Fassade

Fassade

Fassade wird die Ansicht einer Gebäudeaußenseite oder die geometrische Aufzeichnung derselben genannt; wir unterscheiden: Vorder- oder Hauptfassade, welche die Straßenansicht, sodann Seitenansicht, welche die Außenseite der seitlichen Teile des Gebäudes darstellt; außerdem auch Hinter-, Hof- und Gartenfassade. In ästhetischer Beziehung soll die Fassade den Zweck und die Bestimmung des Gebäudes aussprechen, also den geistigen Inhalt der Innenräume in der Gesamtheit des äußeren Aufbaus zum Ausdruck bringen. Zunächst wird dies durch die formale Gliederung sowie die Gruppierung erzielt werden. Wenn bei dem einfachen Haus das Rechteck im Grund- und Aufriß genügt, so[645] wird bei einem großen Gebäude besser eine Trennung in mehrere Teile und Zusammensetzung derselben zu einem Ganzen erfolgen, um hierdurch den verschiedenen Zwecken des Innern auch äußerlich entsprechende Gestalt zu geben.

Diese Gliederung tritt sowohl in horizontalem wie in vertikalem Sinne ein. In ersterem zerfällt das Gebäude in mindestens drei Teile, die in bestimmter Ordnung und Reihenfolge stehen: a) den Unterbau oder Sockel (s.d.); b) den Oberbau, aus einem oder mehreren Zwischenteilen, den sogenannten Geschossen (s.d.) (auch Stockwerk); c) Bekrönung oder Gesims (s.d.), das sowohl für einzelne Teile wie für das Ganze anzuordnen ist. – In zweiter Linie erfolgt eine Gliederung durch a) die Achsenstellung, indem die Oeffnungen der Türen und Fenster (s.d.) mit den dazwischenliegenden Pfeilern (s.d.) abwechseln. Bei Erweiterung der Oeffnungen werden letztere zu Freistützen oder Säulen (s.d.), die den Innenraum als offene Halle (s.d.) erscheinen lassen; b) durch Gebäudevorsprünge und zwar ganzer Gebäudeteile, sogenannter Risalite oder Streben (s.d.), Eckpfeiler, Lesenen u.s.w.; c) Vorkragungen in Form von Erkern (s. S. 501 und [10]), Balkonen und Freitreppen (s.d.); d) Türme, Giebel (s.d.) und andre Aufbauten, z.B. der Attika (s.d.).

Hierbei ist der Fassade eine Ausbildung zugeben, die ein richtiges Abwägen der Massen gegeneinander, eine einheitliche Formgebung der Bauteile und Gliederungen, durch einen stilistischen Gedanken beherrscht zeigt, zugleich aber auch den verwendeten Baustoffen, sei es natürlicher oder künstlicher Stein, Putz, Holz oder Metall, Rechnung trägt, denen eine charakteristische Gestaltung innewohnt.

Zur Durchführung einer monumentalen Fassade boten sich zu allen Zeiten die natürlichen Steine (s. Bausteine, Bd. 1, S. 629) in erster Linie dar, sowohl in der Form glatter Werksteine oder zu Bossenwerk (Fig. 1; vgl. a. Bd. 2, S. 241) wie auch für Pilaster- oder[646] Säulenstellungen (Fig. 2 und 3). Auch der gebrannte oder Backstein (s.d. und [32]–[35]) in seinen verschiedenen Arten diente hierzu und führte zu eigentümlicher Gestaltungsweise (Fig. 4 und 5).

Bei den einfachen öffentlichen Gebäuden und Wohngebäuden findet der Putzbau seine Anwendung, wobei die Flächen der Umfassungsmauern mit Kalkputz bekleidet werden, während die Umfassungen der Oeffnungen, Eckpfeiler und Horizontalgliederungen aus Stein gebildet sind (Fig. 6). Eine reichere und künstlerische Behandlung des Fassadenputzes bildet das sogenannte Sgraffito (s.d.). – Fassaden in Holzbau (s. Holzwände, Fachwerkbau und Fachwand) sind vergänglicher Art und kommen besonders für ländliche und Villenbauten [36]–[39] und für vorübergehende Zwecke in Betracht; immerhin behaupten sie, trotz ihrer Feuersgefahr, für holzreiche Gegenden ihren Wert. – Fassaden in Metall bezw. Eisen sind nur für ganz besondere Zwecke, wie bei Ausstellungs- und Bahnhofshallen, Fabriken u. dergl. anwendbar, für Wohngebäude nicht. – Vgl. a. Amerikanische Bauweise, Bd. 1, S. 173.


Literatur: Ueber die Fassadenbildung zeigen sowohl Monographien wie Sammelwerke und Fachzeitschriften Vorbilder und Beispiele in überaus großer Anzahl. Der besseren Uebersicht wegen folgen die hervorragendsten, nach Zeit und Stoff geordnet: I. Monumentalbauten: [1] Handbuch der Architektur, 4. Teil, 1. Halbbd., Architektonische Komposition, 4. Abs., Gestaltung der äußeren und der inneren Architektur von Jos. Bühlmann, Darmstadt 1883. – [1 a] Palladio, Quattro libri della architettura, 2. Aufl., Vicenza 1776–83. – [2] Percier, C., et Fontaine P., Palais, maisons etc. de Rome, Paris 1798. – [3] Letarouilly, P., Edifices de Rome moderne ou recueil des palais, maisons etc., Paris 1868. – [4] Grandjean, de Montigny et Famin, Architecture toscane, Paris 1815. – [5] Raschdorff, J.C., Palastarchitektur von Toscana, Berlin 1888. – [6] v. Stegmann und v. Geymüller, Architektur der Renaissance in Toscana, München 1885 ff. – [7] Reinhard, R., Palastarchitektur von Genua, Berlin 1886. – [8] Schütz, A., Renaissance in Italien, 4 Bde., Hamburg 1882. – [9] Lambert & Stahl, Motive der deutschen Architektur des 16.-18. Jahrhunderts, Stuttgart 1890–93. – [10] Gerlach, M., Nürnbergs Erker, Giebel, Höfe u.s.w., Wien 1897. – II. Moderne städtische Wohngebäude: [11] Daly, M.C., L'architecture privée an XIX siècle sous Napoléon III, 3 Bde., Paris 1864. – [12] Licht, H., Architektur Deutschlands, Berlin 1882. – [13] Rückwardt, H., Architektur der Neuzeit, Berlin 1889. – [14] Ders., Architekturschatz, Berlin 1897. – [15] Ungewitter, G.H., Entwürfe zu Stadt- und Landhäusern, 2 Bde., Glogau 1869. – [16] Beisbarth u. Früh, Moderne Wohn- und Zinshäuser, Ravensburg 1900. – [17] Kick, W., Moderne Neubauten, Stuttgart. – III. Villen und Landhäuser (s. Landhaus weiter unten): [18] Stadt- und Landhäuser, Sammlung moderner Wohngebäude, Villen und Einfamilienhäuser, Berlin 1899. – [19] Münchener bürgerliche Baukunst der Gegenwart, München 1900. – [20] Wagner, O., Skizzen, Projekte und ausgeführte Bauwerke, Wien 1896. – [21] Lambert u. Stahl, Barock- u. Rokokoarchitektur der Gegenwart, Stuttgart 1894. – [22] Bethke, H., Stadt. Geschäfts- u. Wohnhäuser, Stuttgart 1886. – [22a] Krauth. Th., Meyer, F.S., Das Einfamilienhaus und seine Bauformen, Leipzig 1900. – [23] Großmann, E., Ausgeführte Familienhäuser, Ravensburg 1899; Einfache Wohnhäuser, Ravensburg 1897. – [24] Hoffmann, L., Neubauten der Stadt Berlin, 3 Bde., Berlin 1902–04. – [25] Rückwardt, H., Villenneubauten der Umgegend von Berlin, Berlin 1892–95. – [26] Villen und Landhäuser, Sammlung von kleineren ländlichen Wohnhäusern, Berlin 1885. – [27] Reinhold, A., Das ländliche Wohnhaus, Wien 1899. – [28] v. Kaufmann, Moderne Landhäuser, Stuttgart 1899. – [29] Heßling E., Villenkolonie Grunewald, Berlin 1900. – [30] Blocht, Ed., Fassadenalbum, Leipzig 1883. – [31] Hittenkofer, Sammelhefte für[647] den Selbstunterricht, Heft 41, Fassadenbau, Strelitz 1904.- IV. Backsteinbauten: [32] Backsteinbauten der Gegenwart, Berlin 1899. – [33] Haupt, A., Backsteinbauten der Renaissance in Norddeutschland, Frankfurt a. M. 1899. – [34] Mehl, E., Der Ziegelputzbau, Leipzig 1898. – [35] Chabat, G., La brique et la terre cuite, Paris 1883–91. – V. Arbeiterwohnhäuser (s.d.). – VI. Holz- und Fachwerkbauten (s. Holzwände). – [36] Ungewitter, G.H., Gotische Holzarchitektur, Berlin 1889. – [37] Bickell, L., Hessische Holzbauten, Marburg 1887 und 1891. – [38] Gros, Jacq., Skizzen für Wohn- und Landhäuser in Holzarchitektur, Zürich. – [39] Ders., Holzbauten, Chalets und verschiedene Schweizer-Architekturen, Stuttgart 1904. – [40] Graf, P., Neubauten in Nordamerika, Berlin 1897. – [41] Blocht, Ed., Fassadenalbum, Leipzig 1883. – [42] Hittenkofer, Sammelhefte f d. Selbstunterricht, Heft 41, Fassadenbau, Strelitz 1904.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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