Stadtbaustile

Stadtbaustile

Stadtbaustile. Der Stil des Städtebaus hängt mit dem Stil der allgemeinen Baukunst eng zusammen. Wir unterscheiden namentlich den antiken, den frühmittelalterlichen, den spätmittelalterlichen, den Renaissance-, den Barockstil und moderne Stilbestrebungen.

Der antike Stadtstil zielt auf regelmäßige Straßen- und Platzanlage (namentlich in der von den Linien des Cardo und des Decumanas beherrschten, dem Grundriß des Castrum nachgebildeten römischen Kolonialstädten), ferner auf architektonischkörperliche Gestaltung der Straßen und Plätze selbst und auf die Umbauung der Platzränder mit monumentalen Gebäuden. Die architektonische Straßen- und Platzgestaltung besteht in der Regel aus Säulenreihen, Säulengängen und -hallen, Straßentoren und Triumphbögen; besonders tritt diese (ursprünglich griechische) monumentale Behandlung der Straßen und Plätze in den römischen Städten Asiens und Afrikas hervor. Die monumentale Umbauung der Platzfläche findet sich namentlich bei der Agora der Griechen und den Forumanlagen der Römer. Die Platzfläche ist mit Verkaufs- und Wandelhallen, mit Tempeln und Basiliken umgeben, an den Rändern mit Bildwerken und Ziersäulen geschmückt, während auf dem freien Mittelfelde eine Rednerbühne (Rostra), ein Reiterstandbild oder ähnliches errichtet ist. Der frühmittelalterliche Stadtstil ist durch die Unregelmäßigkeit des Straßennetzes und unregelmäßige Straßen- und Platzwandungen gekennzeichnet. Die Unregelmäßigkeiten des Straßennetzes beruhen keineswegs immer auf Willkür oder Planlosigkeit; die Hauptstraßenzüge pflegen vielmehr planmäßig nach den Anforderungen des damaligen Verkehrs und Wohnwesens durchdacht zu sein, während die Anlage der Neben- und Aufteilungsstraßen mehr dem Zufall und der Willkür der Eigentümer überlassen war. Die von der geraden Linie abweichende Führung der Straßenrichtung, die abwechslungsreiche Breitenanordnung, das Vor- und Zurücktreten der Gebäude pflegt eine Fülle malerischer Straßenbilder besonders in denjenigen Städten hervorgerufen zu haben, deren Um- und Ausbau während mehrerer Jahrhunderte durch Errichtung neuer und Ergänzung alter Bauwerke mit der dem Mittelalter eignen Kunstempfindung durchgeführt worden ist. Der spätmittelalterliche Stadtstil, wie wir ihn namentlich aus den ostdeutschen Kolonialstädten kennen, kehrt zur fast völligen Regelmäßigkeit zurück; das Straßennetz ist rechtwinklig, die Plätze sind regelmäßig und weit angelegt und in der Regel mit dem Rathause und andern Bauwerken auf der Platzfläche besetzt; die Umrißlinie der Stadt ist teils viereckig, teils rundlich, je nach örtlicher Lage und Entstehungsart. Der Renaissance-Stadtstil entstand als regelmäßig-architektonische Anlage in Italien; im übrigen Europa wird besonders die Barockzeit, nachdem sie in Italien die Renaissance abgelöst hatte, für den Städtebau fruchtbar. Sie hat mit ihren kraft- und phantasievollen architektonischen Anordnungen in Italien selbst (Rom), in Spanien (Madrid, Salamanca), in Frankreich (Paris, Bordeaux, Nancy), in England (Bath), aber auch in Deutschland und den nordischen Ländern viele prächtige Stadtanlagen geschaffen (Berlin, Kopenhagen, St. Petersburg). Die modernen Bestrebungen im Stadtbaustil haben im 19. Jahrhundert teils an französischbelgische Vorbilder, teils an die frühmittelalterliche Art angeknüpft; im 20. Jahrhundert ist wieder das Streben nach architektonischer Regelmäßigkeit im Sinne des Barock und des landesfürstlichen Städtebaus allgemeiner geworden. Die Vielgestaltigkeit der Staffelbauordnung soll dabei aber zu einer größeren Mannigfaltigkeit der Erscheinungen führen, als frühere Stadtstile sie gekannt haben.

Stübben.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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