Präzession

Präzession

Präzession der Fixsterne, die fortwährende Zunahme der Längen der Sterne (vgl. Koordinaten am Himmel), das »Fortrücken« der Nachtgleichenpunkte (Schnittpunkte von Aequator und Ekliptik) auf der Ekliptik im Lauf der Jahre, entgegen der (scheinbaren) jährlichen Bewegung der Sonne am Himmel.

Seit 2000 Jahren bekannt (Hipparch), ist die Erscheinung erst seit Schaffung der Himmelsmechanik (Newton) erklärt und durch d'Alembert, Euler, Laplace in theoretischer Beziehung abgeschlossen worden; experimentell dargestellt wurde die Erscheinung zuerst in den Bohnenbergerschen Maschinchen (vgl. [1] und Kreisel, Bd. 5, S. 687, wo einige Gyroskope erwähnt sind). Die Ursache der Präzession, der stetigen Veränderung der Richtung der Erdachse im Raum, ist die Attraktionswirkung von Mond und Sonne auf den »Aequatorwulst« der abgeplatteten Erde, deren Drehungsachse schief zu ihrer Bahnebene steht; infolge davon erhält die Erdachse einen langsamen »konischen Umlauf«, der Schnittpunkt der Erdachse mit der Sphäre, der Himmelspol, verschiebt sich langsam auf einem Kleinkreis der Sphäre, dessen sphärischer Mittelpunkt der Ekliptikpol ist. Diese sogenannte Lunisolarpräzession verschiebt den Himmelspol auf dem genannten Kleinkreis um jährlich rund 50'' (in 100 Jahren um 1°,4, so daß der ganze Umkreis in 26000 Jahren, einem sogenannten Platonischen Jahr, zurückgelegt wird); immer andre Sterne kommen in die Nähe des Himmelspols, z.B. nähert sich der Polarstern (α Urs. min.), der jetzt etwa 11/4° Poldistanz hat, dem Pol noch bis auf 28' (ums Jahr 2100) u.s.w. Ferner rückt der Frühlingspunkt in immer andre Sternbilder der Ekliptik (im Jahr – 300 war der Frühlingspunkt in der Brust des Widders, deshalb auch Widderpunkt Präzession, gegenwärtig ist er in den Fischen). Infolge der Attraktion der Planeten hat übrigens die Bahn der Erde selbst keine ganz feste Lage. Der Winkel zwischen Aequator und Ekliptik ändert sich (ebenfalls in sehr langer Periode zwischen den Grenzen 211/2° und 271/2°). Die sogenannte allgemeine Präzession, der wirkliche Verlauf der Präzessionserscheinung, an der auch die Einwirkung der Planeten beteiligt ist, ist deshalb von der Lunisolarpräzession etwas (sehr wenig) verschieden. Eine Störung des regelmäßigen Präzessionsverlaufs gleichsam stellt die Nutation der Erdachse vor, infolge deren der Himmelspol periodisch abweicht von der »mittleren« Lage, die er infolge der Präzession allein hätte; vgl. a. Nutation und [2]–[4].


Literatur: [1] Bohnenberger, Beschreibung einer Maschine zur Erläuterung der Gesetze der Umdrehung der Erde um ihre Achse und der Veränderung der Lage der letzteren (Tübinger Blätter für Naturwissenschaft und Arzneikunde, Bd. 3, 1. Stück, S. 72–83), Tübingen 1817; vgl. dazu auch Poisson im Journal de l'Ecole Polytechnique, 16. Heft, Bd. 9, S. 247, und die ganze Gyroskopliteratur. – [2] Ebend. ist auch die ganze Literatur genannt. – [3] Dazu sind auch die Lehrbücher der theoretischen Astronomie zu vergleichen, z.B. Watson, J., Theoretical Astronomy, 2. Aufl., Philadelphia 1885; auch Wolf, R., Handbuch der Astronomie, § 290 und 514. – [4] Eine[204] schöne, einfache Darstellung der Präzessionswirkung findet sich in Newcomb, S., A Compendium of Spherical Astronomy, New York 1906, S. 225 ff.



http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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