- Thermoelektrizität
Thermoelektrizität, durch Wärmewirkungen hervorgerufene Elektrizität.
Lötet man zwei verschiedene Metalle zusammen und erwärmt oder kühlt die eine Lötstelle ab, so entsteht ein elektrischer Strom (Th. Seebeck, 1823). In Fig. 1 sei k ein Kupferstreifen, ab ein Stäbchen aus Wismut, beide bei a und b verlötet. Erwärmt man die eine Lötstelle, z.B. b, so fließt ein Strom im Sinne der eingezeichneten Pfeile, den man aus dem Ausschlag der Magnetnadel n s erkennt. Derselbe wird um so größer, je größer die Temperaturdifferenz ist. Für kleine Temperaturdifferenzen ist die den Strom erzeugende elektromotorische Kraft proportional der Temperaturdifferenz. Durch andre Metalle werden bei gleicher Erwärmung größere oder kleinere Ausschläge erhalten, da sich die Metalle in eine Spannungsreihe einordnen lassen. Nimmt man aus der folgenden Reihe das voranstehende Metall als a b, das nachfolgende als k, so fließt der Strom bei Erwärmung der Lötstelle b in der Richtung der Pfeile der Fig. 1. Diese Reihe ist Wismut, Nickel, Kobalt, Platin, Kupfer, Quecksilber, Blei, Zinn, Gold, Silber, Zink, Eisen, Antimon. Der Strom wird um so stärker, oder was gleichbedeutend ist, die elektromotorische Kraft um so größer, je weiter die beiden Metalle in dieser Reihe voneinander abstehen. Sie beträgt z.B. 0,001 Volt für Wismut, Antimon bei 100° Temperaturdifferenz und nur 0,00075 Volt für Wismut, Kobalt. Noch etwas bessere Resultate erhält man durch Metallegierungen.
Thermoströme entstehen auch in einem Metalle, dessen Struktur an einer Stelle geändert wird. Hämmert man z.B. einen Eisendraht an einer Stelle und erwärmt diese, so zeigt ein mit den Drahtenden verbundenes Galvanometer einen Ausschlag. Wird in einen Draht eine Schleife geknüpft und der Draht in der Nähe der Schleife erwärmt, so entsteht im geschlossenen Stromkreis gleichfalls ein Strom. Kurzum, Thermoströme entstehen fast in jedem metallischen, geschlossenen [539] Kreise, wenn Temperaturdifferenzen in demselben auftreten, was bei feineren Messungen zu beachten ist. Sollen größere elektromotorische Kräfte erzeugt werden, so hat man mehrere Thermoelemente hintereinander zu schalten, wie die Fig. 2 zeigt. In derselben bedeutet A ein Antimon-, W ein Wismutstäbchen. Werden die ungeraden Lötstellen 1, 3 und 5 erwärmt, so zeigt das Galvanometer einen Strom an. Eine Vereinigung einer größeren Zahl solcher Elemente nennt man Thermosäule (Fig. 3).
Für pyrometrische Zwecke, insbesondere zur Bestimmung sehr hoher Temperaturen, Stellt man Thermoelemente aus Platin einerseits und einer Legierung von Platin mit 10% Rhodium anderseits her; die Ablesung erfolgt auf der Skala eines Galvanometers.
In den Thermosäulen findet eine unmittelbare Umwandlung von Wärme in Elektrizität statt, und es ist das Ziel sehr vieler Erfinder, haltbare Thermosäulen von hoher elektromotorischer Kraft und geringem inneren Widerstand herzustellen. Zu nennen sind besonders die Thermosäulen von Noë, Gülcher, Heil. Heil nennt seine Säule Dynaphor. Sie besteht aus den Metallen Antimon und Neusilber, die er nach einem besonderen Verfahren zusammenlötet. Die Dynaphore werden in zwei Ausführungen hergestellt, die eine geeignet zur Heizung mit Gas, Spiritus oder Petroleum, die andre zur Heizung mit Kohle. Nach Heil leidet ein Apparat 24 Watt bei einem Verbrauch von 1/2 cbm Gas.
Schickt man durch ein Thermoelement einen elektrischen Strom, so erleidet die Lötstelle eine Abkühlung (Peltiers Phänomen).
Literatur: Müller-Pfaundler, Lehrbuch der Physik, Braunschweig 1890; Heinke, Handbuch der Elektrotechnik, Bd. 3, Leipzig 1908; Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Leipzig 1903.
Holzt.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.