Schubfestigkeit

Schubfestigkeit

Schubfestigkeit heißt der Widerstand der Körper gegen Trennung durch Kräfte, die zwei einander anliegende Flächen längs einander zu verschieben suchen (vgl. Abscherung, Druck, Festigkeit, Schubelastizität, Schubspannungen). Bei Verbuchen in dieser Hinsicht pflegen prismatische Stäbe durch allmählich anwachsende Kräfte P zu beiden Seiten des abzuscherenden Querschnitts senkrecht zur Achsrichtung beansprucht zu werden, wobei es darauf ankommt, aber oft schwer durchführbar ist, daß erhebliche Biegungsspannungen vermieden werden und der Widerstand des Querschnitts F möglichst gleichmäßig zur Geltung kommt (vgl. Schubelastizität). Ueber die Ausführung der Versuche s. Scherversuch und [1], S. 90, 97; [2], 1. Heft, S. 13; [3], 3. Heft, S. 173; [7], S. 149; [11], S. 372. Erfolgt die Trennung durch P = S, so gilt


Schubfestigkeit

als Maß der Schubfestigkeit.

Bezeichnet z die Zugfestigkeit senkrecht zur Ebene von s, so wird vielfach gesetzt:


Schubfestigkeit

Bestände bis zum Bruche Proportionalität zwischen Spannungen und Verschiebungen (Bd. 3, S. 387), so wäre hierin nach gebräuchlichen Anschauungen [1], S. 81; [11], S. 301; [14], S. 37, für isotrope Körper ε der Elastizitätsquotient (Bd. 3, S. 393, 395), was z.B. für Schweißeisen und Flußeisen in vielen Fällen annähernd zutrifft. Für diese Materialien liegt ε zwischen 3 und 4,[820] womit 2. α = 0,75 bis 0,80 liefert. Wöhler [1] fand in Kilogramm pro Quadratzentimeter für Kruppsches Gußstahlblech s > 4020, z = 5390, α > 0,75, für Achseneisen der Gesellschaft Phönix s = 2560, z = 3250, α = 0,79. Tetmajer [3] entnahm aus zahlreichen Versuchen mit Nietmaterial aus Schweißeisen α = 0,75 bis 0,80, im allgemeinen näher an 0,80 u.s.w. Doch treten auch wesentliche Abweichungen gegen den fraglichen Wert von α ein. So fand Bauschinger [2] für den auch in den Artikeln Biegungs-, Druck-, Torsions-, Zugelastizität erwähnten Ternitzer Bessemerstahl von verschiedenem Kohlenstoffgehalt im Mittel von je zwei Versuchen die in beistehender Zusammenstellung angeführten Werte.


Schubfestigkeit

Die s, α beziehen sich auf die üblichen Beanspruchungsebenen, senkrecht zur Walzrichtung, für die z gilt. Bauschinger unterschied sechs verschiedene Stellungen der Schubebene gegen die Walzrichtung, die in beistehender Figur angedeutet sind.


Schubfestigkeit

Von diesen sind I, II, III die praktisch wichtigen, V und VI kommen beabsichtigt überhaupt nicht vor. Schon für IV ergab sich s bedeutend geringer als für I–III, für V und VI war s im Mittel etwa halb so groß und ging bis ein Drittel herab. Die Unterschiede der s zeigten sich, wie zu erwarten, um so größer, je ausgesprochener die Faserung und Schichtung war. Für Schweißeisen aus Wasseralfingen beispielsweise fanden sich mit Probestücken, deren Zugfestigkeit in der Walzrichtung durch vorausgegangene Zerreißversuche etwa von 3890 auf 4420 zugenommen hatte:


Schubfestigkeit

also im Mittel von I, II, III s : z = 0,83 bezw. 0,76. Doch konnte α, besonders bei Kesselblechen, selbst auf 1 und darüber steigen.

Für Gußeisen erhielt Wöhler [1] s = 1425, Bach [11], S. 372, im Mittel bei drei gedrehten Rundstäben von 2 cm Durchmesser s = 1620, z = 1595, α = 1,02, für drei andre von 2,4 cm Durchmesser s = 1970, z = 1680, α = 1,17. Für Bausteine hat besonders Bauschinger Versuche angestellt, [2], [8], S. 299, nach welchen bei natürlichen Steinen die größte Schubfestigkeit meist senkrecht zum Lager, mitunter auch parallel zum Lager, stattfindet. So ergaben sich durchschnittlich in Kilogramm pro Quadratzentimeter für Granit von Hausenberg in Bayern senkrecht s = 110, parallel s = 100, für Muschelkalk von Tuniberg im Elsaß senkrecht 57, parallel 30, für Keupersandstein von Sulz in Württemberg senkrecht 75, parallel 52; dagegen für Granit aus dem Fichtelgebirge senkrecht 67, parallel 100, für Dolomit aus dem fränkischen Jura senkrecht 60, parallel 80, für Buntsandstein von Auweiler in der Pfalz senkrecht 26, parallel 36. Auch für künstliche Steine ergaben sich sehr verschiedene 5, z.B. für weiche Maschinenziegel 13, für gewöhnliche Mauerziegel 17, für Klinker 38. Bei Verbindung von Ziegelsteinen erhielt Bauschinger nach dreißigtägiger Erhärtung für Mörtel aus 1 Zement und 1, 2, 3 Sand 4, 5, 4 kg, für Luftmörtel 0,5 kg pro Quadratzentimeter. Für drei Betonprismen von 18/18 cm Querschnitt der Mischung 1 : 3 mit 14% Wasser, Alter zwei Jahre, fand Mörsch [9], [14], im Mittel s = 65,9 kg bei z = 15,5 kg und d = 308 kg pro Quadratzentimeter Druckfestigkeit. Drei weitere Betonprismen von 18/18 cm der Mischung 1 : 4 mit 14% Wasser, Alter 11/2 Monate, ergaben im Mittel s = 37,1 kg, während drei Monate alte Betonprismen der gleichen Zusammensetzung ausgewiesen hatten z = 8,8 kg, d = 172 kg pro Quadratzentimeter. Ueber eine Unterscheidung von Scherfestigkeit und Schubfestigkeit, die wir jedoch nicht für angebracht halten, s. [9], [14]. Bei Bauholz kommt die Faserrichtung noch mehr als bei Eisen und Stahl in Betracht. Tetmajer fand die Schubfestigkeit senkrecht zur Faserrichtung durchschnittlich 4,8 mal so groß als parallel derselben [8], S. 300. Parallel derselben könnte man nach seinen Versuchen im Mittel etwa setzen: für Nadelholz 60–70, für Laubholz 70–80 kg pro Quadratzentimeter. Das Verhältnis der Schubfestigkeit in der Längsrichtung zur Zugfestigkeit in derselben gibt Tetmajer durchschnittlich für Nadelholz α = 0,104. Näheres [3], [4], [8].


Literatur: [1] Wöhler, Ueber die Festigkeitsversuche mit Eisen und Stahl, Zeitschr. für Bauwesen 1870, S. 73. – [2] Bauschinger, Mitteilungen aus dem Mechan.-techn. Laboratorium zu München (1. Heft 1873, Mörtel und Ziegelsteine; 2. Heft 1874, Kesselblech und Walzeisen; 3. Heft 1874, Ternitzer Bessemerstahl; 4. Heft 1874, Bausteine u.s.w.). – [3] Tetmajer, Mitteilungen der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien in Zürich (2. Heft 1884, S. 13, 46, Schweizer Bauholz; 3. Heft 1886, S. 172, 202, Nietmaterial, Nietverbindungen). – [4] Winkler, Die hölzernen Balkenbrücken, Wien 1887, S. 30. – [5] Weyrauch, Die Festigkeitseigenschaften und Methoden der Dimensionenberechnung von Eisen- und Stahlkonstruktionen, Leipzig 1889, S. 119. – [6] Forchheimer,[821] Ueber das Verhältnis der Biegungs zur Scherfestigkeit des Holzes, Zeitschr. des Oesterr. Ing.- und Arch.-Vereins 1891, S. 157. – [7] Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, I, Berlin 1898, S. 148. – [8] Tetmajer, Die angewandte Elastizitäts- und Festigkeitslehre, Leipzig und Wien 1904, S. 294. – [9] Mörsch, Schub- und Scherfestigkeit des Betons, Schweiz. Bauztg. 1904, XLIV, S. 295, 307. – [10] Martens, Schub- und Scherfestigkeit des Betons, Zentralbl. der Bauverwaltung 1905, S. 238. – [11] Bach, Elastizität und Festigkeit, Leipzig 1905, S. 288, 358, 372. – [12] Das Verhalten der Materialien bei reiner Scherbeanspruchung, »Stahl und Eisen« 1907, S. 1228. – [13] Versuche über die Schubwirkungen von Eisenbetonträgern (nach einem Vortrag von Mörsch), Schweiz. Bauztg. 1907, IL, S. 198. – [14] Mörsch, Der Eisenbetonbau, seine Theorie und Anwendung, Stuttgart 1908, S. 36. – S.a. Torsionsfestigkeit, Nietverbindungen.

Weyrauch.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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