Halbseidenfärberei

Halbseidenfärberei

Halbseidenfärberei. Die Unterscheidung zwischen halbseidenen Geweben aus Seide und Baumwolle und solchen aus Seide und Wolle involviert eine abweichende Behandlung der beiden Gewebsarten beim Färben.

I. Färberei von Geweben aus Seide und Baumwolle. Während man infolge des verschiedenen Verhaltens der meisten Farbstoffe zu Seide und Baumwolle früher genötigt war, die Fasern vor dem Verweben jede für sich im Strang zu färben, ist man jetzt in der Lage, der rohen gewebten Ware eine gleichmäßige Färbung zu erteilen. Das durch Sengen, Spülen, Entbasten in Seifenlösung, Spülen und Säuern vorbereitete Gewebe wird mit den auch auf Seide ziehenden direkten Baumwollfarbstoffen nach dem Einbadverfahren gefärbt. Das Färben vollzieht sich meist auf der Haspelkufe, bei dunkeln Nuancen auch auf dem Jigger. Dem Färbebad werden auf 10 l Flotte für helle Töne 2 g calcinierte Soda und 20 g Seife, für mittlere und dunkle Töne 2 g calcinierte Soda, 12–20 g Seife und 40–50 g Kochsalz hinzugesetzt. Da die meisten direkten Baumwollfarbstoffe unterhalb des Kochpunktes aufziehen, so genügt es in den meisten Fällen, während einer halben Stunde bei 80–90° C. zu färben und nach Absperrung des Dampfes die Ware im erkaltenden Bade noch eine weitere halbe Stunde umzuziehen. Dem Färben mit diesen Farbstoffen folgt in der Regel die Operation des Uebersetzens der Färbung mit basischen und sauern Farbstoffen. Die basischen Farbstoffe färben sowohl Seide als Baumwolle, die sauern meist nur die Seide. Das Uebersetzen wird zweckmäßig in einem mit 5% Essigsäure beschickten Bade bei 40° C ausgeführt. Einige direkte Baumwollfarbstoffe lassen sich auf der Faser diazotieren und zu neuen Farben entwickeln. Dieses Verfahren, das genau wie auf Baumwolle gehandhabt wird (vgl. Entwicklungsfarben), ist auch in der Halbseidenfärberei einer allgemeineren Anwendung fähig. Indem man die Tatsache berücksichtigt, daß einige direkte Baumwollfarbstoffe nur die Baumwolle färben und die Seide fast farblos lassen, kann man zweifarbige Färbungen, sogenannte Changeanteffekte auf Halbseide in der Weise erzielen, daß man dieselbe erst mit dem betreffenden Azofarbstoffe färbt und dann mit Säurefarbstoffen unter Zusatz von 3% Schwefelsäure oder 5% Essigsäure nachfärbt. Bedient man sich nicht der direkten Baumwollfarbstoffe, so stehen für Seide saure und basische Farbstoffe, für Baumwolle vorwiegend nur letztere zu Gebote. Das Färben wird daher im allgemeinen in zwei Bädern vorgenommen. Im ersten Bade wird die Seide etwas tiefer angefärbt, als die gewünschte Nuance erheischt, während die Baumwolle nur schwach angefärbt erscheint. Nach dem Färben der Seide wird die Baumwolle durch mehrstündiges Einlegen der Ware in ein kaltes Bad von 10% Tannin mit Gerbsäure gebeizt und letztere nach dem Trocknen und Passieren der Stücke durch Wasser durch halbstündiges Verweilen in einem kalten Brechweinsteinbade fixiert. Die gebeizte Baumwolle färbt sich nun in einem kalten, mit der Lösung eines basischen Farbstoffes versetzten Bade an. Auch nach diesem Verfahren lassen sich zweitönige Färbungen erreichen.

II. Färberei von Geweben aus Seide und Wolle. Man wählt zum Färben dieser Warengattung für einfarbige Töne solche Farbstoffe, die für die Wolle am geeignetsten sind, weil sich für Seide so ziemlich alle Farbstoffe verwenden lassen. Die Bäder werden gewöhnlich leicht mit Schwefelsäure angesäuert, das Färben wird bei 90–100° C. vorgenommen. Einige direkte Baumwollfarbstoffe, wie Thioflavin S, Diaminorange B, Diaminscharlach, Diamingrün, Halbwollschwarz, die sich für diesen Artikel geeignet erwiesen haben, werden unter Zusatz von Glaubersalz während einer halben Stunde bei Siedetemperatur aufgefärbt, worauf man die Stücke im erkaltenden Bade so lange laufen läßt, bis die Seide genügend gedeckt ist. Zur Erzielung tiefer Farbentöne ist auf kurze Flotte zu halten. Bezüglich der Einzelheiten s. Literatur.


Literatur: [1] Steinbeck, Bleichen und Färben der Seide und Halbseide, Berlin 1895. – [2] Ganswindt, Theorie und Praxis der modernen Färberei, Leipzig 1903.

R Möhlau.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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