Lokomobilen [1]

Lokomobilen [1]

Lokomobilen sind fest mit ihren Dampfkesseln verbundene Dampfmaschinen auf beweglichen Trag- oder Fahrgestellen. Sie werden in Deutschland in der Regel mit ausziehbaren Röhrenkesseln (s. Bd. 2, S. 566), in England mit tiefer viereckiger Feuerbüchse und für Arbeitsleistungen von ca. 4–400 PS. gebaut. Sie werden für Kraftbetriebe aller Art, insbesondere für Pumpwerke, elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung und hauptsächlich in der Landwirtschaft verwendet. Die Ankaufskosten sind geringer als bei feststehenden Dampfmaschinen mit getrennter Kesselanlage und gleicher Leistung, weil bei diesen noch erhebliche Ausgaben für Schornstein, Kesselmauerung, Gründung u.s.w. hinzukommen.

Gutgebaute Lokomobilen verbrauchen nicht mehr Kohlen und Wasser als stehende Maschinenanlagen, verursachen also keinen höheren Betriebsaufwand; sie können für die verschiedensten Brennstoffe: Kohle, Koks, Holz, Oel, Lohe, Sägespäne, Stroh, Torf u.s.w. eingerichtet werden. Die aufgesetzte Dampfmaschine ist ein- oder zweizylindrig mit einfacher Dampfdehnung oder Verbundwirkung, mit oder ohne Dampfniederschlag, meist auf dem Kessel liegend angeordnet. Die Dampfspannung beträgt in der Regel 8 bis 10 Atmosphären. Auf die Lokomobilen finden in Deutschland die polizeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln Anwendung; überdies bestehen in den einzelnen deutschen Staaten besondere landesgesetzliche Bestimmungen. Die leichte Beweglichkeit der Lokomobilen sowie die kleine Raumbeanspruchung sind große Vorzüge, die ihnen eine wachsende Bedeutung sichern. Fig. 1 zeigt im Längenschnitt eine fahrbare Einzylinderlokomobile der Firma R. Wolf in Magdeburg-Buckau. Die Feuerbüchse mit den Siederohren kann nach hinten herausgezogen werden. Der Rost ist für Kohlenfeuerung, der Schornstein umlegbar hergestellt; zur Feueranfachung befindet sich im Schornstein ein Blasrohr wie bei den Lokomotiven, das den [199] Abdampf der Maschine auspufft. Fig. 2 stellt eine Zweizylinderverbundmaschine derselben Firma im Grundriß dar; Hochdruck- und Niederdruckzylinder liegen nebeneinander und werden getrennt gesteuert. Diese Anordnung wird auch von andern Werken in der Regel angewendet.

Abweichend hiervon ist die in Fig. 3 dargestellte Verbundlokomobile von Sack & Kießelbach in Düsseldorf mit zwei übereinander liegenden Zylindern; der obere liegt geneigt, der ankere wagerecht, beide auf die Achse gerichtet. Hierdurch wird die Trennung der Steuerungsorgane überflüssig und es genügt ein Grundschieber.

Fig. 4 zeigt eine Heißdampflokomobile von R. Wolf in Magdeburg-Buckau mit sogenannter Tandemverbundanordnung, Hoch- und Niederdruckzylinder hintereinander, beide Kolben auf derselben Stange, die nur eine Kurbel treibt. Der Ueberhitzer besteht aus einem Schlangenrohr, das in der Rauchkammer vor den Feuerrohren liegt, und einem Rohrbündel, das den Dampf bei Uebergang aus dem Hoch- in den Niederdruckzylinder nochmals erhitzt.

Die Kraftübertragung erfolgt bei allen Lokomobilen von einer auf die Schwungradwelle gesetzten Riemenscheibe aus. Hinsichtlich der Einzelheiten der Bauarten verweisen wir auf die Preislisten u.s.w. der Werke, unter welchen außer den genannten noch Lanz-Mannheim, Badenia-Weinheim, Lwowski-Halle a. S., Swiderski-Leipzig, Grob-Leipzig-Eutritzsch, Strube-Magdeburg-Buckau, Garrett Smith & Co.-Magdeburg genannt seien. In der Regel[200] verwendet man bis zu 10 PS. Einzylinderlokomobilen, darüber Zweizylindermaschinen, von 30 PS. ab mit Verbundwirkung, neuerdings auch Heißdampf. Bei reichlich vorhandenem Wasser wird Einspritzniederschlag verwendet, namentlich bei fest aufgestellten Lokomobilen. Der Verbrauch an guter Steinkohle für 1 Pferdestärkestunde beträgt bei kleinen Einzylindermaschinen 2 kg und mehr, bei größeren Verbundmaschinen 1,2–1,5 kg, bei Verb- und Wirkung und Dampfniederschlag 0,95–1 kg, bei Ueberhitzung, Verbundwirkung und Niederschlag 0,65–0,7 kg.

Wo Kohle schwer zu beschaffen und Stroh billig zu haben ist, wird bei, Benutzung der Lokomobilen zum landwirtschaftlichen Betrieb Strohfeuerung mit besonderer Speisevorrichtung verwendet. Vor der Heizöffnung befindet sich dann ein Stachelwalzenpaar, durch welches das in eine Lade gelegte Stroh in den Verbrennungsraum geschoben wird; eine Fallklappe ermöglicht das Anzünden. Beim Anfeuern wird die Speisung mittels einer Kurbel getrieben, später durch einen Riemen von der Maschine selbst besorgt. Um eine möglichst vollständige Verbrennung zu erreichen, verlängert man den Weg der Feuergase nach den Siederöhren dadurch, daß man in der ganzen Breite der Feuerbüchse eine Eisenplatte senkrecht aufstellt, welche in ihrer unteren Hälfte Zuglöcher besitzt. Dadurch wird eine vollständigere Verbrennung erzielt, die ein Viertel des Strohs sparen läßt, die Rohrwand geschützt und einer Verstopfung der Rohre vorgebeugt. Durch ähnliche Einrichtung kam Wolf-Buckau zu dem sehr geringen Verbrauch von nur ca. 6 kg Stroh für 1 Pferdestärkestunde bei Belastung mit 15 PS. Wolfsche Lokomobilen mit Petroleumfeuerung verdampfen mit 1 kg Petroleum 12 kg Wasser.

Hinsichtlich der Sicherheit des Betriebs wird bei allen Lokomobilen verlangt, daß die Pumpen gegen Verstopfen oder Einfrieren genügend geschützt sind, daß der Aschenkasten dicht ist, um mit Wasser gefüllt werden zu können, und daß die Lokomobile mit einem wirksamen Funkenfänger versehen sei. Für die Beförderung muß der Schornstein umgelegt werden können (Fig. 1). Erwünscht ist über der Lokomobile ein Blechdach, um sie einigermaßen vor Staub, Regen und fallenden Gegenständen zu schützen, auch dem Heizer Unterstand bei Regen zu gewähren. Dieses Dach kann dann auch zur Auflage einer Holzrinne dienen, welche man gern bei Regenwetter zum Schutz des Riemens bis zum Gebäude auflegt.

Der Wagen fahrbarer Lokomobilen muß stark gebaut sein; die Vorderräder sollen beim Wenden unter dem Kessel durchgehen; besonders stark müssen die mit Bremsen versehenen Hinterräder sein. Bei der Aufstellung ist schon mit Rücksicht auf die Erkennung des richtigen Wasserstandes und die Schonung der einzelnen Teile streng darauf zu sehen, daß die Lokomobile wagerecht fleht; außerdem muß sie fest aufgestellt werden, was am besten dadurch zu erreichen ist, daß die Räder auf keilförmigen breiten Unterlaghölzern, nicht auf dem Boden selbst ruhen. Bei Aufstellung in der Nähe von Gebäuden und Schobern muß der gesetzliche oder durch die Versicherungsgesellschaften vorgeschriebene Abstand (meist 5–6 m) eingehalten werden.

Bei Auswahl von Lokomobilen halte man sich an bewährte Erbauer, welche die nötige Gewähr bieten, beachte die obenangegebenen wichtigsten Anforderungen sowie die für den Betrieb der betreffenden Arbeitsmaschinen nötige Kraft und wähle die Lokomobile lieber etwas stärker als unbedingt notwendig, da man mit stärkeren vorteilhafter arbeitet. Sehr zweckmäßig ist es, die Lokomobile der Aufsicht eines Dampfkesselüberwachungsvereins zu unterstellen. Die Preise ergeben sich aus den Preislisten der einzelnen Firmen, auf welche wir verweisen. Hinsichtlich Dauerhaftigkeit, Betriebsaufwand, Amortisation des Anlagekapitals, Transportkosten u.s.w. der in der Landwirtschaft gebräuchlichen Lokomobilen verweisen wir auf die Angaben der Firmen.


Literatur: v. Taborsky, O., Konstruktion und Betrieb der Lokomobilen, Leipzig 1889; Lázar, L.P., Anleitung zur Behandlung der Lokomobilen, Berlin; Mueller jr., O.H., Dampfkessel und Dampfmaschinen auf der Milleniumsausstellung Budapest, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1896, S. 1310; Dubbel, H., Vortrag über Lokomobilen, ebend. 1901, S. 668; Beschreibung von Lokomobilen und Betriebsergebnisse an Lokomobilen, ebend. 1888, S. 773; 1891, S. 941; 1895, S. 321; 1901, S. 1066; 1904, S. 578; 1905, S. 189, 1147, 1191; 1906, S. 181, 313 ff.

† v. Borries.

Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
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http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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