- Interferenz
Interferenz, das Zusammenwirken verschiedener Wellenbewegungen in ein und demselben schwingenden Mittel nach dem Gesetz der Superposition der Wellen, nach welchem der Ausschlag eines schwingenden Punktes gleich der algebraischen Summe der durch die einzelnen Wellen erzeugten Ausschläge ist.
Eine Interferenzerscheinung ist die Bildung sogenannter stehender Wellen beim Zusammentreffen des reflektierten mit dem fortschreitenden Teil eines Wellenzugs (s. Wellenbewegung). Solche stehende Wellen bieten die Wellenbewegung des Wassers, die der Luft in Pfeifen, schwingenden Saiten und Platten (s. Schall). O. Wiener [4] hat selbst stehende Lichtwellen durch Reflexion an Silberspiegeln erzeugt und die Lage der Schwingungsknoten nachgewiesen, wie auch die Wellenlängen elektrischer Schwingungen bei den Hertzschen Versuchen mittels solcher durch Reflexion und Interferenz erzeugten Sehenden Wellen gemessen werden.
Gleichgerichtete Wellenzüge gleicher Länge werden sich durch Interferenz zu einer fortschreitenden Welle verstärken, wenn sie mit gleichen Schwingungsphasen zusammentreffen, sich schwächen oder vernichten bei entgegengesetzten zusammentreffenden Phasen. Das zeigen Versuche mit Schallwellen innerhalb in ungleiche Aeste sich verzweigenden und wieder vereinigenden Röhren. Sich schief durchschneidende Wellenzüge erzeugen ebenfalls stehende Wellen mit Schwingungsknoten und Schwingungsbäuchen. Zwei gleichzeitig ins Wasser geworfene Steine bilden an der Oberfläche zwei Systeme von Kreiswellen, durch deren Interferenz (vgl. die Figur) sich zwei orthogonale Systeme von Ellipsen und Hyperbeln als Knotenlinien ausbilden, durch welche die Wasseroberfläche in stehend auf- und abschwankende Maschen mit je entgegengesetzten Phasen benachbarter Vierecke geteilt wird., In ähnlicher Weise erzeugen bei dem Interferenzversuch Fresnel die von zwei parallelen Lichtspalten ausgehenden Lichtwellen ein System divergierender hyperbolischer Knotenebenen, die bei genügender Entfernung von den Lichtquellen so weit auseinander treten, daß ihre Entfernung mit der Lupe gemessen werden kann (s. Fresnels Spiegelversuch; weiteres in [1][3]).
Die Farben dünner Blättchen durchsichtiger Substanzen sind Interferenzerscheinungen. Das an der vorderen und hinteren Fläche eines dünnen Blättchens reflektierte weiße Licht, welches parallel einfallende Strahlen erzeugt, bildet nach der Reflexion zwei interferierende Wellensysteme, deren eines gegen das andre um einen Phasenunterschied verspätet ist, dessen Betrag vom Einfallswinkel, von der Blättchendicke, von dem Brechungsvermögen des Blättchens und besonders von der Wellenlänge λ abhängt. Bei unendlich dünnen Blättchen beträgt er doch noch 1/2λ, weil bei einer der beiden Reflexionen eine Phasenumkehr stattfindet. Blättchen, deren Dicke unter 1/4λ liegt, erscheinen daher im reflektierten homogenen Lichte schwarz (im durchgehenden hell), an keilförmigen Blättchen mit wachsender Dicke leicht zu beobachten, zuerst hell, wenn die ganze Wegdifferenz der zwei Systeme von Wellen 1/2λ beträgt, dann dunkel bei der Wegdifferenz λ u.s.w. Da der Abstand der hellen und dunkeln Streifen des Keils von λ abhängt, so decken sich die durch verschiedene Wellenlängen weißen Lichtes gebildeten Streifen nur an der Kante des Keils und verbinden sich zu um so mannigfaltiger gemischtem Licht, je dicker die betrachtete Stelle des Keils ist. Man erkennt so, daß nur dünne Blättchen farbig erscheinen und die Farben um so gesättigter sind, je dünner die Blättchen. Newton hat sich in sehr einfacher Weise ein keilförmiges Blättchen gebildet, indem er eine schwach[205] konvexe Linse auf eine ebene Glasplatte legte. Die zwischen beiden Gläsern enthaltene Luftschicht bildet ein von dem Berührungspunkte aus zuerst langsam, dann rascher sich verdickendes Blättchen, welches die Newtonschen Farbenringe zeigt. Beobachtungen bei homogenem Licht lassen aus dem Radius und der Ordnungszahl eines Rings und dem Krümmungsradius der Linse die Lichtwellenlänge berechnen. Ueber weitere Interferenzerscheinungen s. Licht, Zirkularpolarisation, über Schallwelleninterferenz s. [5]
Literatur: [1] Arago, Remarques sur l'influence mutuelle etc., Ann. de chim. et de phys., 2. Aufl., Bd. 1, S. 133, 1816. [2] Quincke, G., Ueber die verschiedenen Methoden, Lichtstrahlen interferieren zu lassen, Poggend. Ann., Bd. 132, S. 29, 1867. [3] Weber, H.F., Die wahre Theorie der Fresnelschen Interferenzerscheinungen, Wiedem. Ann., Bd. 8, S. 407, 1879. [4] Wiener, O., Stehende Lichtwellen und Schwingungsrichtung des polarisierten Lichts, Wiedem. Ann., Bd. 40, S. 103, 1890. [5] Frick-Lehmann, Physikalische Technik, 7. Aufl., Braunschweig 1905, I, S. 1500.
Aug. Schmidt.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.