Tertiärformation, -periode, -system

Tertiärformation, -periode, -system

Tertiärformation, -periode, -system, die älteste der sogenannten känozoischen Schichtenreihen, überlagert die Kreideformation und wird selbst von dem Diluvium überdeckt.

In bezug auf ihre Lebewelt schließt sich die Tertiärformation der Jetztzeit ziemlich eng an (Entwicklung der Säugetiere und Vögel, Zurücktreten der Reptilien, Krinoiden, Verschwinden der Brachiopoden, Ammoniten, Belemniten und Ganoiden; Entwicklung angiospermer Pflanzen). Die Ablagerungen sind meist mariner Natur, seltener im Süßwasser gebildet. Nur die älteren Schichten nehmen an der Auffaltung der Alpen teil, die jüngeren und außeralpinen liegen meist horizontal oder sind nur wenig gestört. Die Verbreitung der Tertiärformation schließt sich in den wenigsten Fällen an diejenige der Kreideformation an; das Tertiär, besonders das jüngere, legt sich ungleichförmig auf ältere Schichten auf. Seiner Bildung sind die hauptsächlichsten gebirgsbildenden Kraftäußerungen in der Erdkruste vorausgegangen; daher besteht es vielfach aus Ablagerungen an der Meeresküste und des halbsätzigen Wassers, welches in neugebildete, breite, muldenförmige Vertiefungen eindrang. Die Gesteine sind vorherrschend Sandsteine, Konglomerate und Schotter, Sande, Tone, Mergel, seltener Kalksteine, Tonschiefer, Steinsalz u.s.w. Im allgemeinen sind es außerhalb der Alpen weiche, leicht zerreibliche Gesteine, nur seiten verfestigt, umgelagert oder mechanisch und chemisch verändert. Im Anschluß an die große Schichtenfaltung in der Erdkruste (Alpen, Karpathen, Balkan, Pyrenäen) und an die Einbrüche ereigneten sich zahlreiche Eruptionen von Trachyten, Andesiten, Phonolithen und Basalten, insbesondere in Form von Einpressungen des glutflüssigen Magmas in Klüfte und von Lavaergüssen. Man gliedert die Schichtenreihe in vier Gruppen:

1. Eocän, zu tiefst und im allgemeinen sich an die Kreideformation anschließend, örtlich sie auch übergreifend. Vorwiegend kalkige, mergelige und sandige Ablagerungen mit Ausbrüchen von trachytischen und phonolithischen Gesteinen. Lagerung in den Alpen gefaltet, außerhalb derselben meist horizontal. Technisch wichtig sind der Grobkalk des Pariser Beckens, die Nummulitenkalke der Nordalpen (Rosenheim, Traunstein) als Hochbaumaterialien, die Eisenerze in glaukonitführenden Sandsteinen am Nordrand der Alpen (Kressenberg), viele Tone zur Ziegelfabrikation, Mergel (Nordalpen) und Flysch zur Zementbereitung, weiße Sande, stellenweiße auch Pech- und Braunkohlen.

2. Oligocän, oft übergreifend über vorige Gruppe; die Schichten sind in den Alpen zumeist noch gefaltet, außerhalb horizontal. Die Hauptfaltung der Alpen fällt in diesen Zeitraum, ebenso große Schichteneinbrüche außerhalb des Hochgebirges (Bildung des Rheintalgrabens); vorwiegend Tone, Mergel, Sande, Konglomerate (Molasse), seiten Kalksteine. Von Wichtigkeit sind die grünlichgrauen Sandsteine (Molassesandsteine) am Nordrande der Alpen (Schweiz) und Kalke von Brie (Südfrankreich) für Hochbauzwecke, manche dünngeschichtete, harte Schiefertone für Dachdeckung (Glarner Schiefer), alpine Mergel des Flysch für Zementfabrikation, viele Vorkommen von Bonnerzlagern am Nordrand der Alpen, Asphalt, Steinsalz und Kalisalze, Petrol (Elsaß), Braun- und Pechkohlen am Nordrand der Alpen (Südbayern) u.a.

3. Miocän, unteres Neogen, oft übergreifend über vorige Gruppe. Die Schichten fast stets horizontal oder geneigt gelagert, nie gefaltet. Fortdauer der Gebirgsbildung, insbesondere der Einbrüche und Senkungen. Umfangreiche Ausbrüche von Trachyten, Phonolithen und Basalten in Zentraleuropa; vorwiegend Sande, Tone, Mergel, nebst mächtigen Pech- und Braunkohlen, welche in Böhmen, Mitteldeutschland und am Niederrhein ausgebeutet werden; ausgedehnte Steinsalzablagerungen in Galizien (Wieliczka, Kalusz) und Schwefellager in Sizilien, Galizien u.s.w. Mergel und Tone werden zur Zement- und Ziegelfabrikation gebraucht.

4. Pliocän, oberste Stufe, oberes Neogen, oft übergreifend über vorige Stufe. Horizontal gelagert; nur geringe Bewegungen in der Erdkruste; Ausbrüche von Basalten. Meist Sande und Tone als Ablagerungen in Binnenseen, untergeordnet Mergel, seiten Braunkohlen und Kalkstein.


Literatur: v. Gümbel, Grundzüge der Geologie, Kassel 1880; Nivoit, Géologie appliquée, Bd. 2, Paris 1889; Credner, H., Elemente der Geologie, 10. Aufl., Leipzig 1906; Toula, F., Lehrbuch der Geologie, 2. Aufl., Wien 1906; de Lapparent, A., Traité de géologie, 5. Aufl., Paris 1906.

Leppla.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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