Anthrachinon

Anthrachinon

Anthrachinon (Diphenylendiketon), von der Zusammensetzung


Anthrachinon

Es leitet sich vom Anthracen (s.d.) ab. Das Anthrachinon sublimiert in glänzenden, gelben, bei 277° schmelzenden Nadeln, die nicht allzu leicht in kochendem Benzol und Eisessig löslich sind. Es ist sehr beständig gegen Oxydationsmittel. Durch Reduktion liefert es je nach den Bedingungen Anthracen oder die Zwischenprodukte: Oxanthranol, Anthranol und Hydranthranol. Durch schmelzendes Kali wird es in zwei Moleküle Benzoesäure zerlegt, durch Hydroxylamin in Anthrachinonoxim C14H8O(NOH) umgewandelt. Von konzentrierter Schwefelsäure wird das Anthrachinon in der Kälte ohne Veränderung gelöst, in der Wärme bilden sich zwei Sulfosäuren; rauchende Schwefelsäure wirkt sofort ein unter Bildung einer Monosulfosäure,[235] die das Ausgangsmaterial für das Alizarin bildet. Auch vom Anthrachinon leitet sich eine Reihe von Derivaten durch Substitution ab. Ein Teil derselben, die Oxyanthrachinone, bilden die Anthracenfarbstoffe (s. Alizarin), der andre Teil hat technische Bedeutung als Ausgangsmaterial für diese Farbstoffe und wird bei denselben besprochen werden.

Das Anthrachinon wird durch Oxydation von Anthracen mittels Kaliumbichromat (resp. Natriumbichromat) und verdünnter Schwefelsäure gewonnen: In eine heiße Lösung von 100 bis 150 kg Kaliumbichromat in 1500 l Wasser, die in einen mit Blei ausgeschlagenen, mit Rührwerk versehenen und mit Dampf heizbaren Holzbottich eingetragen worden ist, gibt man allmählich und unter stetem Rühren 100 kg 60 prozentiges feingepülvertes Anthracen (s.d.). Durch ein bis in die Mitte der Flüssigkeit ragendes Bleirohr tritt von einem höher gelegenen Bassin aus während 9–10 Stunden verdünnte Schwefelsäure von 30° Bé ein, die aus 140–210 kg Schwefelsäure von 66° Bé bereitet worden ist. Nachdem die Säure vollständig eingetragen, wird noch kurze Zeit gekocht und dann erkalten gelassen, das ausgeschiedene Rohanthrachinon durch Abschleudern von der Mutterlauge abgeschieden und getrocknet. Es enthält noch Phenanthren, Akridin und Karbazol. Um es von diesen zu trennen, benutzt man seine Eigenschaft, in konzentrierter Schwefelsäure beim Erwärmen bis auf 100° ohne Veränderung löslich zu sein während jene entweder sofort oder nach ihrer Umwandlung in chinonartige Körper in Wasser leicht lösliche Sulfosäuren bilden. Das Rohprodukt, das gewöhnlich 115–120 kg wiegt, wird daher in 2–3 Teile Schwefelsäure von 66° Bé eingetragen und unter Umrühren in einem gußeisernen Kessel auf 80° erhitzt. Man läßt in Bleiwannen erkalten, versetzt dann mit der zwanzigfachen Menge Wasser und erhitzt zum Kochen. Das so erhaltene Rohprodukt, ein grünlich bis gräulichgelb gefärbtes, kristallinisches Pulver, ist ungefähr 90 prozentig; durch Kochen mit Sodalösung und Sublimieren steigt sein Gehalt an Chinon bis auf 98%. Aus 100 Teilen Anthracen von 60% werden 50–55 Teile Anthrachinon gewonnen. Die Mutterlaugen, die den Chromalaun enthalten, werden rationell wieder auf Kaliumbichromat verarbeitet. Zur Darstellung des Anthrachinons im kleinen verfährt man zweckmäßig so, daß man das Anthracen in Eisessiglösung mit 2 Teilen Chromsäure oxydiert, wobei man von einem möglichst reinen Kohlenwasserstoff ausgeht und das Gemisch so lange am Rückflußkühler kocht, bis es eine rein grüne Farbe angenommen hat. Danach destilliert man den größten Teil des Eisessigs ab, scheidet das Chinon mit Wasser aus, wäscht es mit Sodalösung und heißem Wasser und kristallisiert es aus Eisessig um. Die Verwendung des Anthrachinons wurde oben gestreift; das Nähere darüber ist unter Alizarin nachzusehen.

Der Entdecker des Anthrachinons ist Laurent, der es durch Oxydation des Anthracens mit Salpetersäure erhielt. Später haben sich Anderson, Fritzsche, Gräbe und Liebermann, Kekulé und Franchimont, Zincke und Fittig an seiner Untersuchung beteiligt. Man hielt den Körper zunächst für ein Chinon, bis spätere Arbeiten die Unhaltbarkeit dieser Auffassung erwiesen und zur Aufstellung der eingangs gegebenen Konstitutionsformel führten, nach der das Anthrachinon als Doppelketon erscheint; auf diese Formel stützen sich alle Betrachtungen über die Konstitution der Anthracenderivate.

Die Anwendung von Chromsäure in Eisessiglösung zur Darstellung von Anthrachinon aus Anthracen wurde 1868 von Gräbe und Liebermann und gleichzeitig von Fritzsche aufgefunden. Erstere ersetzten die Chromsäure dann durch Kaliumbichromat und Schwefelsäure. Das Verfahren zur Reinigung des Rohchinons mittels konzentrierter Schwefelsäure rührt von Gessert her.


Literatur: Schulz, G., Die Chemie des Steinkohlenteers, 2. Aufl., Braunschweig 1886; 1. Teil, S. 696 ff.; Schmidt, Lehrbuch der pharm. Chemie, Braunschweig 1901; Lunge-Köhler, Industrie des Steinkohlenteers, Bd. 1, Braunschweig 1900.

Bujard.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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