Nadirhorizont

Nadirhorizont

Nadirhorizont. Als solchen bezeichnet man einen künstlichen Horizont, der entweder in Form eines Quecksilberhorizontes oder einer mittels Libellen horizontal gestellten spiegelnden Fläche gebildet wird und dazu dient, die Richtung nach dem Nadir zu bestimmen.

Die Verwendung eines solchen Horizontes zur Bestimmung einer Reihe von Instrumentalfehlern, nämlich der Neigung der Horizontalachse, des Kollimationsfehlers an Durchgangsinstrumenten sowie der Nullpunktsfehler an Vertikalkreisen, beruht darauf, daß man von den beleuchteten Fäden im Gesichtsfelde des Instruments nach Durchgang der von diesen kommenden Strahlen durch das Objektiv (wo sie parallel austreten) wieder in der gleichen Ebene (die Brennebene des Objektivs) ein Bild dieser Fäden erhält, wenn die Strahlen an einer ebenen, zur Visierrichtung senkrechten Fläche reflektiert und in das Objektiv parallel zurückgesandt werden. Eine Skizze des Strahlenganges gibt die nebenstehende Figur; a ist der die Lichtstrahlen aussendende Faden, O das Objektiv, H H der Nadirhorizont und b das von den reflektierten Strahlen erzeugte Bild. – Der halbe Unterschied zwischen vertikalem Mittelfaden und seinem Bild gemessen mit der Mikrometerschraube des Okularmikrometers und ausgedrückt im Bogenmaß ist in der einen Lage der Umdrehungsachse die Summe von Kollimationsfehler und Neigung dieser Achse, nach Umlegen derselben in den Lagern aber die halbe Differenz beider Fehler. Legt man also zwischen zwei solchen Messungen um, so kann man mittels des. Nadirhorizontes auch beide Fehler getrennt bestimmen. – Hat man anderseits die Neigung der Umdrehungsachse mittels einer Libelle bestimmt, so kann man auch ohne Umlegen des Instruments durch das geschilderte Verfahren den Kollimationsfehler finden, und umgekehrt bei bekanntem Kollimationsfehler die Neigung. Bringt man den Horizontalfaden mit seinem Spiegelbild zur Deckung und liest den Kreis ab, so gibt die Ablesung den Nadir- bezw. den Zenitpunkt desselben. Meist hat man an solchen Instrumenten zwei eng beieinander stehende Horizontalfäden; dann bringt man nicht die Deckung zustande, sondern die gegenseitige Halbierung des Zwischenraumes. Dadurch erhält man ein genaueres Resultat für den Nadirpunkt. Das Verfahren selbst ist zuerst von Bohnenberger angegeben worden [1], hat sich aber später besonders durch die vielfache Anwendung, die ihm Gauß gegeben hat (Autokollimation), in vielen Zweigen der Beobachtungskunst eingebürgert.

Die Formen, die man dem Nadirhorizont gegeben hat, sind sehr verschieden. Sie gehen alle darauf aus, entweder dem Quecksilberhorizont große Stabilität, Ruhe und Reinheit seiner Oberfläche zu beschaffen oder an Stelle desselben einer spiegelnden Fläche entweder durch Schwimmen auf Quecksilber oder mit Hilfe von Libellen eine absolut horizontale Läge zu geben und zu sichern. – Der früher als Nadirhorizont benutzte einfache Quecksilbertrog ist vielfach verbessert und vervollständigt worden; es mag hier nur auf die Einrichtungen von Gautier, Périgaud [2]–[4] und Kaiser (Leiden) [5] – besonders für den Transport eingerichtet – hingewiesen werden. Den Ersatz des Quecksilberhorizontes durch Spiegel hat besonders Beck (früher Riga, jetzt Zürich) [6] versucht. Auch hat man Einrichtungen geschaffen, welche im Zenit auf Quecksilberringschalen schwimmende Spiegel an die Stelle des eigentlichen Nadirhorizontes setzen (s. die Art. von Deichmüller [7]–[9]).


Literatur: [1] Neue Methode, den Indexfehler eines Höhenkreises zu bestimmen und die Horizontalachse eines Mittagfernrohrs zu berichtigen ohne Lot oder Libelle, Astron. Nachr. Nr. 89 (1826). – [2] Mouchez in Bull. Astron. (Tisserand), Bd. 5, beschreibt den Apparat von Gautier; über Périgauds Vorrichtung s. [3] Towne, Astronomie u.s.w., Bd. 1, Paris 1896, S. 190–192; ferner [4] Jabely und Simonin, Bull. Astron. (Tisserand), Bd. 13 (April 1896), S. 129; ferner ebend. (Oktober 1896), S. 416. – [5] Verhandelingen en berigten betrekkelijk het zeewezen etc. door Jacob Swart 1858, Nr. 3. – [6] Beck (Riga), Ueber einen Ersatz für den Quecksilberhorizont, Astron. Nachr., Bd. 132 (1892, Nr. 3149), S. 65. – [7] Ueber neue Nadirspiegel und künstliche Horizonte, ebend., Bd. 142, Nr. 23 (1897, Nr. 3407). – [8] Ueber eine neue Methode zur direkten Bestimmung des wahren Horizonts, Astron. Nachr., Bd. 143, Nr. 14 (1897, Nr. 3422). – [9] Neue Methode zur Bestimmung des wahren Kollimationsfehlers für fundamentale Rektaszensionen, ebend., Bd. 143, Nr. 14 (1897, Nr. 3422). – Abgebildet und beschrieben sind die meisten der in Benutzung befindlichen Horizonte in Ambronn, L., Astronomische Instrumentenkunde, Berlin 1898.

Ambronn.

Nadirhorizont

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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