Panzerschiff [1]

Panzerschiff [1]

Panzerschiff, ein vornehmlich durch Seitenpanzer gegen das Eindringen von Geschossen möglichst geschütztes Kriegsschiff.

Für die Konstruktion des Panzerschiffes hat sich nach Verlassen des Holzes als Baumaterial eine bestimmte Bauweise herausgebildet, welche teilweise durch die Erzielung einer genügenden Fertigkeit der Verbandteile, teilweise durch Schaffung eines Schutzes gegen Geschosse und Torpedos bedingt wurde. Als Baumaterial wird, abgesehen vom Schiffspanzer (s.d.), für den Schiffsrumpf Siemens-Martinstahl von 40–44 kg Fertigkeit bei 20–16% Dehnung verwendet. Neuerdings gliedert man das Stahlmaterial für den Schiffsrumpf in härteres Material von 41–47 kg Fertigkeit und 18–22% Dehnung und weicheres Material von 34–41 kg Fertigkeit und 21–25% Dehnung; ersteres findet für Bauteile Verwendung, welche wichtige Verbandteile darstellen, letzteres wird für Bauteile benutzt, welche andern Zwecken dienen und entweder wegen der warmen Bearbeitung oder zur Verhinderung der Splitterwirkung beim Auftreffen von Geschossen von weicherem Material gewählt werden. Gebaut wird nach dem sogenannten[800] Längsspantensystem unterhalb des Gürtelpanzers und nach dem Querspantensystem oberhalb desselben. Vgl. a. Kriegsschiffstypen, Bd. 5, S. 702.

Das Längsspantensystem besteht aus dem meist wasserdicht hergestellten Mittelkiel sowie fünf bis sechs Längsspanten, von welchen das oberste bei den älteren Typen (Fig. 1) zugleich als Panzerträger dient, während das dritte oder vierte Längsspant meist wasserdicht hergestellt wird. Der Mittelkiel von 1,0–1,5 m Höhe läuft vom Vor- bis Hintersteven durch und ist mit dem Steven entsprechend verbunden. Unten ist er meist mit einer doppelten Kielplatte, oben mit der Beplattung des Innenbodens vernietet. Der Innenboden reicht querschiffs bis zur Innenkante des Panzerträgers bezw. bis zum Panzerdeck (Fig. 2) und erstreckt sich längsschiffs meist über zwei Drittel bis vier Fünftel der Schiffslänge. Zwischen Außenhaut und Innenboden sind die Querspanten und Längsspanten angeordnet, erstere querschiffs in einer Entfernung von 1,2 m, letztere längsschiffs in Entfernungen von 1,5–3,0 m. Die Spanten bestehen entweder aus vollen oder mit Erleichterungslöchern versehenen Platten oder auch aus zwei einzelnen Stützblechen – bracket plates –, welche mit der Außenhaut, dem Doppelboden, sowie untereinander durch Winkel oder durch Bördelung verbunden werden. Die Bauweise der Längs- und Querspanten ist in der Hauptsache eine zweifache: entweder werden die Längsspanten von vorne bis hinten ununterbrochen durchgeführt und die Querspanten in kurzen Strecken zwischen denselben eingebaut – die letzteren bestehen alsdann aus zwei Stützplatten, englische und deutsche Bauweise – oder man läßt, wie in Frankreich gebräuchlich, nur die wasserdichten Längsspanten, also Mittelkiel, Längsspant 3 bezw. 4 und Panzerträger, ununterbrochen durchlaufen, während die übrigen in kurzen Strecken von Spant zu Spant reichen. Dafür laufen die Querspanten, aus mit Erleichterungsöffnungen versehenen Blechen bestehend, vom Mittelkiel bis Längsspant 3 bezw. 4 und von dort bis zum Panzerträger ununterbrochen durch. Bisweilen führt man auch die wasserdichten Querspanten vom Mittelkiel bis zum Panzerträger ununterbrochen durch und läßt dann das Längsspant 3 bezw. 4 an demselben abstoßen (vgl. [2], [4], [6]).

In bestimmten Anständen, vier bis sechs Spantentfernungen, werden die Querspanten wasserdicht hergestellt, desgleichen sämtliche Querspanten, auf denen vom Doppelboden aus wasserdichte Querschotte aufgebaut sind. Auf diese Weise wird im Schiffsboden ein weit verzweigtes Zellensystem geschaffen, welches bei Grundberührungen und für den Angriff von Torpedos und Minen die Sicherheit des Schiffes erheblich vermehrt. Gegen die Sprengwirkung der Torpedos werden ferner an den Schiffsseiten, vom Doppelboden bis zum Panzerdeck reichend, ein bis zwei Wallgänge durch entsprechende wasserdichte Längsschotte hergerichtet und bildet meist ein drittes Längsschott die Begrenzungswand für die daran anstoßenden Längskohlenbunker. Eine weitere Trennung der Räume unterhalb des Panzerdecks erfolgt durch eine größere Anzahl Querschotte, welche sich auf dem Doppelboden aufsetzen und bis zum Panzerdeck reichen; ferner teilweise durch ein wasserdichtes Mittellängsschott sowie durch die wasserdicht hergestellten Beplattungen der Zwischendecks sowie Plattformdecks. Sämtliche Schotte, aus 8–4 mm Blechen hergestellt, erhalten entsprechende Profilstähle zur Versteifung derselben gegen Wasserdruck. Zwischen Panzerträger und Panzerdeck der alten Schiffstypen (Fig. 1) sind Querspanten von schwerem Profilstahl sowie auf halbe Spantenentfernung Zwischenspanten »aufgestellt und mit einer doppelten Stahlhaut von je 12–15 mm Dicke beplattet. An denselben werden die Teakholzhinterlage und die Panzerplatten befestigt [1]–[5].

Das Panzerdeck, bestehend aus zwei oder drei Lagen Platten von in Summa 60–75 mm Stärke, schloß früher (Fig. 1) den Panzergürtel oben ab. Bei den neueren Panzerschiffen (Fig. 2) ist das Panzerdeck, nach Art der Panzerdeckschiffe, nach den Schiffsseiten heruntergezogen und endet am Panzerträger. Reicht der Gürtelpanzer nicht über die ganze Schiffslänge, so wird das Panzerdeck außerhalb des Gürtels, welcher alsdann hinten bezw. auch vorne durch ein gepanzertes Querschott abgeschlossen wird, nach Art des Panzerdecks der geschützten Kreuzer[801] in starker Krümmung nach der Bordwand bis auf 1,5 m unterhalb der Konstruktionswasserlinie hinuntergezogen. Oberhalb des Panzerdecks ist an der Bordwand bei den älteren Typen ein Korkdamm herumgeführt, um beim Durchschießen der Außenhaut das Eindringen von Wasser möglichst einzuschränken, desgleichen erhält das Unterwasserpanzerdeck dann einen Korkdammgürtel, welcher etwa 1 m über die Konstruktionswasserlinie hinaufgeführt ist; bei den Schiffen neuerer Bauart wird der Schutz an Stelle des Korkdamms durch einen Seitenpanzer (geringerer Dicke als mittelschiffs) ersetzt. Die schwere Panzerung setzt sich zusammen aus dem Panzergürtel nebst etwaigem Panzerquerschott oder einer Panzertraverse, der gepanzerten Zitadelle und der darüber liegenden zentralen Kasematte, den gepanzerten Geschütztürmen nebst Unterbauten, den gepanzerten Einzelkasematten, den gepanzerten Kommandotürmen sowie den gepanzerten Schächten für Munitionsaufzüge, Kommandoelemente u.s.w.

Oberhalb des Panzerdecks besteht der Schiffsrumpf aus den mit der Außenhaut vernieteten und durch Deckbalken verbundenen Querspanten von Winkel-, Z- oder U-Stahlen in Entfernungen von 0,6–1,2 m. Die Verbindung der Spanten mit dem Panzerdeck sowie mit den aus U-Stahl gebogenen Balken erfolgt durch Stützbleche und Winkel. Die Balken der einzelnen Decks werden durch hohle eiserne Deckstützen gegeneinander verstrebt.

Der Vorsteven wird meist als Rammsteven ausgebildet sowie teilweise mit einer Bohrung zur Aufnahme eines Unterwassertorpedorohrs versehen. Der Hintersteven erhält besondere Formen zur Aufnahme des Ruders, des Kokers und der Fingerlinge sowie eine Anschwellung zur etwaigen Durchführung der Schraubenwelle. Vor- und Hintersteven werden meist aus Stahlfassonguß hergestellt und aus mehreren Teilen zusammengebaut; desgleichen die Schraubenböcke zur Lagerung der seitlich angeordneten Schraubenwellen. Bei den neueren Schiffen erfolgt die Lagerung der seitlichen Schraubenwellen nicht in Schraubenböcken, sondern je in einer sogenannten Wellenhofe, mit einem gußstählernen Wellenaustrittsstutzen derart, daß die Welle auf der ganzen Länge innerhalb des Schiffsrumpfes gelagert ist. Die Räume unterhalb des Panzerdecks dienen in der Hauptsache zur Aufteilung der Maschinen- und Kesselanlage sowie der Hilfsmaschinen, zur Unterbringung von Kohlen und sonstigen Materialien, zur Stauung der Munition, der Torpedos, des Proviants u.s.w. Oberhalb des Panzerdecks werden die Decks zur Unterbringung der Mannschaften, von Kohlen in den Zwischendecksbunkern, zur Aufstellung der Geschütze und sonstiger Ausrüstungsgegenstände verwendet; s. Ankergeschirr, Bootsbau, Gefechtsmast, Steuereinrichtung, Takelage.


Literatur: [1] Brix, A., Der Bau eiserner Kriegs- und Handelsschiffe, Berlin 1876. – [2] Croneau, Construction pratique des navires de guerre, Paris 1894. – [3] Welch, J., J., A text book of naval architecture, London 1889. – [4] Hauser, Cours de construction navale, Paris 1886. – [5] Neudeck, Leitfaden für den Unterricht im Schiffbau, Berlin 1902. – [6] Attwood, War-ships, London 1906. – [7] Rudloff, Entwicklung des Linienschiffs, Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Berlin 1900.

T. Schwarz.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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