- Kanalwässer
Kanalwässer (Abwässer, Abfallwässer, Hauswässer, Schmutzwässer, Spül-, Stadtjauche) sind, sowohl was Wassermenge als auch was Gehalt an Schmutzstoffen anbetrifft, einem außerordentlichen Wechsel je nach Ort, Jahres- und Tageszeit unterworfen. Bei der Schwemmkanalisation (Mischsystem) bestehen die Kanalwässer aus einem Gemisch von Brauch- und Klosettwässern sowie nicht selten Grundwasser; zu welchem noch das Regenwasser hinzukommt. Die gesamte gelöste Stickstoffmenge in einem Kubikmeter Kanalwässer beträgt hierbei durchschnittlich etwa 50100 g. Die Schwebestoffe (organische und unorganische) wechseln im Mittel gewöhnlich zwischen 200 und 1200 g pro Kubikmeter, während die gelösten Stoffe sich auf 8001000 g im Kubikmeter, entsprechend ebensoviel Milligramm im Liter, durchschnittlich bemessen. Noch weiter liegen die Zahlen der im Kanalwässer gefundenen Bakterien auseinander. Es genügt, darauf hinzuweisen, daß ein großer Reichtum an Arten von Mikroorganismen bei ungeheuer wechselnder Keimzahl im Kanalwässer vorhanden ist.
Eine Uebersicht über einige vorkommende Gehaltszahlen geben die in der Tabelle S. 368 zusammengefaßten Beispiele.
Der Wechsel in der Beschaffenheit der Kanalwässer innerhalb 24 Stunden ist bemerkenswert, wie u.a. das Beispiel von Köln zeigt [8], S. 33 (vgl. a. [7], S. 99). Es sind durchschnittlich im Liter Kölner Kanalwässer an organischen Schwebestoffen enthalten: In den Morgenwässern (von 612 Uhr vormittags) 279 mg, in den Mittagswässern (von 126 Uhr abends) 311 mg, in den Abendwässern (von 612 Uhr abends) 219 mg, in den Nachtwässern (von 12 Uhr nachts[368] bis 6 Uhr morgens) 56 mg. Die Mengen dieser Wässer verhielten sich hierbei etwa wie 0,666 : 1 : 1 : 0,5 ([8], S. 20). Die Temperaturen der Kanalwässer wechseln in den Hauptsammelkanälen durchschnittlich etwa zwischen 10° und 20° C., in weiteren Grenzen zwischen 8° und 25° C. Näheres über Menge und Zusammensetzung der Kanalwässer, welche als »besonders unreine, an organischen Stoffen reiche Wässer mit hohem Keimgehalt« bezeichnet werden müssen, s. [1], S. 235; [2], S. 149; [3], S. 104 und 119; [4], S. 223 [5] und [6] und Kanalisation der Städte sowie Kläranlagen.
Literatur: [1] Baumeister, Städtisches Straßenwesen und Städtereinigung, Berlin 1890. [2] Büsing, Die Kanalisation, in Weyls Handbuch der Hygiene, Jena 1894. [3] Brix, Pfuhl u. Nocht, Hygienisch-technischer Teil von Behrings Bekämpfung der Infektionskrankheiten, Leipzig 1894. [4], Vogel, Die Verwertung der städtischen Abfallstoffe, Berlin 1896. [5] Büsing, Die Städtereinigung, Bd. 3, Der städtische Tiefbau, Stuttgart 1901. [6] Frühling, Die Entwässerung der Städte, Handbuch der Ingenieurwissensch., 4. Aufl., 3. Teil, Bd. 4, Leipzig 1903. [7] Das städtische Tiefbauwesen in Frankfurt a.M., Städtisches Tiefbauamt, Frankfurt a.M. 1903. [8] Steuernagel, Die Probekläranlage zu Köln-Niehl, Heft 4 der Mitteilungen aus der Kgl. Versuchs- und Prüfungsanstalt für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung zu Berlin 1904; vgl. a. die Literaturangaben zu Flußverunreinigung.
J. Brix.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.