Diakaustik, diakaustische Fläche

Diakaustik, diakaustische Fläche

Diakaustik, diakaustische Fläche. Die Lichtstrahlen, die an einer brechenden Fläche oder an einer Folge solcher Flächen (einer Linse oder einem Linsensysteme) nach dem Snelliusschen Gesetz gebrochen wurden, bilden eine Regelfläche, die man als diakaustische Fläche bezeichnet.

Sind, wie bei jedem Linsensysteme, die brechenden Flächen Umdrehungsflächen mit gemeinsamer Achse, so ist, wenn der leuchtende Punkt in dieser Achse liegt, auch die diakaustische Fläche eine Umdrehungsfläche mit derselben Achse (Optische Achse). Eine durch die Achse gelegte Ebene schneidet die Fläche in der Brennlinie oder Diakaustik, der erzeugenden Kurve der diakaustischen Fläche. Die Diakaustik ist die einhüllende Kurve (Enveloppe) der in der schneidenden Ebene verlaufenden Strahlen; sie besitzt eine in der Achse liegende Spitze, die für ein ebenfalls in der [166] Achse liegendes Auge das Bild des leuchtenden Punktes ist. Für jedes andre in der schneidenden Ebene liegende Auge liegt das Bild im Berührungspunkte der Tangente, die vom Auge aus an die Diakaustik gelegt werden kann. – Liegt der leuchtende Punkt im unendlich fernen Punkte der Achse, fallen die Strahlen also parallel der Achse ein, so ist die Spitze der Diakaustik der Brennpunkt der brechenden Fläche, der Linse oder des Linsensystems. – Bringt man jeden einfallenden achsenparallelen Strahl mit dem zugehörigen austretenden Strahle zum Schnitte, so erhält man als geometrischen Ort der Schnittpunkte wieder eine Umdrehungsfläche mit derselben Achse, die als Hauptfläche bezeichnet wird; sie schneidet die Achse im Hauptpunkte, dessen Abfand vom Brennpunkte die Brennweite des Systems ist. Da die Parallelstrahlen von beiden Seiten her kommen können ergeben sich für jedes System zwei Brennpunkte, zwei Hauptpunkte und zwei Brennweiten. Beschränkt man die Betrachtung auf der Achse sehr nahe liegende Strahlen, so kommt von der Hauptfläche nur das zentrale Flächenelement in Betracht; so gelangt man zum Begriffe der Hauptebene. Für eine einzelne brechende Kugelfläche fallen beide Hauptpunkte in ihrem Scheitel zusammen.

Im allereinfachsten Falle, dem der einzelnen brechenden Ebene, ist die Diakaustik die Evolute einer Hyperbel oder einer Ellipse, je nachdem die Strahlen aus dem dünneren Mittel in das dichtere oder aus dem dichteren Mittel in das dünnere übergehen; der letztere Fall kommt bei der Ermittlung der Bilder unter Wasser befindlicher Körper in Betracht. Die große Hauptachse der Ellipse – bezw. die reelle Hauptachse der Hyperbel – geht durch den leuchtenden Punkt und ist auf der brechenden Ebene senkrecht; der leuchtende Punkt selbst ist einer der beiden Brennpunkte des Kegelschnitts. Die halben Achsen sind


Diakaustik, diakaustische Fläche

bei der Hyperbel,


Diakaustik, diakaustische Fläche

bei der Ellipse,

wenn t der rechtwinklige Abstand des leuchtenden Punkts von der brechenden Ebene, n der Brechungsquotient ist.

Fig. 1 zeigt die Gestalt der Diakaustik für eine brechende Ebene und den Uebergang der Strahlen aus dem dünneren in das dichtere Mittel, Fig. 2 ihre Gestalt für eine brechende Ebene und den Uebergang der Strahlen dem dichteren in das dünnere Mittel. Fig. 3 zeigt, wie mit Hilfe der Diakaustik das Bild P eines unter Wasser befindlichen Punktes A für ein in O liegendes Auge gefunden wird. Die von O an die Diakaustik gelegte Tangente schneidet die [167] Ellipse, deren Evolute die Diakaustik ist, in N und die durch A gehende Vertikale in K. Man zieht nun N A; diese Linie schneidet das in K auf ON errichtete Perpendikel in L. Errichtet man endlich in L ein Perpendikel auf NL, so ist sein Schnittpunkt P mit ON der gesuchte Berührungspunkt dieser Tangente. – Fig. 4 stellt das Bild eines ganzen, unter Wasser befindlichen Körpers (Würfels) dar. Die strichpunktierten Linien geben das perspektivische Bild des ohne Wasser gesehenen, die nachgezogenen Linien das durch die Strahlenbrechung im Wasser veränderte Bild an. Man sieht, daß durch die Brechung das Bild gehoben und seine Höhe bedeutend verringert wird und ferner, daß die wagerechten Kanten des Bildes eine leichte Krümmung erfahren. Die Fig. 5, 6, 7 und 8 zeigen die in Betracht kommenden Stücke der bei einer brechenden Kugelfläche auftretenden Diakaustik, und zwar Fig. 5 für parallel der Achse eintretende Strahlen, Fig. 6 für Strahlen, deren Ausgangspunkt um das Doppelte des Radius der Kugel von ihrem Mittelpunkte entfernt ist, Fig. 7 für Strahlen, die von einem Punkte des Kreises ausgehen, und Fig. 8 für Strahlen, deren Ausgangspunkt innerhalb des Kreises liegt. Bei allen Figuren gilt die obere Hälfte für den Uebergang der Strahlen aus dem dünneren in das dichtere, die untere Hälfte für den Uebergang der Strahlen aus dem dichteren in das dünnere Mittel und für n = 1,5.


Literatur: [1] A. Cayley, Phil. Transact. 1857 und 1867. – [2] M. Pasch, Crelles Journal 1872. – [3] K. Schellbach, Zeitschr. f. d. phys.u. ehem. Unt. 1. 185, 283, 1888; 2. 291, 1889; 4. 129, 1891. – [4] K. Schellbach und F. Engels, Darstellende Optik, Halle 1878. – [5] A. Kiefer, Programm der Thurgauer Kantonschule für 1891/92, Frauenfeld 1892. – [6] H. Böklen, Math.-naturw. Mitteil., Tübingen, III., 1890. – [7] Meisel, Geometrische Optik, Halle 1886. – [8] Ders., Lehrbuch der Optik, Weimar 1889. – [9] Elemente der geometrischen Optik, Hannover 1908. – Auch die Lehrbücher der geometrischen Optik von Coddington, Loyd und Heath; für die Konstruktion der Bilder unter Wasser befindlicher Körper ferner Meisel, Lehrbuch der Perspektive, Leipzig 1908.

F. Meisel.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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