehenden Salzkrusten werden mit hölzernen Krücken auf die Dämme o zusammengezogen, die Mutterlauge läuft in die Bassins zurück und wird endlich, wenn sich kein Kochsalz mehr abscheidet, durch den Kanal r mit der Schleuse s ins Meer abgelaufen. Das gewonnene Salz wird zu viereckigen p oder runden q Haufen geschichtet, mit Seegras und Stroh bedeckt und einige Monate im Freien gelassen, damit beigemengtes Chlormagnesium durch die Luftfeuchtigkeit zerfließen und dann abfließen kann. Je nach der Witterung erzielt man in den 5–6 Betriebsmonaten 2–3 Ernten, von denen die erste das reinste Salz liefert. Stellenweise werden die Mutterlaugen nicht ins Meer abgelassen, sondern auf Natriumsulfat (Glaubersalz Na2SO4) und Karnallit (KMgCl3 + 6H2O) verarbeitet, wobei als Zwischenprodukt die sels mixtes entstehen, ein Gemenge von Chlornatrium und Magnesiumsulfat.

2. Aus natürlichen und künstlichen Solen. Wenn natürliche Salzquellen unter 16‰ Chlornatrium enthalten, setzt man ihnen entweder Steinsalz zu oder reichert sie durch Gradierung an, um sie siedewürdig zu machen. Das Gradieren findet heute meistens nur noch in Badeorten statt, um die Luft mit Kochsalz zu schwängern, und zwar in den bekannten Gradierwerken, langen, mit der Breitseite den vorherrschenden Winden ausgesetzten Balkengerüsten, deren Zwischenräume mit Schwarzdorn ausgelegt sind. Aus dem oben auf der Gradierwand befindlichen Troge fällt die Sole tropfenweise auf die Seite der Dornwand, die dem Winde zugekehrt ist. Eine besondere Vorrichtung, die sogenannte Geschwindstellung, gestattet bei Windwechsel, die Tropfen auf die andre Seite der Dornwand fallen zu lassen. Indem die Tropfen von Dorn zu Dorn allmählich heruntersickern, bietet die Sole der Luft eine große Oberfläche dar und bewirkt dadurch eine schnelle Verdunstung des Wassers, wodurch zugleich eine Abscheidung des schwer löslichen Calciumsulfats stattfindet, das die Dornen als sogenannter Dornstein überzieht. Unterhalb der Dornwand sammelt sich die konzentrierte Sole in einem breiten Bassin aus Holz, dem Solkasten oder Sumpfe, an und setzt daselbst noch Gips, Calciumkarbonat und, wenn die Sole eisenhaltig ist, auch Eisenoxydhydrat als Schlamm ab. Ist die gradierte Sole noch nicht salzreich genug, so wird sie mittels Pumpen wieder in den Trogkasten geschafft, um nochmals gradiert zu werden, nötigenfalls noch zum dritten- und viertenmal. An Frostlagen wird nicht gradiert, da sich dann Natriumsulfat bildet. Künstliche Solen erhielt man früher vielfach durch Anlage von Schächten und Solbrunnen, heute mehr durch Treiben der Bohrlöcher, die mit Holz oder Kupferröhren ausgefüttert werden, bis in das Steinsalz selber hinein. Das so eingeführte Wasser muß, nachdem es genügend Salz gelöst hat, mit Pumpen emporgeschafft werden. Außer dem ferner allgemein verbreiteten Auflösen von bergmännisch gewonnenem Steinsalz unter oder über Tage ist noch der sogenannte Sinkwerksbetrieb in den salzhaltigen Tonen Bayerns und Oesterreichs zu erwähnen. Dort wird das sich über die Talsohle erhebende Gebirge durch Stollen geöffnet und in die bergmännisch erweiterten Räume wiederholt Wasser eingeleitet und herausbefördert, bis durch die entstehende Auskesselung ein Einbruch des Deckgebirges oder der Seitenwände der Nachbarbetriebe droht.

Das Versieden. Die auf die eine oder andre Weise erhaltene siedewürdige Sole läßt man in großen Behältern sich von dem meistens mitgeführten Tonschlamm klären und setzt, bei einem häufig vorkommenden Gehalt an Magnesiasalzen, Kalkmilch zu, wobei Gips und Magnesiumhydroxyd ausfallen und auch klärend wirken. Das Versieden selbst geschieht in Salzsudwerken (Salinen, Koten) entweder in offenen Pfannen oder geschlossenen Kesseln. Die offenen viereckigen Pfannen aus Eisenblech haben meistens eine Seitenlänge von 10–20 m, eine Tiefe von ca. 0,5 m und sind mit einem hölzernen Dampfmantel versehen, der die Wasserdämpfe in die Luft führt. Häufig befinden sich zwei Pfannen übereinander, damit die aus der unteren Pfanne aufzeigenden Dämpfe zum Vorwärmen der oberen Pfanne benutzt werden. Geschlossene Kessel verwendet man, um die Abdämpfe völlig auszunutzen. Als Heizquellen dienen direkte Feuerungen, die Abhitze der Feuergase, Generatorgase, Dampf von unten oder durch in der Sole liegende Röhren; auch Flammrohrpfannen sind in Gebrauch. Bei dem Versieden unterscheidet man zwei Phasen, das Stören und das Soggen. Man nimmt beides sowohl nacheinander in derselben Pfanne vor als auch gleichzeitig in getrennten Pfannen. Bei dem Stören, dem eigentlichen Sieden der Salzlösung, scheiden sich Gips, Natriumsulfat, Karbonate u.s.w. einerseits als Schaum, anderseits als seiner Schlamm ab, die beide entfernt werden. Ein Teil der ausfallenden Verbindungen brennt nebst Kochsalz auf dem Boden der Pfanne fest und bildet den sogenannten Pfannenstein (Hungerstein), der als Lecksalz Verwendung findet. Die zweite Periode, das Soggen, beginnt, sowie sich das Kochsalz ausscheidet, und zwar wird es entweder bei lebhaftem Feuer und bei einer Temperatur, die nicht unter 90° C. herabgeht, als seines Pulver oder bei langsamer Verdunstung als grobkörniges Salz erhalten. Bei ungestörter Kristallisation entstehen die bekannten trichterförmig gruppierten Kristalle, indem ein an der Oberfläche der Salzlösung sich bildender kleiner Salzwürfel durch seine Schwere etwas einsinkt, dadurch die Bildung von vier andern Würfeln an seinen vier Seiten veranlaßt, und indem dieser Vorgang sich dann so lange wiederholt, bis der ganze Trichter durch seine Schwere zu Boden sinkt. Das bei dem Soggen zuerst ausfallende Salz, das sogenannte Krücksalz, ist noch durch Gips und andre Verbindungen verunreinigt, das darauf entstehende Salz ist weiß und das reinste. Das mittels Krücken an den Rand der Pfanne gezogene Kochsalz wird mit Schaufeln herausgenommen,[562] abtropfen gelassen und auf eisernen oder gemauerten Pfannen oder auf Hürden in Trockenstuben getrocknet und wenn nötig gesiebt oder vermählen. Die Mutterlauge wird in einigen Siedereien weggegeben, in andern noch auf verschiedene Salze, auch auf Bade- und Düngesalz, verarbeitet. – Vorgeschrittene größere Betriebe machen heute mehr und mehr Gebrauch von mechanischen Einrichtungen für das Krücken, für das Leeren der Pfannen, für die Formsalzbereitung und für das Trocknen des Salzes durch Teller- und Trommelapparate und besonders durch Zentrifugen, in denen durch Dampf noch anhaftende Mutterlauge abgeschleudert und dann mit warmer Luft getrocknet wird und die meistens selbsttätige Salzaustragevorrichtungen besitzen. Die Anwendung von Vakuumapparaten ist bisher in der Kochsalzindustrie kaum über Versuchsanlagen hinausgekommen. Näheres hierüber und über andre Verbesserungsvorschläge s. besonders [2].

3. Bergmännisch gewonnenes Steinsalz wird bei genügender Reinheit wohl direkt vermählen und als Speisesalz in den Handel gebracht, meistens aber in der unter 2. beschriebenen Art verarbeitet. Neuerdings soll durch Schmelzen nach dem Teeschen Verfahren reines Kochsalz gewonnen werden [3].

Endlich sei noch bemerkt, daß Kochsalz bei einigen chemischen Prozessen als Nebenprodukt erhalten wird, z.B. bei der Konversion des Chilisalpeters (s. unter Salpeter).

In Deutschland wurden im Jahre 1907 1285137 t Steinsalz und 665552 t Salz aus wässeriger Lösung gewonnen, während die Weltproduktion 15–16 Millionen Tonnen betrug. In Deutschland ist für je 1000 kg Speisesalz eine Steuer von 120 ℳ. zu entrichten, dagegen ist für Salz zu andern Zwecken nur 2 ℳ. für 1000 kg zu zahlen; dasselbe muß jedoch denaturiert werden. Als Denaturierungsmittel dienen je nach der Verwendung Eisenoxyd, Wermutkrautpulver (Viehsalz), Natriumsulfat, Schwefelsäure (Sodafabrikation), Petroleum, Tran, Kienöl, Ruß, Karbolsäure (Düngesalz, Gerberei, Töpferwaren u.s.w.) u.a.m. Ausführlicheres über Denaturierungsmittel s. [2].


Literatur: [1] Muspratt, Chemie, Braunschweig 1896, Bd. 6, S. 431–839. – [2] Fürer, Salzbergbau und Salinenkunde, Braunschweig 1900. – [3] Scientific American, Supplement 66, S. 54.

Rathgen.

Salz [1]

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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