Atmungsapparate [1]

Atmungsapparate [1]

Atmungsapparate ermöglichen das Arbeiten in Räumen, die mit zur Atmung ungeeigneten Luftarten erfüllt sind.

Die Verschlechterung der atmosphärischen Luft, die in reinem Zustande etwa aus 21 Volumprozent Sauerstoff, 79% Stickstoff und 0,04% Kohlensäure besteht, hat namentlich folgende Ursachen: Entweder mischen sich Staub und Rauch der Luft mechanisch bei, oder es wird der in der Luft enthaltene Sauerstoff durch Atmung und Verbrennungsprozesse aufgebraucht und in Kohlensäure (CO2) umgewandelt. Auch mischen sich im Bergbaubetriebe und in der chemischen Industrie der Luft die erwähnte Kohlensäure oder andre Gase bei, die schädlich auf den Organismus einwirken, wie Kohlenoxydgas (CO), Ammoniakgas (NH4), Schwefelwasserstoffgas (H2S), saure Dämpfe, der höchst entzündliche Benzindampf, Leuchtgas u.s.w. Die Atmungsapparate sind daher namentlich für die Feuerwehren (bei denen auch noch Schutz gegen strahlende Wärme in Frage kommt), für die chemische Industrie und für den Bergbaubetrieb von Bedeutung; ihre Bauart ist der Beschaffenheit der zu betretenden Räume, der Zeitdauer der Benutzung und der Natur des Luftgemenges angepaßt. Ist der Luft nur Staub und Rauch beigemengt, die chemische Beschaffenheit aber im übrigen saß unverändert, so genügt ein Filtrieren der Luft, um sie wieder atembar zu machen. Gewöhnlich wird in Glyzerin getränkte Watte lagenweise mit gewöhnlicher Watte in einem kleinen Behälter geschichtet, ein Mundstück führt die gereinigte Luft dem Munde zu, die ausgeatmete Luft entweicht durch ein Ventil ins Freie; die Nase wird entweder durch das Mundstück mit bedeckt oder durch eine Nasenklemme geschlossen. Derartige Apparate (Gesichtsmasken) gestatten den Aufenthalt in staubigen und rauchigen Räumen etwa auf die Dauer von 30 Minuten; sie werden mit leichten Riemen am Kopfe befestigt, zur Beleuchtung dient eine gewöhnliche Laterne. Sind der Luft dagegen schädliche Gase beigemengt, so wird die Atmung durch Zuführung von atmosphärischer Luft oder von Sauerstoff ermöglicht. Ein[339] Mann atmet in der Minute etwa 13 l Luft ein. Statt der atmosphärischen Luft, deren Gehalt an Stickstoff für die Atmung indifferent ist, kann unbeschadet längere Zeit hindurch reiner Sauerstoff geatmet werden. – Für die Verwendung von Gasen werden zurzeit gepreßte Stahlbomben gefertigt, die auf einen Druck von 250 Atmosphären geprüft sind und gewöhnlich mit Gas von 120 Atmosphären Spannung gefüllt werden; sie sind mit Reduktionsventil und Manometer versehen. Auf den Bahnen findet der Versand als gewöhnliches Frachtgut statt. – Diese Apparate zerfallen in Schlauchapparate, Reservoirapparate (zum Teil Tornisterapparate genannt) und in Zirkulations- oder Regenerationsapparate.

Bei den Schlauchapparaten wird dem Manne Atmungsluft aus einem mit guter Luft erfüllten Räume durch einen Schlauch zugeführt; für geringe Längen genügt die Aspirationskraft der Lunge. Bei größeren Längen wird die Atmungsluft von einem zweiten Manne mittels eines Blasebalges oder einer kleinen Preßpumpe in den Schlauch gedrückt, auch wird wohl der größere Teil des Schlauches durch eine fest angebrachte Preßluftleitung ersetzt, der Ueberdruck wird durch ein Reduktionsventil erniedrigt. Der Kopf des Mannes ist gewöhnlich von einer Art Helm, ähnlich wie ein Taucherhelm, mit Schaulöchern, Ausblaseventil und Anschlußstutzen für den Schlauch vollständig umgeben, zuweilen auch der Oberkörper durch eine Jacke geschützt, wenn es sich darum handelt, die strahlende Wärme abzuhalten; der zugeführte Luftüberschuß umspült kühlend Kopf und Oberkörper. Die Schlauchapparate stehen zweckmäßig in Anwendung in chemischen Fabriken, wo nur Räume von geringer Ausdehnung zu betreten sind; bei größerer Länge muß der Schlauch überwacht werden, das Nachziehen hindert die freie Bewegung. Letztere wird in vollem Maße durch die Reservoirapparate erreicht, da der Mann in einem Behälter eine entsprechende Luftmenge, in neuerer Zeit Sauerstoff, in komprimiertem Zustande mit sich führt. Zur Beleuchtung dient eine elektrische Akkumulatorlampe. Zu diesen Apparaten, die namentlich für Zwecke des Bergbaues bei Arbeiten in Brandgasen (s. Grubenbrand) und in Nachschwaden (s. Wetter) Anwendung finden, gehört u.a. der Rettungsapparat von Wanz (Firma O. Neupert Nachfolger, Wien VIII, 2, Bennoplatz Nr. 8). Er besteht aus dem Sauerstoffbehälter A in Fig. 1, der halbkreisförmig gebogen ist und an zwei Schulterriemen getragen wird, der Inhalt ist 5 l, die Spannung 120 Atmosphären. Außer dem Verschlußventil B ist ein selbsttätig wirkendes Reduzierventil C und, falls dieses versagt, ein Reserveablaßventil D vorhanden. Beim Gebrauch sind diese Teile durch eine Schutzkappe aus Eisenblech bedeckt. Das Reduzierventil ist auf eine Ausströmung von 10 l in der Minute fest eingestellt, so daß der Sauerstoffvorrat für eine Stunde ausreicht. Der Luftschlauch E führt den Sauerstoff in die Maske H, unmittelbar an den Mund. Der Apparat wiegt 12 kg und kostet 170 ℳ. Der ausgeatmete Sauerstoff, der nur etwa 4% Kohlensäure enthält, entweicht unter der Maske und geht verloren.

Diesem Umstande tragen die Regenerationsapparate Rechnung. Als Beispiel diene der Neupertsche, von Bergrat Mayer verbesserte Apparat (Fig. 2 und 3). Er besteht aus dem über die Schultern herabfallenden luftdichten Beutel A, A1, der vorn durch eine Scheidewand geteilt ist, aus der Rauchhaube F mit der Maske M und der Sauerstoffflasche B. In die Maske ist vorn eine Glasscheibe S eingesetzt, die durch ein Kreuz aus starkem Draht geschützt ist. Ein Wischer kann zur Säuberung der Innenseite der Glasscheibe benutzt werden. Außerdem ist in die Maske ein hohler Gummiring eingelegt, ein über den Hinterkopf geführter Riemen drückt die Maske leicht aber luftdicht an das Gesicht an. Die Atmung erfolgt durch die beiden mit Ventilen versehenen Blechröhren a und b, durch b wird aus der einen Seite des Beutels A1 eingeatmet; in diesen Teil strömt aus der Flasche B durch den Schlauch N beständig die nötige Sauerstoffmenge nach. Durch a wird ausgeatmet in den andern Teil des Beutels A, die ausgeatmete Luft kommt hier mit Kaliumhydroxyd (KHO) in Stücken in Berührung, wodurch die Kohlensäure und die Feuchtigkeit gebunden werden. Für eine[340] zweistündige Benutzung reichen 0,5 kg Kaliumhydroxyd aus. Der vollständige Apparat wiegt 7 kg. Da der ganze Sauerstoff zur Atmung benutzt wird, genügt eine Flasche von 1,5 l Inhalt bei 100 Atmosphären Pressung; der Preis eines Apparates beträgt 120 ℳ. Dazu kommt der Betrag für Reserveteile und für einen Vorrat an Sauerstoffflaschen. Trotz der Einfachheit der Atmungsapparate ist zu ihrer zweckentsprechenden Benutzung eine sorgfältige Schulung der Mannschaft nötig.


Literatur: Jicinsky, J., Katechismus der Grubenwetterführung mit besonderer Berücksichtigung der Schlagwettergruben, 4. Aufl., Mährisch-Ostrau 1903; Mayer, J., Oesterreich. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1898, S. 1: Ueber Atmungsapparate beim Bergbaubetriebe.

Treptow.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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