- Flächenberechnung
Flächenberechnung. Die Berechnung des Inhaltes vermessener Flächen kann erfolgen 1. unmittelbar aus den Messungsergebnissen, 2. auf Grund danach angefertigter Karten.
1. Die Flächenberechnung nach Messungen. Die Grundfigur für die Flächenberechnung, auf die schließlich jede noch so verwickelte Figur durch Zerlegung zurückgeführt werden kann, ist das Dreieck mit der Flächenformel 2 F = h g (2 F = doppelter Flächeninhalt, g Grundlinie, h Höhe). Zum Beispiel für Flächen wie Fig. 13 ist
Fig. 1: 2 F = (h1 + h2) g;
Fig. 2: 2 F = h1 g1 + h2 g2;
Fig. 3: 2 F = (h1 + h2) g1 + (h3 + h4) g2.
Eine sehr häufig bei der Aufmessung mit Hilfe rechtwinkliger Abstände (Koordinatenmethode) sich ergebende Aufgabe ist die Flächenberechnung für Figuren wie 46, wobei nach folgenden Formeln zu rechnen ist:
Fig. 4: 2 F = h1(g1 + g2) + h2(g2 + g3);
Fig. 5: 2 F = h1(g1 + g2) + h2(g2 + g3) h3(g3 + g4) + h4(g4 + g5);
Fig. 6: 2 F = h1(g1 + g2) + h2(g2 + g3) h3(g4 + g5) + h4(g5 + g6).
Nach diesen einfachen Regeln können bei passender Anordnung der Messung einzelne Grundstücke oder Verbände von Grundstücken unmittelbar aus den im Felde gewonnenen Messungszahlen berechnet werden. Es ist jedoch erforderlich, für jede Bestimmung eine Probe für die Messung und Rechnung zu[69] beschaffen, um die Flächenermittlung vor Fehlern und deren Folgen zu schützen. Dazu sind die Messungen so auszuführen, daß eine zweite unabhängige Flächenbestimmung ermöglicht wird, die sich durch andre Anordnung der Rechenfiguren ohne weiteres ergibt, z.B. in Fig. 1 durch Verwendung der zweiten Diagonale, in Fig. 2 durch Bestimmung beider Abstände h de Eckpunkte auf beiden Linien g1 und g2, u.s.w.
Für die Berechnung des Inhaltes von Längen- oder Querprofilen ergibt sich nach Fig. 5 die Fläche zwischen den Ordinaten h1 und h4 entsprechend der Formel zu Fig. 5:
2 F = h1g1 + h2 (g2 + g3) + h3 (g3 + g4) + h4 g4.
Sind für sämtliche Eckpunkte einer Figur (Vieleck) die Koordinaten y, x in einem ebenen rechtwinkligen Koordinatensystem berechnet, so ergibt sich der Inhalt der Figur nach der allgemeinen Formel: 2 F = ∑ yn (xn 1 xn + 1) = ∑ xn (yn + l yn 1). Die Formel liefert eine doppelte Bestimmung. Bei ihrer Anwendung ist jede Ordinate mit dem Unterschiede der ihr vorhergehenden und folgenden Abszisse, und jede Abszisse mit dem Unterschiede der ihr folgenden und vorhergehenden Ordinate zu multiplizieren. Die Reihenfolge der Punkte muß, dem Drehungssinn des Koordinatensystems entsprechend, rechtsläufig sein. Die Summe der Ordinaten bezw. Abszissenunterschiede muß Null sein. Das folgende Zahlenbeispiel erläutert die Anwendung der Formel und das Rechnungsverfahren:
Große Koordinatenwerte werden entsprechend gekürzt.
Endlich kann auch der Flächeninhalt von Vielecken unmittelbar aus den Vieleckseiten und Winkeln nach L'Huiliers Flächenformel berechnet werden, die lautet: Der doppelte Inhalt eines Vielecks ist gleich der Summe aller aus je zwei Seiten und den Sinussen der Summe aller zwischen ihnen liegenden Vieleckswinkel möglichen Produkte, wobei alle diejenigen Produkte negativ sind, in denen die Sinusse einer geraden Anzahl von Winkeln vorkommen. (Weitere Formeln für die Flächeninhaltsbestimmung von Dreiecken s. Dreiecksberechnung.)
2. Die Flächenberechnung nach Plänen. Bei der Vermessung zusammenhängender Grundstückskomplexe ganzer Gemarkungen u.s.w. erfolgt die Flächenberechnung in der Regel nach den dafür angefertigten Plänen durch Zerlegung in Dreiecke nach denselben Formeln wie oben. Die erforderlichen Maße werden vom Plan entnommen. Dazu dienen Anlegemaßstab oder Zirkel und Abgreifmaßstab, der bei der Kartierung benutzte Auftragapparat oder eine mit einer engen Quadratnetzteilung versehene Glastafel (Glasplanimeter), die besonders empfehlenswert ist für die gleichzeitige Ablesung von (h1 + h2) und g in einem Viereck (vgl. die obenangegebenen Formeln) und als zweckmäßigstes Hilfsmittel die »Flächenmeßtafel«, eine transparente hyperbolische Produktentafel, an der sofort das Produkt abgelesen werden kann (s. Planimeter). Mit Rücksicht auf die Genauigkeit der Flächenermittlung und die Fehler der Kartierung ist die Messung so auszuführen, daß kleine Parzellen nach Möglichkeit unmittelbar aus Messungszahlen berechnet werden können (s. Stückvermessung) und daß, wenn bei den Flächenprodukten gh einer der Faktoren sehr klein im Vergleich zum andern ist, für diesen kleinen Wert die unmittelbar gemessene Länge benutzt werden kann, z.B. die Breiten (Kopfbreiten) langgestreckter Parzellen. Für sehr schmale Flächen wie Wege, Bäche sind besondere Regeln zu beachten [1].
Die zur Vereinfachung der Ausrechnung zuweilen angewendete Verwandlung der Figuren (Vielecke in Dreiecke) ist im allgemeinen nicht empfehlenswert, da sie eine erhebliche Fehlerquelle in sich schließt. Zur Vereinfachung unregelmäßiger Grenzzüge u.s.w. bietet sie dagegen in manchen Fällen einen gewissen Vorteil, besonders bei der Inhaltsberechnung für Profile sowie zur Erleichterung der Multiplikation, indem ein Faktor zu einer bequemen Zahl (100, 200) gemacht wird. Zur Ausmultiplikation der Faktoren sind stets geeignete Rechenhilfsmittel (Rechenmaschine, Rechenschieber, Produktentafel [2]) zu verwenden und die Faktoren in liniierte Berechnungsformulare einzutragen, die bei umfangreichen Rechnungen ganz unentbehrlich sind (bei amtlichen Rechnungen besonders vorgeschrieben, vgl. [1]).
Zur Ausführung der graphischen Berechnung in Plänen stehen verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung, die man allgemein als Planimeter (Faden-, Glas-, Linear-, Polar-, Scheibenroll-, Kugelrollplanimeter) bezeichnet. Ueber Konstruktion und Gebrauch dieser Hilfsmittel s. den Art. Planimeter.
Werden krummlinig begrenzte Figuren durch ein System gleichabständiger (Abstand x) paralleler Linien zerlegt, so kann der Inhalt, wenn die Krümmung außer Betracht bleibt, als die Summe der Trapeze aus den Mittellinien p der schmalen Trapeze nach der Formel
F = x [p1 + p2 + p3 ... pn]
[70] (vgl. Fadenplanimeter) bestimmt werden. Wenn die Krümmung in Betracht gezogen werden muß und dieselbe zwischen den Parallelen durch eine parabolische Kurve sich ausdrücken läßt, so kann zwischen den Parallelen y0 und yn von der Simpsonschen Flächenformel
F = x/3 [y0+ yn + 4 (y1 + y3 + ... yn 1) + 2 (y2 + y4 + ... yn 2)]
Gebrauch gemacht werden.
Die Flächeninhaltsberechnung bei der Vermessung größerer Gebiete (ganze Gemarkungen, Fluren u.s.w.) zerfällt in verschiedene Arbeitsstadien:
1. Die Berechnung des Sollinhaltes für ein Kartenblatt (Flur, Block u.s.w.) entweder aus den Koordinaten des das Blatt umschließenden Randpolygons oder auf graphischem Wege aus den Netzquadraten des Koordinatensystems (große Massenberechnung [1]).
2. Die Einzelberechnung der Parzellen (Grundstücke, Eisenbahnen, Wege, Bäche u.s.w.). Diese erfolgt der Probe wegen zweimal unabhängig voneinander (z.B. aus Messungszahlen und graphisch) in der Regel von verschiedenen Rechnern.
3. Besondere Proberechnungen, die gegen grobe Versehen (Auslassen von Parzellen, Verwechslungen u.s.w.) schützen sollen, weshalb das Blatt in einige passend angeordnete Teile (Gruppen von Parzellen) zerlegt wird, nach [1] sogenannte kleine Massenberechnung.
4. Die Ausgleichung der gemittelten Einzelberechnungen nach 2. auf den nach 1. bestimmten Sollbetrag. Es ergibt sich demnach der Inhalt des ganzen Blattes nicht aus der Summe der Einzelparzellen, sondern aus der Berechnung des ganzen Blattes, auf welche die Einzelberechnungen ausgeglichen werden.
Für alle diese Berechnungen sind entsprechend festgesetzte Fehlergrenzen innezuhalten, die in den für die verschiedenen Staaten erlassenen Vermessungsanweisungen, Reglements u.s.w. angegeben sind. Diese Fehlergrenzen, bei denen die Genauigkeit der Flächeninhaltsberechnung unter Berücksichtigung der Messungsfehler, der Kartierungsfehler, des Maßstabes der Karte u.s.w. zu beachten sind, werden als eine Funktion der Flächengröße zum Ausdruck gebracht, wobei naturgemäß die Funktion verschiedene Formen annehmen kann. Dementsprechend haben auch die amtlich festgesetzten Fehlergrenzformeln in verschiedenen Instruktionen eine verschiedene Form. Ein Beispiel für diese Fehlergrenzen gibt folgende Zusammenstellung:
Zu berücksichtigen ist hierbei der Eingang des Papiers (s.a. Karte, Kartierung sowie [1]).
Literatur: Weiteres s. die in dem Art. Geodäsie genannten Hand- und Lehrbücher der Geodäsie, z.B. Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, Bd. 2, 1904, sowie die amtlichen Vermessungsanweisungen, z.B. [1] VIII. Anweisung vom 25. Oktober 1881 für das Verfahren bei Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters, Berlin 1882. [2] Crelle, A.L., Rechentafeln, Berlin 1880, sowie Zimmermann, H., Rechentafel, Berlin 1889, und Zimmermann, L., Rechentafeln, Liebenwerda 1895.
Reinhertz.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.