- Gewerbeordnung [3]
Gewerbeordnung . Aenderungen der Gewerbeordnung und Ergänzungen des durch sie geregelten Rechts: Gesetz vom 23. Mai 1918, Reichsgesetzbl. S. 423 (Aufhebung des § 153 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, betreffend Koalitionszwang, s. Koalitionsrecht, Vertragsbruch). Verordnung des Reichsamts für die wirtschaftliche Demobilmachung vom 23. November 1918, Reichsgesetzbl. S. 1334 (Einführung des achtstündigen Arbeitstages, s. Arbeitstag [Arbeitszeit]). Verordnung vom 23. Dezember 1918, Reichsgesetzbl. S. 1456,[255] und vom 21. September 1919, Reichsgesetzbl. S. 1707, über Tarifverträge, Arbeiter- und Angestelltenausschüsse und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten, s. Koalitionsrecht, Vertragsbruch, Arbeiterausschuß, Einigungsämter. Verordnung vom 5. Februar 1919, Reichsgesetzbl. S. 176, über Sonntagsruhe im Handelsgewerbe und in Apotheken, s. Sonntagsruhe. Verordnung vom 18. März 1919, Reichsgesetzbl. S. 315, über die Regelung der Arbeitszeit der Angestellten während der Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung, s. Arbeitszeit, Sonntagsruhe. Die neue deutsche Reichsverfassung, welche den Versuch macht, für die Ordnung des Wirtschaftslebens bestimmte Verfassungsgrundsätze aufzuhellen, gewährleistet die Freiheit des Handels und Gewerbes nach Maßgabe der Reichsgesetze (Art. 151), auf der anderen Seite aber gewährt sie dem Reich nach näherer Maßgabe des Art. 156 die Möglichkeit zur Vergesellschaftung, d.h. der Ueberführung geeigneter privater wirtschaftlicher Unternehmungen in Gemeineigentum. Die Arbeitskraft wird unter den besonderen Schutz des Reichs gestellt, ein einheitliches Arbeitsrecht angekündigt (Art. 157), die Förderung und der Schutz des selbständigen Mittelstandes in Landwirtschaft, Gewerbe und Handel vorgeschrieben (Art. 164). Das Koalitionsrecht wird in Art. 159 gewährleistet, das Recht auf die nötige freie Zeit zur Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und zur Ausübung öffentlicher Ehrenämter für Arbeiter und Angestellte in Art. 160 (s. Koalitionsrecht, Fabrikgesetzgebung). Die Arbeiter und Angestellten sind nach Art. 165 dazu berufen, gleichberechtigt in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzuwirken. Sie erhalten zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen gesetzliche Vertretungen in Betriebsarbeiterräten sowie in nach Wirtschaftsgebieten gegliederten Bezirksarbeiterräten und in einem Reichsarbeiterrat. Bezirksarbeiterräte und Reichsarbeiterrat füllen zur Erfüllung der gesamten wirtschaftlichen Aufgaben und zur Mitwirkung bei der Ausführung der Sozialisierungsgesetze mit den Vertretungen der Unternehmer und sonst beteiligter Volkskreise zu Bezirkswirtschaftsräten und zu einem Reichswirtschaftsrat zusammentreten. Dem letzteren sind wichtige mitwirkende Aufgaben auf dem Gebiet der sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Gesetzgebung zugewiesen. Auf den ihnen überwiesenen Gebieten können den Arbeiter- und Wirtschaftsräten Kontroll- und Verwaltungsbefugnisse übertragen werden. Näheres über Aufbau und Aufgaben dieser Räte bleibt der Reichsgesetzgebung vorbehalten.
Die Sonntagsruhe (s.d.) bleibt gesetzlich geschützt.
Köhler.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.