Indigodruck [1]

Indigodruck [1]

Indigodruck. Das Drucken von Indigo zwecks Hervorbringung von Mustern auf einseitig küpenblau gefärbtem Gewebe verdankt seine Entstehung der Küpenfärberei. Denn um den Indigo als Druckfarbe auf dem Zeuge befertigen zu können, mußte für ihn ein Lösungsmittel gefunden werden, das sein Eindringen in die Faser an der betreffenden Stelle gestattet. Solche Lösungsmittel aber sind alle diejenigen Substanzen, die zum Ansetzen der Indigoküpe dienen.

So entstand zuerst das Pinselblau, das durch Auftragen einer mit Gummi verdickten konzentrierten Auflösung von Indigo in Schwefelarsen und Alkalilauge (Opermentküpe) auf den Stoff mit Hilfe eines Pinsels und Entwicklung des Blau infolge Oxydation des Indigweiß zu Indigblau durch Einlegen des Gewebes in Wasser fabriziert wurde. Ihm folgte später das Fayenceblau (s.d.), das seine Erzeugung der den Bedürfnissen des Kattundruckes angepaßten Vitriolküpe verdankte. Aber auch diese Methode des Indigodruckens wurde gewisser Schwierigkeiten halber nur kurze Zeit angewendet, zumal in dem Solid- oder Echtblau alsbald eine einfachere Ausführungsform gefunden wurde. Der Indigo wurde mittels eines Gemisches von Zinnoxydulhydrat, Alkalilauge und Traubenzucker zu Indigweiß reduziert, dieses mit Gummi verdickt aufgedruckt und die Farbe durch Waschen der bedruckten Ware in Wasser entwickelt. Das Verfahren wurde später noch verschiedentlich modifiziert, schließlich aber aufgegeben, da man nach demselben ein gutes Dunkelblau nicht erzielen konnte [1]. Das gleiche Schicksal hatte das auf Grund der Baeyerschen Synthese des Indigblau aus Zimtsäure 1881 ausgearbeitete vielversprechende Verfahren der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen, bestehend in der Entwicklung dieses Farbstoffes auf der Faser aus der auf letzterer durch Druck aufgetragenen Propiolsäure (Orthonitrophenylpropiolsäure). Der unangenehme Geruch der damit bedruckten Gewebe, der hohe Preis des Präparates und die Sorgfalt, welche die Durchführung des Verfahrens erheischt, sind der Anwendung des Propiolsäureblaus hinderlich gewesen [2]. Es kam hinzu, daß bald nach der Einführung des Propiolsäuredruckes ein Verfahren bekannt wurde, nach dem es möglich ist, mit natürlichem Indigo ein Druckblau von jeder beliebigen Tiefe zu erzeugen. Es ist dies der sogenannte Glykose- oder Glukoseprozeß oder das Schlieper und Baumsche Verfahren [3]. Dabei wird die Reduktion des Indigo durch Glukose und Natronlauge unter Mitwirkung von Wasserdampf bewirkt. Das entstandene Indigweiß vereinigt sich zufolge seiner Affinität zur Cellulose mit der Faser und wird durch die nachfolgende Oxydation in Blau übergeführt. Die Ausführung des Verfahrens, zu dessen Gelingen die strenge Einhaltung gewisser Bedingungen absolutes Erfordernis ist, gestaltet sich kurz folgendermaßen: Das baumwollene Gewebe wird auf einer Foulardier- oder Klotzmaschine (s.d.) mit Traubenzuckerlösung imprägniert und dann gut getrocknet, so daß der Traubenzucker möglichst wenig Wasser zurückhält. Das so präparierte Gewebe wird nun mit der Farbe bedruckt. Letztere ist eine innige und lauwarme Mischung von gemahlenem Indigo, Natronlauge, Maisstärke und British Gum von gelatineartiger Konsistenz. Es befinden sich nun auf dem Stoff zwei Lagen, die eine aus Glukose, die andre aus Indigofarbe bestehend. Unmittelbar nach dem Drucken muß das Gewebe bei einer 70° C. nicht überschreitenden Temperatur getrocknet werden. Bei höherer Temperatur würde infolge der zerstörenden Einwirkung des Aetznatrons auf den Indigo die Farbe abgeschwächt werden. Das bedruckte Stück läuft längs einer geheizten Dampfplatte, die bis zur Decke des Druckraums reicht, und zwar so, daß es einige Zentimeter von der Druckwalze sein Drucktuch verläßt, das hinter der Maschine durch heiße Platten getrocknet wird. Hat das bedruckte Stück die Decke erreicht, so tritt es in einen benachbarten Raum über, wo in einem in drei Abteilungen geteilten Kasten die weitere Trocknung mit 75° C. warmer, durch ein Root-Gebläse eingeblasener Luft erfolgt. Hierdurch wird die Einwirkung der[171] Glukose verhindert, die erst beim Dämpfen stattfinden soll. Das Dämpfen muß unmittelbar nach dem Drucken und Trocknen erfolgen. Das kalte bedruckte Stück zirkuliert in auf- und absteigender Linie in einem kleinen Dämpfkasten, der sich über einem Behälter mit Wasser befindet, durch das der Dampf aus einer den Kasten deckenden und die Kondensation des Dampfes im Dämpfraum verhindernden Dampfplatte streicht, und verläßt ihn nach 15–20 Sekunden. Durch die Einwirkung des Dampfes erfolgt die Reduktion des Indigo zu Indigweiß. Die gedämpfte Ware soll braun aussehen und einen olivfarbigen Schein zeigen. Sie wird schließlich sorgfältig gewaschen, um die Natronlauge und die Verdickung zu entfernen und um die Oxydation zu vollenden. Das Verfahren ist besonders für den Rotblauartikel (s.d.) in Anwendung gekommen. Eine Weißreserve für dieses Blau ist mit gebrannter Stärke verdickter Schwefel. Für Gelbreserve wird dem Schwefel ein Kadmiumsalz beigemischt.

Inzwischen wurden die Versuche fortgesetzt, die darauf abzielten, dem Drucker ein Präparat zur Verfügung zu stellen, das gleich der Propiolsäure der Badischen Anilin- und Sodafabrik die synthetische Bildung von Indigblau auf der Faser zuließ. 1893 brachten Kalle & Co. in Biebrich [4] unter dem Namen Indigosalz in Gestalt einer farblosen Paste die Bisulfitverbindung des von Baeyer & Drewsen entdeckten Orthonitrophenylmilchsäure-methylketons in den Handel. Genannte Firma liefert neuerdings als Indigosalz T dies sich besser konservierende Keton selbst und überläßt es dem Drucker, dasselbe vor dem Gebrauch in die lösliche Form der Bisulfitverbindung zu verwandeln. Deren wässerige Lösung zersetzt sich bei 50° unter Abscheidung von freiem Keton, beim Versetzen derselben mit verdünnten Alkalien wird in der Kälte schon Indigo abgeschieden. Das Verfahren, das Indigblau in der Faser zu erzeugen, besteht entweder darin, den Baumwollstoff mit der verdickten Lösung des Indigosalzes zu bedrucken, ihn zu trocknen und durch Natronlauge von 10–12° Bé bei gewöhnlicher Temperatur zu passieren, oder umgekehrt den mit Indigosalzlösung geklotzten und getrockneten Stoff mit einer Druckfarbe, die 16% Aetznatron enthält und aus gleichen Gewichtsteilen Verdickungsmittel und Natronlauge von 40° Bé hergestellt wird, zu bedrucken und nach dem Trocknen zu waschen. Unter Benutzung der ersten Methode findet das Indigosalz zur Herstellung feinerer blauer Muster (Ketonblau) eine beschränkte Verwendung im Kattundruck. Das gleiche gilt von einem weiteren synthetischen Indigopräparat, das die Badische Anilin- und Sodafabrik [5] seit dem Jahre 1895 unter dem Namen Indophor in den Handel gebracht hat. Dasselbe besteht aus Indoxylkarbonsäure, die durch Einwirkung von Alkalien auf Anthranilglykokoll bei 200° C. technisch gewonnen wird und bei Gegenwart schwacher Alkalien an der Luft oder durch Oxydationsmittel, wie Eisenchlorid, auf der Faser in Indigblau übergeht. Für helle Töne wird der Stoff in einer Lösung von calcinierter Soda von 2° Bé geklotzt und getrocknet, darauf mit einer Farbe bedruckt, die durch Mischen von Indophor mit Wasser und Tragantschleim unter Erwärmen bereitet ist. Der bedruckte Stoff wird bei 40° C. getrocknet, gewaschen und leicht geseift. Einer größeren Verwendung des Indophors und des Indigosalzes, namentlich auch für dunkle Töne, steht der hohe Preis im Wege.


Literatur: [1] Persoz, Impression des tissus, Paris 1846, Bd. 3, S. 54; Schützenberger, Farbstoffe, Berlin 1873, Bd. 2, S. 560; Georgievics, v., Der Indigo, Leipzig und Wien 1892, S. 90. – [2] D.R.P. Nr. 15516; Schmidt, H., Bulletin de Rouen 1881, S. 325; Costobadic, ebend. 1884, S. 757. – [3] Bulletin de Mulhouse 1883, S. 535 und 601; Bourcart, ebend. 1884, S. 49; Dinglers Polyt. Journ. 1883, Bd. 250, S. 373. – [4] D.R.P. Nr. 73377; Fischer, E., Bulletin de Mulhouse 1893; Lehnes Färberzeitung 1892/93, S. 397; Ulrich, G., ebend. 1893/94, S. 1. – [5] D.R.P. Nr. 85071, 85494; Lehnes Färberzeitung 1894/95, S. 221.

R. Möhlau.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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