Eisenbetonbauten

Eisenbetonbauten

Eisenbetonbauten stellen die Anwendung des mit Schmiedeeiseneinlagen bewehrten Stampfbetons für die verschiedenartigsten Konstruktionen des Bauwesens dar.

Die älteste Anwendung des Eisenbetons (armierter Beton, béton arme) rührt von Monier (erstes französisches Patent 1867) her, welche Bauweise auch heute noch zur Ausführung gelangt. Nach dieser werden sowohl Platten als auch Gewölbe hergestellt. Die Eiseneinlagen sind hierbei 8–16 mm starke Rundeisen, die in Abständen von 10–15 cm in der Richtung der Kraftebene, und zwar immer auf der gezogenen Seite des Querschnittes angeordnet sind und mittels senkrechten schwächeren Rundeisen (Verteilungseisen) netzartig zusammengehalten werden (vgl. d. Art. Betoneisenkonstruktionen, Bd. 1, S. 737 f.). Bei größeren Gewölben für bewegliche Belastung, wo an beiden Querschnittsrändern Zugspannungen auftreten können, wird ein zweites Netz von Rundeiseneinlagen in der Nähe des oberen Randes angeordnet. Sämtliche später erfundene Bauweisen lassen sich in zwei Hauptgruppen gliedern. Bei der einen werden als Bewehrung schlaffe Eiseneinlagen verwendet, also Rund- und Flacheisen, mit Wulsten versehene Rundeisen (Thacher), in der Längsachse spiralförmig gedrehte Quadrateisen (Johnson) u. dergl. Diese Einlagen sind an und für sich nicht steif und werden erst durch den innigen Verbund mit dem Beton tragfähig. Bei der andern Gruppe werden selbständige, steife, daher tragfähige Gerippe aus Profileisen einbetoniert (Melan, Ribera). Um an totem Eigengewicht zu sparen, wurde die Bewehrung an einzelnen Stellen in Rippen konzentrisch angebracht, die aus der durchlaufenden Plattenkonstruktion hervortreten und so den Plattenbalkentypus bilden. Hauptvertreter dieses Systems ist: die Hennebique-Bauweise. Bei diesem dienen die stärkeren Rundeisen in der Rippe zur Aufnahme der Biegungszugspannungen, ein Teil dieser Eiseneinlagen wird gegen das Auflager nach oben zu aufgebogen zur Aufnahme der Scher- und Hauptzugspannungen. Außerdem sind noch bügelförmige, senkrecht um die Rundeisen geschlungene schwächere Eiseneinlagen, die sogenannten Bügel, vorhanden, die ebenfalls zur Aufnahme der Scherspannungen dienen. Die die Rippen verbindende Platte (Hourdis) erhält eine aus schwächeren Rundeisen bestehende Querbewehrung. In diese Gruppe gehört auch die Bauweise Möller mit fischbauchförmigen Tragrippen, die an der Unterseite eine Bewehrung aus Flacheisen haben, deren Enden durch angenietete Winkeleisen kräftig


Eisenbetonbauten


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[216] verankert sind. Bei der Bauweise Melan, die hauptsächlich bei Bogenkonstruktionen angewendet wird, bilden die Eiseneinlagen steife Bogenträger, die in Abständen von 70–120 cm liegen. Es sind entweder gebogene Walzträger oder genietete Gitterbogenträger. Bei diesem System tritt eine Verschiebung der Bewehrung nicht so leicht ein wie bei den Bauweisen mit schlaffen Eiseneinlagen. Ein Hauptvorteil desselben liegt darin, daß man nach der Montierung der eisernen Bogen das Lehrgerüst ganz oder teilweise an dieselben anhängen kann und dadurch an Kosten spart. Von andern neueren Systemen seien u.a. erwähnt: Jenes von Considère, bei dem zur Erhöhung der Druckfestigkeit die Längsbewehrung mittels einer schwachen, spiralförmig umschlungenen Bewehrung umschnürt wird (umschnürter Beton, beton freue); jenes von Visintini, bei dem genau so wie im reinen Eisenbau Eisenbetonfachwerksträger ausgeführt werden, jenes mit nietlosen Gitterträgern als Eiseneinlagen und viele andre.

Vorteile der Eisenbetonbauten. Dieselben liegen in der Feuersicherheit, die auf dem durch die schlechte Wärmeleitung des Betons bedingten Schutz des Eisens beruhen. Gegenüber den massiven Steinbauten sind sie wegen der kürzeren Herstellungsdauer fast immer im Vorteile. Sie sind gegen heftige Erschütterungen sehr widerstandsfähig, da die Stoßwirkung nicht nur an der gestoßenen Stelle aufgenommen wird, sondern infolge des monolithischen Zusammenhanges der Konstruktion auf alle Teile des Bauwerks überführt und dadurch die lebendige Kraft des Stoßes erschöpft wird.

Nachteile der Eisenbetonbauten. Diese bestehen darin, daß fast alle jene Bedingungen, durch die die Fertigkeit und Dauerhaftigkeit bestimmt wird, während der kurzen Zeit der Bauausführung erfüllt werden müssen und eine Prüfung derselben ohne Abbruch nicht möglich ist. Daher können sie später nicht mehr wirksam verstärkt werden. Der Abbruch solcher Bauten ist mühsam und zeitraubend.

Anwendungsgebiet der Eisenbetonbauten. Herstellung von Fundamenten von Säulen und Stützen, Wänden, Decken, Gewölben, Kuppeln, Dächern und Treppen, Bau ganzer monolithischer Gebäude, als Lager-, Geschäfts- und Fabrikshäuser, von Silos, ferner Herstellung von Balken- und Bogenbrücken (s. Eisenbetonbrücken), von Stützmauern, Uferverkleidungen, von Wasserbehältern, Bunkern, von Pfählen, Eisenbahnschwellen und vieles andre. Die wichtigsten Daten der verschiedenen Vorschriften für die Bewehrung und Ausführung von Eisenbetonbauten sind in den Tabellen S. 214 u. 215 zusammengestellt.


Literatur: [1] Emperger, Handbuch für Eisenbetonbau, 1. Aufl., Bd. 4, T. 1; Bd. 4, T. 2, Hochbau; 2. Aufl., Bd. 3, Grund- und Mauerwerksbau 1910; Bd. 4, Wasserwerksbau 1910; Bd. 5, Flüssigkeitsbehälter, Röhren, Kanäle, 1910; Bd. 7, Eisenbahntunnel und Bergbau, Berlin 1912. – [2] Kersten, Der Eisenbetonbau, 6. Aufl., T. 1, Anwendungen im Hoch- und Tiefbau, Berlin 1912. – [3] Mörsch, Ebend., 4. Aufl., Stuttgart 1912. – [4] Saliger, Der Eisenbeton, 3. Aufl., Leipzig 1911. – [5] Zeitschriften: »Beton und Eisen«, Berlin-Wien; »Armierter Beton«, Berlin; »Der Betonbau«, Wien; »Zement und Beton«, Berlin; »Zementbeilage« der Deutschen Bauztg.

Nowak.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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