Hauptgesims

Hauptgesims

Hauptgesims (Kranzgesims, Dachgesims), bildet den oberen Abschluß und die Bekrönung des Gebäudes; es muß daher weiter als die übrigen Gesimse ausladen und zur Höhe des ganzen Baues in richtigem Verhältnis liehen. In technischer Hinsicht unterscheidet man: 1. Hausteingesimse, 2. Backlteingesimse, 3. Holz- oder Sparrengesimse.

1. Bei den monumentalen Hausteingesimsen bildet den Hauptteil die Deck- oder Hängeplatte (s.d.) mit ihren tragenden Untergliedern und der darüberliegenden Rinne (Kanal oder Sima) (Fig. 1) (s. Dachrinne, Bd. 2, S. 508 f.). Ferner ein Fries, der glatt gehalten oder mit plastischem oder farbigem Schmuck, Inschriften u. dergl. versehen, unten aber durch ein Band, Halsglied oder den Architrav abgeschlossen ist (s. Säulenordnung). In der Antike und dem Renaissancestil richten sich Form und Verhältnis des Hauptgesimses im allgemeinen nach den Regeln der Säulenordnungen (s.d.). Im Mittelalter aber bildeten Zinnen, Brüstungsgalerien oder starke Kehlen den bekrönenden Abschluß [1].

Die bedeutende Ausladung der Hängeplatte großer Hauptgesimse über die Gebäudeflucht erfordert besonders an den Gebäudeecken eine technische Sicherstellung, um ein Hinausziehen oder Herabstürzen der Platten zu verhüten. Dabei ist zu beachten, daß der Schwerpunkt der Platte (Fig. 2) innerhalb der Gebäudeflucht liegt. Ferner muß die Deckplatte, wenn tunlich, über die ganze Stärke der Mauer durchgreifen. Ist letzteres nicht möglich, so kann durch Anordnung von einzelnen Bindern, die leichtere Zwischenstücke tragen (Fig. 3), abgeholfen werden. Besonders aber dient a) eine Belastung der eingreifenden Teile durch Aufmauerung oder b) eine Verankerung nach unten mit dem Stockmauerwerk (Fig. 4) sowie c) eine Erleichterung der Hängeplatte durch Ausarbeiten von Kassaturen zur Sicherstellung der Konstruktion [1], [2]. Vgl. a. Hängeplatte (Schlußsatz).

2. Die Backsteingesimse können aus gutgebrannten, gewöhnlichen Steinen, besser aber unter Anwendung von sogenannten Normalsteinen hergestellt werden. Dabei ist zu beachten, daß durch die gegebene Abmessung des Backsteins (s.d.) eine größere Ausladung als halbe Steinbreite ausgeschlossen ist. Durch allmähliches Vortreten und Ueberkragen, Einschieben von Roll- und Kopfschichten und eine größere Höhe des Gesimses können schöne[789] Wirkungen erzielt werden [4]. Eine charakteristische Form dieser Gesimse ist der Bogenfries. Zur reichsten und vollendetsten Ausbildung dienen die sogenannten Terrakotten, kastenartig geformte Stücke, die unter Verwendung von gewöhnlichen Steinen, Eisenklammern u.a. in das Stockmauerwerk einbinden [5]. Diese können als Tragsteine, Eierstäbe, Zahnschnitte, Kassetten, Bänder u.s.w. in einzelnen Stücken bis zu 50 cm Länge sowie auch als Friesfüllungsplatten in Flächen von 1,20 m lang und 0,70 m hoch erstellt werden. Beim Versetzen ist zu berücksichtigen, daß sie keinen Druck aushalten und trocken einzusetzen sind [2].

3. Die weitausladenden Holz- oder Sparrengesimse, die einen zierlichen und ländlichen Eindruck gewähren, finden ihre Anwendung vornehmlich an Gebäuden, die in leicht vergänglichen Stoffen, wie Holzwerk, Kalkputz u. dergl., erstellt sind, und eines Schutzes gegen Wetterschlag u.s.w. bedürfen. Diese Gesimse werden entweder durch wagerecht ausladende Balkenköpfe oder schräge Sparrenvorsprünge gebildet, mit Zwischenfeldern aus Holzschalung und Leistenwerk, und sollen in formaler Ausbildung nicht als Nachahmung von Steingesimsen erscheinen (Fig. 5). Als Weite der Ausladung rechnet man bei einstöckigen Bauten 35–50 cm, für zweistöckige 50–60 cm, für höhere 90–120 cm. In der Zeit der italienischen Frührenaissance kamen Ausladungen bis 2,0 m vor (Pal. Poltini in Siena, Fig. 6). An den Holzbauten der Schweiz und Tirols sowie an landwirtschaftlichen Gebäuden betragen die Ausladungen bis zu 2,50 m.


Literatur: [1] Handbuch der Architektur, Darmstadt 1891, 3. Teil, Bd. 2, Heft 2, S. 114–169. – [2] Breymann, Baukonstruktionslehre, 1. Teil; Warth, Konstruktionen in Stein, Leipzig 1896, Kap. 2, 4, S. 90 ff. – [3] Baukunde des Architekten, Bd. 1, 1. Teil, Berlin 1893, VIII. Steingesimse, S. 178 ff. – [4] Uhde, K., Die Konstruktionen und die Kunstformen in der Architektur, Bd. 4, Berlin 1905. – [5] Strack, H., Ziegelbauwerke des Mittelalters und der Renaissance im Italien, Berlin 1889.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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