Grenzausgleichung

Grenzausgleichung

Grenzausgleichung (Grenzberichtigung, Grenzherstellung, Grenzverlegung). – Soll eine Grundstücksgrenze, etwa ein vielfach gebrochener (also im allgemeinen unzweckmäßig verlaufender) Grenzzug, begradigt (ausgeglichen) werden, so daß die mehrfach gebrochene in eine ungebrochene oder nur einmal oder wenig gebrochene Grenze verwandelt wird, so handelt es sich um eine Grenzausgleichung oder Begradigung. Für dieselbe sind in der Regel durch die obwaltenden Umstände gewisse Bedingungen für die Lage der Linie gegeben, die mehr oder weniger streng zu erfüllen sind.

So kann für den gebrochenen Grenzzug o–4 (s. die Figur) zwischen den Grundstücken A und B die Bedingung vorliegen, daß die neue Grenzlinie parallel zu einer gegebenen Linie m n (Grenzlinie, Weg, Graben) oder rechtwinklig zu einer gegebenen Linie, etwa zu m m' oder n n', liegen soll, oder daß sie einen Punkt mit dem alten Grenzzug gemeinsam haben soll, z.B. o oder 4 oder 2, oder einen gar nicht dem Grenzzüge angehörenden Punkt wie p. Am einfachsten wird hierbei von einer Hilfslinie ausgegangen, welche die eine Bedingung bezüglich der Lage der Linie (also z.B. parallel zu. m n, rechtwinklig zu m m', oder durch Punkt o oder p u.s.w.) streng erfüllt, die Flächenbedingung aber nach Schätzung soweit möglich. Von dieser Hilfslinie als Abszisse (z.B. der in der Figur punktierten o–5) wird dann der vorhandene Grenzzug mit rechtwinkligen Abständen (Ordinaten) aufgemessen und die Fläche zwischen der Hilfslinie und der Grenze berechnet (s. Flächenberechnung). Die Flächensumme muß Null sein. Ist das nicht der Fall, so ist die Abweichung so zu beseitigen, daß sowohl die Bedingung für die Lage der Linie als auch diese Flächenbedingung erfüllt wird. Beträgt die Abweichung ∆ F, so ist bei Parallelverschiebung die Linie um ∆ F : s zu verschieben (s = Länge der Abszisse), bei Schwenkung um einen Endpunkt, z.B. o, ist am andern Ende 2 ∆ F : s rechtwinklig abzusetzen oder dieser Wert auf die Grenzlinie (z.B. n n') umzurechnen. Weiteres über die Berechnung bei beliebiger Lage des Punktes, sowie die Begradigung von Wegen, Bächen u.s.w., auch unter Berücksichtigung verschiedener Bonitäten, s. [1]. Das Allgemeine findet sich behandelt in den im Art. Geodäsie genannten Lehrbüchern.

Um Grenzherstellung (auch -regulierung, -berichtigung genannt) handelt es sich, wenn eine Grenze »verdunkelt«, d.h. nicht mehr erkennbar oder verschoben ist und Grenzzeichen nicht mehr vorhanden oder nicht aufzufinden sind. Die Herstellung der Grenze erfolgt auf Grund der vorhandenen Vermessungsakten, Vermessungshandrisse oder der Karte.

Im ersten Fall sind die für die Grenze in Betracht kommenden Messungslinien wiederherzustellen und von diesen die für die Aufmessung der Grenze erhaltenen Zahlen abzusetzen und sodann die Absteckung zu kontrollieren. Geschieht die Wiederherstellung auf Grund der [625] Karte, so sind die Maße für die Absteckung aus dieser im Anschluß an unzweifelhafte feste Punkte zu entnehmen, vorher aber sorgfältig die Uebereinstimmung der Karte mit der Wirklichkeit (unter Berücksichtigung des Papiereinganges) zu prüfen. Grenzwiederherstellungen auf Grund alter Karten können sehr unsicher sein, wie überhaupt selbstverständlich bei der Wiederherstellung die unvermeidlichen Messungsfehler der Urmessung, der Absteckung bezw. der Karte zusammenwirken. Entspricht die Wiederherstellung einer Grenze dem Augenscheine nach nicht der Wirklichkeit, ein Fall, der bei Grenzwiederherstellungen auf Grund alter Karten nicht selten eintritt, so ist am zweckmäßigsten eine Einigung unter den Interessenten auf dem Vergleichswege (etwa auf Grund der Aussagen unbeteiligter ortskundiger Zeugen) herbeizuführen. Ein weiteres Mittel bietet die Neubestimmung der Grenze auf Grund der im Flur- bezw. Grundbuche u.s.w. gegebenen Flächen für die in Betracht kommenden Grundstücke. Dadurch wird eine Scheidung der Grundstücke nach den als richtig und unanfechtbar anzuerkennenden Flächenangaben erzielt.

Die neue Grenze bedarf der Anerkennung aller Interessenten, bezw. bei Herstellung der Grenze im Prozeßwege des auf die Aussagen des landmesserischen Sachverständigen oder Zeugenaussagen gegründeten richterlichen Urteils (vgl. hierzu § 920 des Bürgerlichen Gesetzbuches).


Literatur: [1] Gauß, F.G., Die Teilung der Grundstücke, 4. Aufl., Berlin 1904.

Reinhertz.

Grenzausgleichung

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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