- Eisenbahnabrechnungsbureau
Eisenbahnabrechnungsbureau. Abrechnungsbureaus der Eisenbahnen haben die Aufgabe, die aus den Verkehrsbeziehungen der Eisenbahnen hervorgehenden gegenseitigen Geldforderungen und zwar namentlich Wagenmieten, Wagenausbesserungskosten, Einnahmen und Erstattungen an Fahrgeld und Fracht sowie Schadenersatzleistungen und sonstige Auslagen für regelmäßig wiederkehrende Zeiträume, meist für den Kalendermonat, festzustellen, unter Umständen auch gegeneinander aufzurechnen und auszugleichen.
Für den gegenseitigen Verkehr der Eisenbahnen Großbritanniens untereinander und mit den irländischen Eisenbahnen (für den inneren Verkehr Irlands besteht ein besonderes Bureau in Dublin) finden sich alle diese Geschäfte bei dem seit 1842 begehenden Railway Clearing House in London vereinigt, das von einem aus Delegierten aller beteiligten Bahnen gebildeten Ausschuß geleitet wird und auch die Aufgabe hat, reglementarische Bestimmungen zu treffen und in Streitfällen schiedsgerichtlich zu entscheiden. Die gegenseitigen Geldforderungen der Eisenbahnen werden von ihm nicht nur festgestellt, sondern auch zu einer Hauptbilanz zusammengefügt aus der für jede Bahn nur ein Posten übrigbleibt, der entweder Guthaben oder Schuld ist und durch Mitteilung der Saldi an den Bankier des Clearing House auch beglichen, so daß jede Barzahlung entfällt. Im übrigen Europa sind die Abrechnungen aus der gegenseitigen Wagenbenutzung, soweit bekannt, überall andern Abrechnungsbureaus übertragen wie diejenigen aus dem Personen- und Güterverkehr. Die Feststellung der aus dem Verkehr hervorgehenden Geldforderungen geschieht entweder durch die Verkehrskontrolle (s. Eisenbahnverkehr) einer der beteiligten Eisenbahnen oder durch eines der großen Verkehrsabrechnungsbureaus, wie solche in Bromberg, Hannover, München, Straßburg, Wien, Szegedin, Belgrad, Paris u.s.w. bestehen. Von diesen Bureaus wirken aber nur einzelne, wie Belgrad und Wien, durch Aufstellung von Hauptbilanzen (s. oben) zugleich als Ausgleichungsbureaus; im übrigen geschieht die Aufstellung der ausgleichenden Hauptbilanzen durch besondere Ausgleichungsbureaus, von denen außer der namentlich wichtigen Vereinsabrechnungsstelle in Berlin z.B. noch die Bureaux de compensation in Brüssel und Paris zu nennen sind. In Rußland rechnen die Endbahnen ab und melden die Ergebnisse bei der Kaiserlichen Bank an, bei der jede der beteiligten Bahnen ein Konto besitzt, so daß durch die Buchung bei der Bank auch schon die Beträge beglichen werden und folglich jede Barzahlung entfällt.
Die Abrechnung der Forderungen aus der gegenseitigen Wagenbenutzung ist auf eine größere Zahl von Abrechnungsbureaus zersplittert. Doch werden die Ergebnisse der Abrechnungen dann größtenteils bei Zentralabrechnungsbureaus zusammengefaßt, von denen die Zentralwagenkontrolle in Magdeburg (zugleich Zentralwagenabrechnungsbureau der preußisch-hessischen Staatsbahnen), die für den größten Teil des mitteleuropäischen Wagenverkehrs wirkt, ihren monatlichen Abschluß der Vereinsabrechnungsstelle in Berlin (s. oben) zur Mitberücksichtigung in ihren Ausgleichungen übersendet.
Literatur [l] Loehr, Aug. Ritter v., De la question des Clearing houses ou bureaux de[276] liquidation, Bulletin de la Comm. Intern, des C. d. s. 1900, S. 1928 ff., Brüssel. [2] Cauer, Betrieb und Verkehr der vereinigten Preußischen und Hessischen Staatsbahnen, Teil 1 und 2, Berlin 1897, 1903.
Cauer.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.