Antimonsulfide

Antimonsulfide

Antimonsulfide. Das Antimon bildet zwei Sulfide: das Trisulfid Sb2S3 und das Pentasulfid Sb2S5.

Antimontrisulfid Sb2S3, Mol.-Gew. 336, besitzt je nach seiner Bildungsweise verschiedene Eigenschaften. Das Naturprodukt, der Grauspießglanz, bildet dunkelgraue strahlig kristallinische Massen von sehr niedrigem Schmelzpunkte. Die künstlich hergestellten Handelssorten des Trisulfides zeigen orangerote, gelbrote und reinrote Farbentöne; sie gehen sämtlich beim Erhitzen über 200° in die schwarze kristallinische, natürliche Modifikation über. In ihren chemischen Eigenschaften weichen die Trisulfide kaum voneinander ab. Bei gewöhnlicher Temperatur atmosphärischen Einflüssen gegenüber sehr beständig, verbrennen sie leicht beim Erhitzen an der Luft. In Wasser sind sie unlöslich, in starken Säuren und den Lösungen der Alkalihydrate, Alkali- und Erdalkalisulfide unter Bildung von Salzen löslich. Je nach der Entstehung unterscheidet man:

1. Schwarzes Schwefelantimon, Antimonium crudum, reiner Grauspießglanz oder das aus unreinen Erzen durch Saigerung erhaltene reinere Sulfid. Die zur Gewinnung eines einigermaßen reinen Produktes meist erforderliche Saigerung wird in zylindrischen oder ausgebauchten tönernen Gefäßöfen ausgeführt, die direkt in einer Feuerung oder auf dem Herde eines Flammofens so angebracht sind, daß die aus einer Bodenöffnung der Saigergefäße ablaufenden geschmolzenen Massen in ein untergestelltes (bei den heiseren Oefen fahrbares) Gefäß ablaufen können. Das erstarrte, mit allen chemischen Verunreinigungen des Antimonsulfides behaftete, auch von mechanischen Verunreinigungen nicht ganz freie Saigerungsprodukt findet Verwendung: zur Antimongewinnung, zur Darstellung von Antimonverbindungen, in der Feuerwerkerei, bei der Herstellung von Zündmasse (schwedische Zündhölzer), in der Glasfabrikation (Rubinglassatz) u.s.w.

2. Amorphes Dreifachschwefelantimon. Farbe orange- bis braunrot. Darstellung: Durch Fällung von sauren Aritimonsalzlösungen mit Schwefelwasserstoff (wird fast nur in Laboratorien ausgeführt) entsteht ein orangerotes, in der Technik kaum benutztes Produkt. Durch Lösen von Grauspießglanz in Alkalihydraten, Erdalkali- oder Alkalisulfiden, Erdalkalisulfiden und Zersetzung des entstehenden Sulfosalzes (Natriumsulfantimoniit) mit Säuren wird ein als oxydfreier Mineralkermes bekanntes Produkt von braungelber Farbe erhalten. Der eigentliche Mineralkermes ist ein mit wechselnden Mengen Oxyd gemischtes Produkt, das sich aus einer mit Antimontrisulfid übersättigten Alkalilösung beim Erkalten derselben abscheidet. Anwendung: als Heilmittel.

3. Antimonzinnober. Farbe: tiefes, feuriges Rot. Darstellung: Beim Erwärmen einer mit Natriumthiosulfat (Antichlor) gemischten sauren Antimonsalzlösung scheidet sich ein anfangs gelbes, bald tief rot sich färbendes Trisulfid ab:

2SbCl3 + 3Na2S2O3 + 3H2O = Sb2S3 + 3Na2SO4 + 6HCl.

Er findet als Malerfarbe und bei der Vulkanisierung von Kautschuk Anwendung.

[243] Antimonpentasulfid Sb2S5 im Handel unter dem Namen Goldschwefel bekannt, bildet ein feurig orangerotes, amorphes Pulver, das sich beim Erhitzen über 200° unter Abgabe von Schwefel schwärzt, also in Trisulfid übergeht. Es löst sich in Säuren unter Schwefelabscheidung, in Alkalihydraten und -sulfiden ohne Rückstand. Zu seiner Gewinnung stellt man sich durch Lösen von Alkali- oder Erdalkalisulfiden, Schwefel und Grauspießglanz ein Sulfantimoniat her und zersetzt dasselbe, indem man die kalte Lösung in verdünnte Schwefel- oder Salzsäure einfließen läßt:

Sb2S3 +S2 + 3Na2S = 2Na3SbS4

2Na3SbS4 + 3H2SO4 = Sb2S5 + 3H2S + 3Na2SO4

Der so erhaltene Niederschlag von Pentasulfid wird abfiltriert, gewaschen, gepreßt, getrocknet, naß vermählen, nochmals getrocknet, trocken gemahlen und verpackt. Anwendungen: zum Vulkanisieren von Kautschuk, in geringeren Mengen auch als Heilmittel. Beide Antimonsulfide bilden eine Reihe von technisch wichtigen Doppelverbindungen und Schmelzprodukten, von denen folgende erwähnt sein mögen:

1. Die Sulfosalze, Doppelsalze der Antimonsulfide mit den Alkali- und Erdalkalisulfiden wurden schon mehrfach erwähnt. So entsteht ein fast nur in wässeriger Lösung bekanntes Salz, das Natriumsulfantimoniit bei der Behandlung von Grauspießglanz mit einer Lösung von Schwefelnatrium behufs elektrolytischer Antimongewinnung und behufs Darstellung des amorphen Trisulfides:

Sb2S3 + 3Na2S = 2Na3SbS3.

Das Natriumsulfantimoniat Na3SbS4, das schon oben bei der Darstellung des Pentasulfides erwähnt wurde, läßt sich auch durch Verdampfen seiner wässerigen Lösung leicht kristallisiert erhalten. Es bildet gelbe, durchsichtige, große Kristalle von der Zusammensetzung Na3SbS4 + 9 H2O und führt als solches den Namen schlippes Salz (Rohstoff für die Goldschwefelfabrikation).

2. Antimon-(Spießglanz-) Glas, eine dunkelrote, glasähnliche, durchsichtige Masse, die durch Zusammenschmelzen von Antimonoxyd (geröstetem Spießglanz mit Schwefelantimon) entsteht und bei der Raffination von Antimon, sowie bei der Glasfabrikation (Rubinglassatz) Verwendung findet.

3. Unter dem Namen Spencermetall läßt sich ein durch Zusammenschmelzen von Spießglanz, Schwefel und Schwefeleisen (bezw. Schwefel und Eisen) erhaltenes Produkt in Gießereien zum Ausfüllen fehlerhafter Stellen in Eisengußwaren benutzen, da es in seiner Farbe dem Gußeisen ähnelt und sehr leicht schmelzbar ist.


Literatur: s. Antimon.

Bujard.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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