- Handdruck
Handdruck, das örtliche Aufbringen von passend verdickten Farben oder Beizen auf Fasermaterial aller Art mit Hilfe von Druckmodeln, war früher, bevor man die verschiedenen Systeme von Druckmaschinen kannte, allgemein üblich und wird heute noch in vielen Gegenden ausgeübt. Es lassen sich mittels desselben alle Genres des Druckes sowie Reserve- und Aetzartikel herstellen. Für gewisse Artikel konnte der Handdruck überhaupt noch nicht ersetzt werden, z.B. für vielfarbig bedruckte Schafwolltücher, für Seidendruck u.s.w. Mitunter wird auch Maschinendruck und Handdruck kombiniert.
Der Vorgang bei Handdruck ist sehr einfach, erfordert aber viel Uebung. Man verstreicht mittels einer feigen Haarbürste die Druckfarbe möglichst gleichmäßig im Farbtröge, welcher[769] einen elastischen, aufnahmefähigen Boden besitzt, setzt dann den Druckmodel auf, der in seinen erhaben geschnittenen Zeichnungen die Farbe aufnimmt. Man überträgt den Model auf die zu bedruckende Ware, indem man ihn mit leichtem Drucke der Hand auf das Gewebe preßt, wobei sich die farbige Zeichnung des Models auf der Ware abdruckt. Ist der Model sehr groß, so verwendet man beim Abdrucken einen leichten Hammer mit kurzem Stiel, indem man mit demselben mehrere leichte Schläge an verschiedenen Stellen des Models ausübt. Am Model selbst sind gewöhnlich vier Rapportstifte angebracht, welche mitdrucken und welche es ermöglichen, daß der Drucker beim nächsten Abdrucken das schon abgedruckte Muster nicht überdruckt oder einen ungedruckten Zwischenraum läßt. Zwischen jedem Abdrucke des Models wird derselbe mit frischer Farbe beladen.
Bei mehrfarbigem Druck wird zuerst das Grundmuster gedruckt, getrocknet, und dann erst werden die verschiedenen Begleitfarben nacheinander eingepaßt, wobei man nach jeder Farbe die Ware erst trocknen läßt, damit sich die Farben nicht verschmieren oder auf dem noch feuchten Gewebe ausfließen. Alle übrigen Arbeiten, z.B. Fixieren der Farben durch Dämpfen, Waschen u.s.w., werden in ähnlicher Weise ausgeführt wie beim Maschinendruck. Die Herstellung der Druckmodel heißt Model- oder Formstecherei und ist ein Zweig der Holzschneidekunst. Gewöhnlich werden drei zusammen 78 cm dicke Holztafeln miteinander verleimt, von denen die oberste Tafel, in welche die Zeichnung ausgeschnitten wird, aus Birnbaumholz besteht. Die beiden andern Tafeln (mit sich kreuzendem Faserverlauf aufeinander gelegt) werden gewöhnlich aus Tannen- oder Lindenholz hergestellt. Feine Linien, kleine Punkte u. dergl., welche im Holze sehr wenig haltbar oder zu mühsam auszuführen sein würden, werden vom Formstecher durch Einschlagen von geraden oder gebogenen Messingblechstreifchen oder Stiftchen aus Messingdraht gebildet; letzterer ist zu diesem Zweck nicht nur von rundem, sondern je nach Bedürfnis von halbmond-, sternförmigem u.s.w. Querschnitt.
A. Singer.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.