Förderseile

Förderseile

Förderseile [1] werden im Bergbaubetriebe verwendet als Schachtförderseile bei der Bremsberg- und Haspelförderung und als Seile ohne Ende bei der Streckenförderung [2]. Die Schachtförderseile werden auch Treibeseile genannt, da Treiben und Fördern im Schachte oft gleichbedeutend gebraucht werden.

Erhöhte Aufmerksamkeit wird den Schachtförderseilen geschenkt, seitdem die Fahrung (s. Fahren) der Mannschaft in den Schächten vorzugsweise »am Seile« (man sagt auch »auf dem Gestelle«) stattfindet. Seile aus Pflanzenfaser (Hanf, Aloe) werden nur für weniger tiefe Schächte verwendet; sie sind teurer und erheblich schwerer als Drahtseile. Letztere werden in neuester Zeit vorwiegend aus Stahldraht gefertigt, und zwar als Rundseile und als Flach- oder Bandseile. Fig. 1 zeigt im Querschnitt die üblichste Ausführung eines Rundseiles für Schachtförderung; die Seillitzen bestehen aus einer Lage von Drähten und einem Hanffaden als Seele, auch die Seelenlitze im Seile ist aus Hans. Die Verwendung eines Drahtes als Seelenlitze und einer Drahtlitze als Seele im Seil (vgl. Fig. 2) ist für Förderseile nicht empfehlenswert, da hierdurch der Widerstand gegen Biegung vergrößert wird, auch ein stärkerer Verschleiß der Drähte durch Reibung aneinander stattfinden würde. Die allgemein übliche Art und Weise des Zusammenschlagens der Rundseile, bei welcher die Litze im Seile entgegengesetzte Drehung erhält als der Draht in der Litze, nennt man Kreuzschlag. Hierbei ist der Draht am Seilumfange stark abgebogen, und namentlich an Seilen für Strecken- und Bremsbergförderung tritt beim Schleifen auf der Sohle oder auf Rollen ein schnelles Abschleißen der Drähte ein; es ist daher für solche Seile das ursprünglich am Harz üblich gewesene Verfahren, die Drähte zur Litze und die Litzen zum Seile in demselben Sinne zusammenzuschlagen (Albertschlag, Gleichschlag), in neuerer Zeit angewendet worden. Die Drähte liegen dabei im Seile gestreckter und die mechanische Abnutzung verteilt sich auf eine größere Länge. Die Bandseile werden durch Nebeneinanderlegen schwacher, vierlitziger Rundseile und Vereinigen derselben durch Nähdrähte hergestellt; Fig. 3 zeigt ein aus sechs Rundfeilen bestehendes Bandseil im Querschnitt, n ist ein Nähdraht. Die sechs Rundseile sind abwechselnd, wie Fig. 4 schematisch zeigt, rechtsinnig und widersinnig zusammengeschlagen, um ein Zusammendrehen des Bandseiles zu vermeiden. – Vgl. a. Drahtseile.

Die Prüfung der zur Herstellung der Seile benutzten Drähte und auch der Förderseile während des Betriebes ist unter Drahtprüfungen (s.d.) eingehend beschrieben; erwähnt sei hier noch, daß außer Drahtzerreißmaschinen auch Seilzerreißmaschinen [3] für ganze Seile bis zu 80000 kg Beanspruchung gebaut worden sind. Die durch Prüfung der Bruchbelastung einerseits der einzelnen Drähte und anderseits des ganzen Seiles erhaltenen Zahlen haben übereinstimmende Ergebnisse geliefert. – Der Quotient aus der Bruchbelastung des Seiles, dividiert durch die größte Gebrauchsbelastung, ergibt die Seilsicherheit; dieselbe wird bei der Massenförderung gewöhnlich sechsfach, bei der Mannschaftsfahrung am Seil zehnfach bemessen. Förderseile sind beim Gebrauch gut zu schmieren, besonders dort, wo die Schachtwasser sauer sind; es leiden nämlich die Seile außer infolge der beim Rosten eintretenden Materialzerstörung auch noch dadurch, daß unter dem Einfluß sauren Wassers die von Ledebur [4] untersuchte Beiz- und Rostbrüchigkeit oder -sprödigkeit auftritt und die Biegungsfähigkeit der Drähte vermindert. Auch wegen des Vorkommens von Drahtbrüchen, die allerdings nur, wenn sie an der Außenseite liegen, beobachtet werden können, sind die Seile des öfteren genauer Durchsicht zu unterwerfen. Da diese für das Auge ungemein ermüdend ist, so wendet man jetzt die Handprobe an. Läßt man nämlich das Seil langsam durch einen Flausch Hanf, den man in die Hand nimmt, hindurchlaufen, so macht sich jeder Drahtbruch dadurch bemerklich, daß die herausstehenden Drahtenden die Hanffasern erfassen. – Die patentverschlossenen Seile, die in der aus Bd. 3, S. 39, Fig. 18–20, ersichtlichen Weise ausgeführt werden, haben bei gleichgroßem tragenden Querschnitte erheblich kleineren Durchmesser als die aus Litzen gefertigten Seile; sie werden zurzeit versuchsweise als Schachtförderseile, außerdem aber auch für Streckenförderung verwendet.

Für tiefe Schächte fällt das Seilgewicht sehr bedeutend aus; mit Rücksicht darauf, daß das untere Seilende um das ganze Seilgewicht weniger belastet ist als das obere Seilende, hat man Versuche mit verjüngten [5], d.h. am unteren Ende schwächeren Schachtförderseilen gemacht. Dieselben werden derart hergestellt, daß zum oberen Seilstücke dicke Drähte verwendet und an diese nach und nach dünnere Drähte zur Verlängerung angelötet werden.

Zur Verbindung der Förderseile mit den Fördergestellen oder Fördergefäßen dient der Seilbund, der am häufigsten als Zwingen- oder Wickelbund (s. Schachtförderung) ausgeführt wird; die zeitweilige Verbindung der Hunde mit den zur Streckenförderung benutzten Seilen geschieht mittels der englischen Seilgabel.


Literatur: [1] Hrabak, J., Die Drahtseile, Berlin 1902. – [2] Treptow, E., Grundzüge der Bergbaukunde, Wien 1903, S. 224. – [3] Gstöttner, A., Die Materialprüfungsmaschine in Pribram, System Pfaff, Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwes. 1890, S. 278. – [4] Ledebur, A., Versuche über die Beiz- und Rostsprödigkeit des Eisens und Stahls, Berlin 1890. – [5] Habermann, C., Anwendung verjüngter Förderseile beim Pribřamer Bergbau, Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwes. 1890, S. 404.

Treptow.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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