- Trocknungsverfahren
Trocknungsverfahren, System G.A. Krause. Bisher wurde die Trocknung flüssiger Nahrungsmittel, insbesondere von Milch, fast ausschließlich mit den sogenannten Walzentrocknern (System Hatmacker, Gabler-Saliter u.s.w.) vielfach unter vorheriger Einengung der Flüssigkeit durch Wärme im luftverdünnten Raum vorgenommen.
Naturprodukte in ihrer ursprünglichen Form, Lösungen und Extrakte aus tierischen und pflanzlichen Geweben und auch andere chemische Stoffe sind wegen der natürlichen Feuchtigkeit oder wegen des gelösten Zustandes einer großen Reihe von Schädigungen ausgesetzt. Es kann sich sowohl um rein chemische bezw. physikalisch-chemische Vorgänge handeln als auch um die Einwirkung von Mikroben aller Art: Bakterien, Hefen, Schimmelpilzen u.s.w. Diese[645] Vorgänge, mögen sie unter dem Einfluß des Lagerns an sich (häufig unter Mitwirkung von Luft und Licht) eintreten oder mögen sie durch schädliche Keime verursacht sein, führen in allen Fällen dazu, das Material seiner natürlichen Eigenschaften zu berauben und damit für die gewünschten Zwecke unbrauchbar zu machen. Das Zweifellos beste Mittel, um alle schädigenden Vorgänge, vor allem an pflanzlichen und tierischen Produkten, auszuschalten, ist die weitgehende Entziehung des Wassers. Eine Trocknung bis zu einem Wassergehalt von 10% und darunter genügt in den allermeisten Fällen, um jede weitere Schädigung des Produktes beim Lagern und Versenden zu verhüten. Fast alle modernen Trocknungsverfahren, wie sie für empfindliche Substanzen, z.B. Milch, Blut u.s.w., anwendbar sind, beruhen darauf, daß man die zu trocknende Flüssigkeit in seiner Verteilung oder Ausbreitung mit einem warmen, trockenen Luftstrom in Berührung bringt. Die warme, trockene Luft dient dazu, die Feuchtigkeit aus den Lösungen oder Aufschwemmungen aufzunehmen, während die seine Verteilung den Zweck hat, diesen Vorgang der Abgabe des Wassers möglichst zu beschleunigen. Denn bei sonst gleichen Bedingungen hängt die Schnelligkeit der Wasserabgabe ausschließlich von der Größe der Oberfläche ab, und diese wird um so größer, in je feinere Teilchen man die Flüssigkeit zerlegt. Eine solche Schnelligkeit der Wasserabgabe, die möglichst rasche Ueberführung einer Lösung aus dem feuchten in den trockenen Zustand ist deswegen nötig, weil bei der Trocknung selbst, durch die dabei auftretende höhere Temperatur, eine Schädigung des Materials schwer zu vermeiden ist. Alle die Stoffe tierischer und pflanzlicher Natur, um die es sich bei diesem Trocknungsverfahren handelt, sind gegen höhere Temperaturen sehr empfindlich. Insbesondere werden in diesen Stoffen enthaltene Eiweißkörper durch die Erwärmung tiefgreifend geschädigt (Gerinnung, Unlöslichwerden, Verluste an Geruchs- und Geschmackswerten).
Das Krause-Verfahren beruht einmal auf der Anwendung ganz enormer Zentrifugalkräfte, durch welche die Flüssigkeit in einen Schwaden feinster Nebelteilchen zerstäubt wird. Aus diesen winzigen Teilchen erfolgt die Wasserverdunstung außerordentlich schnell. Da nun mit dieser Wasserverdunstung ein sehr hoher Wärmeverbrauch verbunden ist und dieser starke Verbrauch bei dem vorliegenden Verfahren in so außerordentlich kurzer Zeit erfolgt, so werden eben auch in sehr kurzer Zeit sehr große Wärmemengen verbraucht; und dieser Umstand bedingt weiter, daß die Trocknung bei einer außerordentlich niedrigen Temperatur erfolgt.
In dem eigentlichen Trockenraum befindet sich eine durch eine Dampfturbine angetriebene Metallscheibe, die sogenannte Zerstäubungsscheibe. Die Dampfturbine und damit auch die Scheibe drehen sich mit der außerordentlich hohen Geschwindigkeit von 5000 bis 10000 Umdrehungen in der Minute. Aus einem über dem Trockenraum angebrachten Gefäß fließt die zu trocknende Flüssigkeit in stetigem Strahl auf die Mitte der Zerstäubungsscheibe, wird durch die Zentrifugalkraft nach dem Rande der Scheibe abgedrängt und von dort aus mit einer sehr großen Geschwindigkeit in den Raum hinausgeschleudert und gleichzeitig zerstäubt. Dadurch entsteht um die Scheibe herum ein scheibenförmiges Gebilde feinster Nebelteilchen, die mit der trockenen Luft des Raumes in Berührung treten und blitzartig schnell ihr Wasser abgeben, also trocken werden, ohne sich dabei merklich zu erwärmen. Um den Wasserdampf zu entfernen, wird von unten oder von der Seite her in ganz bestimmter Anordnung ein Strom warmer Trockenluft zugeführt. Die besondere Anordnung und die Stärke dieses Luftstromes bedingt es, daß die Verdampfung des Wassergehaltes bei niedriger Temperatur erfolgt. Zum Teil fallen die getrockneten Teilchen in dem warmen Luftstrom zu Boden und verlieren dabei den letzten Rest ihrer Feuchtigkeit; zum Teil werden sie von dem aufzeigenden Luftstrom mitgenommen, abgeführt, durch eine Filteranlage von der Luft getrennt und gesammelt.
Sowohl die im Trockenraum zu Boden sinkenden als auch die vom Luftstrom mitgeführten und abgeschiedenen Teilchen werden ohne weiteres sofort als staubfeine Pulver erhalten, die im allgemeinen zwischen 2 und 5% Wasser enthalten, mithin sehr weitgehend getrocknet sind. Trotzdem sind in ihnen alle wesentlichen Eigenschaften des Naturproduktes völlig erhalten. Es gelingt mit Hilfe dieses Verfahrens, Stoffe durch Trocknung in brauchbare Form überzuführen, ohne daß irgendwelche störende chemische Veränderungen in ihnen auftreten. Die erhaltenen Pulver stellen nach ihrer Wiederauflösung in Wasser eine völlige Reproduktion des Naturproduktes dar. Die kolloidale Mischung erscheint fast nicht gestört. Eiweißkörper koagulieren nicht, Fermente und ähnliche Stoffe bleiben praktisch in voller Wirksamkeit erhalten. Stoffe, die beim einfachen Eindunsten stets in Form von Schmieren, Krusten und dergleichen erhalten werden, erscheinen bei der Krause-Trocknung als seines Pulver. Dadurch fallen alle mühseligen und kostspieligen Nachbehandlungsprozesse, wie Mahlen und Sieben des Fertigproduktes, vollkommen weg. Das Fertigprodukt ist so, wie es aus dem Krause-Apparat herauskommt, ohne weiteres verwendungsbereit.
Anwendungsgebiete: Milch, Molke, aufgeschwemmte Hefezellen, Fruchtsäfte, Kaffee, Teeauszüge, Sirupe, Farbstoffe, Gerbstoffe, Ablaugen, Seifenlösungen.
Die getrockneten Produkte zeichnen sich durch ihre voluminöse Beschaffenheit, leichte Löslichkeit und, soweit es sich um Milch und Molken handelt, die der Verfasser anläßlich der Besichtigung einer großen Anlage zu kosten Gelegenheit hatte, durch einen guten Geschmack aus. Mit der Einführung des Verfahrens befaßt sich die Metallbank und Metallurgische Gesellschaft in Frankfurt a.M.
Mezger.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.