Bodenbeförderung

Bodenbeförderung

Bodenbeförderung. Je nach der Entfernung der Ablade- oder Verwendungsstelle des gewonnenen Bodens und je nach dem Umfang der betreffenden Erdarbeiten sind verschiedene Arten der Beförderung bei Erdbauten zur Anwendung gekommen. Man unterscheidet [1]: das Tragen, das Werfen, die Beförderung mit Schubkarren, zweirädrigen Hand- oder Kippkarren, mit Pferdekarren und auf Hilfsbahnen in besonderen Erdtransportwagen. In besonderen Fällen kommt auch die Beförderung auf schiefen Ebenen, den sogenannten Bremsbergen, seiner auf Drahtseilbahnen und der Wassertransport in Kähnen in Frage. (S.a. Massentransport.)

Das Tragen ist wohl die ursprünglichste Beförderungsweise; sie ist im Orient auch heute noch üblich und werden dort die Tragkörbe und Tragbahren von den Arbeitern den Schubkarren vorgezogen [2], Das Werfen mit der Wurfschaufel kommt überall dort in Betracht, wo kleine Massen auf kleine Weiten und Höhen zu befördern sind, also in schmalen Baugruben bis zu Tiefen von 4 m, bei Grabenaushebungen und bei Ausgleichungsarbeiten innerhalb desselben Profils. Als Anhaltspunkt mag dienen, daß ein Arbeiter etwa 10 cbm im Tag 2,5–3 m weit und 1,5–2 m hoch schaufeln kann. Schubkarren sind dort anzuwenden, wo man in der Breite beengt ist und wo die Beförderungswege noch keine bedeutende ist, also auf Entfernungen von etwa 100–200 m. Für geringe Weiten ist übrigens der Schubkarren stets am vorteilhaftesten und namentlich beim Beginn einer Ausschachtung oder einer Abtragsarbeit kaum zu umgehen. Um den Arbeitern das Schieben zu erleichtern, werden Bohlen von 0,21 m Breite und möglichst[102] großer Länge gelegt, die am besten aus Buchen- oder Eichenholz herzustellen und an den Enden gegen ein Zersplittern mit Bandeisen zu umnageln sind. Tannen- und Kiefernholz splittert seiner Längsfasern wegen zu leicht. Das stärkste zulässige Gefälle für diese Karrdielen beträgt 1/10 der Länge. Doppelte Bahnen zum Hin- und Zurückfahren sind sehr bequem, aber teuer. Vorteilhaft ist die Anordnung zweier oder mehrerer geschlossener Arbeiterkolonnen, für die an geeigneten Stellen Ausweichplätze anzulegen sind. Die tägliche Leistung eines Arbeiters mit der Schubkarre ist = J x, wenn J den Karreninhalt in Kubikmetern und x die Zahl der täglichen Fahrten bezeichnet. Wird als größter täglicher Gesamtweg eines Arbeiters bei zehnstündiger Arbeitszeit eine Strecke von 30 km angesehen, bezeichnet ferner l die Beförderungsweite (Transportlänge) in Metern, und wird der jedesmalige Aufenthalt beim Laden und Abstürzen bei jeder Fahrt zu 1,5 Minuten oder 1/400 Arbeitstag angenommen, so ist x = 30000/(2l + 75). Der Karreninhalt J schwankt zwischen 0,04–0,07 cbm fester Erde und 0,03–0,055 cbm gewachsenen Felsbodens im Abtrag gemessen. Im Durchschnitt kann man auf 1 cbm gewachsenen Stichboden 15–16 Karrenladungen, bei Fels 17–18 solcher rechnen.

Handkippkarren sind bei Beförderungsweiten von über 150–600 m, bei denen die Schubkarrenbeförderung schon zu teuer wird, verwendet worden. Das Gefäll der Fahrbahn, die durch Bohlen von 8–13 cm Stärke oder durch m ⊔-Eisen von 13 cm Breite zweigleisig hergestellt wird, darf, bei Verwendung von zwei Arbeitern für eine Karre, eine Neigung von 1 : 100 nicht überschreiten. Für die leere Rückfahrt werden meist keine Fahrbohlen verlegt. Kolonnen werden nicht gebildet, so daß die zu einer Karre gehörenden Arbeiter unabhängig von den andern arbeiten und die fleißigeren daher mehr verdienen können, da nach geförderter Karrenzahl bezahlt wird. Die Arbeitskraft wird dadurch allerdings am besten ausgenutzt, häufig jedoch überanstrengen sich dabei die Arbeiter. Die Leistung läßt sich wie beim Schubkarren berechnen, nur sind für jede Fahrt etwa 8 Minuten Zeitverlust für das Abstürzen, Wenden und Laden anzunehmen, so daß die Anzahl der täglich von einer Arbeitergruppe geförderten Karren x = 30000/(2l + 400) = 15000/(l + 200) zu setzen wäre. Der Laderaum einer Karre enthält meist 0,5 cbm losen Boden, was 0,34 cbm fester Erde oder 0,28 cbm festem Gestein im Abtrag gemessen entspricht. Hier kommen also auf 1 cbm gewachsenen Stichboden 3 Karrenladungen, bei Fels 3,5 Ladungen.

Die Pferdekarrenbeförderung unterscheidet sich von der vorigen durch die Verwendung von Zugtieren statt der Menschenkraft, was namentlich bei größeren Beförderungsweiten und größeren Steigungen als 1 : 100 gerechtfertigt erscheint. Um durch die der Zugkraft eines Pferdes entsprechende größere Erdmasse die Karren selbst nicht zu schwerfällig zu machen, hat man einfach mehrere zweirädrige Karren an einen mit dem Pferde bespannten Vorderwagen gehängt und sie am Ent- und Beladeorte von je zwei oder drei Arbeitern bedienen lassen, so daß mit Ausnahme der Pferdetreiber die Arbeiter selbst nur am Gewinnungsorte mit der Bodenlösung und Belastung und am Verwendungsorte mit der Wagenentleerung und Einebnung (Planierung) beschäftigt sind. In neuerer Zeit wird diese Beförderungsart übrigens nur selten verwendet, da sie gegenüber den vollkommeneren Beförderungsweisen auf Hilfsbahnen wohl kaum Vorteile bietet. Die letzteren werden daher stets anzuwenden sein, wo es sich um Beförderung großer Erdmassen auf größere Entfernungen handelt und diese Verhältnisse die Legung von Schienengleisen und die Anschaffung des Betriebsmaterials rechtfertigen (s. Erdförderwagen).

Zur Ueberwindung großer Höhenunterschiede sind für die Bodenbeförderung sogenannte Bremsberge in Form schiefer mit Gleisen versehener Ebenen angewendet worden; Drahtseilbahnen [3] kommen hauptsächlich dort in Frage, wo das zwischen dem Gewinnungs- und Verwendungsorte liegende Gelände nicht zur Herstellung von Zufahrtsstrecken zu verwenden ist.

Die Beförderung in Kähnen kann naturgemäß nur da Verwendung finden, wo ein Wasserweg zur Verfügung steht und größere Erdmassen auf größere Entfernungen zu befördern sind, wie dies bei Dock-, Hafen- und Kanalbauten vorkommt. So sind z.B. beim Bau des Kaiser Wilhelm-Kanals für die Dammschüttungen im Flemhuder See Kähne benutzt worden, die das aus den Einschnitten gewonnene Baggergut über die auszuschüttenden Stellen führten und dort durch Aufklappen des Bodens entleert wurden. Bei Eisenbahnbauten und bei der Anschüttung von Landdämmen ist dabei in der Regel noch eine besondere Beförderung von der Gewinnungsstelle zum Kahn und von letzterem an den Verwendungsort erforderlich.


Literatur: [1] Handb. d. Ing.-Wiss., Leipzig 1897, 3. Aufl., 1. Bd., 3. Kap., S. 44; Henz, Anleitung zum Erdbau, Berlin 1874, 3. Aufl., S. 83 u. 163; Handbuch der Baukunde, 3. Abt., 4. Heft, S. 13, 49, 56, 59. – [2] Zeitschr. d. Aren.- u. Ing.-Ver. zu Hannover 1867, S. 132, und Deutsche Bauztg. 1882, S. 492 u. 504. – [3] Erdtransport beim Straßburger Festungsbau, Bleichert, Deutsche Bauztg. 1877, S. 269.

L. v. Willmann.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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