- Salpetersäure [2]
Salpetersäure, HNO3, spez. Gew. 1,520 bei 15°. Die Herstellung der Salpetersäure aus dem Stickstoff und Sauerstoff der Luft (s.a. Oxydation des Stickstoffs unter Stickstoff im Erg.-Bd.) geschieht bereits seit 10 Jahren fabrikmäßig in immer größer werdendem Maßstabe; doch sind die hergestellten Mengen im Verhältnis zum Bedarf noch sehr gering [1].
Die Gewinnung konzentrierter Salpetersäure auf diesem Wege ist erst vor kurzem gelungen (Verfahren der Höchster Farbwerke) [2]. Die bisher in die Industrie eingeführten Verfahren für die Salpetersäureherstellung aus Luft (Birkeland-Eyde und Schönherr) und auch einige neuere (Häußer) beruhen darauf, daß der Stickstoff bei etwa 20003000° sich mit dem Sauerstoff zu Stickoxyd (NO) verbindet, und zwar mit dem Steigen der Temperatur bis 3000° immer mehr Stickoxyd entsteht, diese reichere Ausbeute aber während des Abkühlens oberhalb 1500° großenteils wieder in Stickstoff und Sauerstoff zerfällt, nach sehr raschem Abkühlen bis unterhalb 1500° jedoch haltbar ist. Das Stickoxyd verbindet sich mit einem Teil des übrigen Sauerstoffs zu Stickstoffdioxyd (NO2), welches in der Kälte mit Wasser Salpetersäure nebst salpetriger Säure bildet [1].
Bei den Verfahren Birkeland-Eyde und Schönherr wird die hohe Temperatur durch elektrischen Wechselstromflammenbogen erzeugt. Bei dem ersten wird der Flammenbogen mittels zwei entgegengesetzter, vor und hinter dem flachen Reaktionsraum genäherter Elektromagnetpole zu einer großen Scheibe (»elektrische Sonne«) abgeplattet, die sich in der Ebene der wagerecht gelagerten wassergekühlten Kupferelektroden befindet; die Luft wird von oben diagonal hindurchgeblasen. Bei dem Verfahren von Schönherr wird der Wechselstromflammenbogen am unteren Ende eines geraden und sehr langen engen gekühlten Rohres erzeugt und durch den unten eingeblasenen wirbelnden Druckluftstrom bis auf etwa 6 m Höhe gedehnt (ähnlich wie der Blitz durch den Wind). Die austretende Luft enthält jedoch auch hierbei nur einige Volumprozente (bis 2,5) Stickoxyd [1]. Dies Verfahren scheint dem ersten überlegen, doch gehen andere neuere Verfahren wieder auf den scheibenförmigen Lichtbogen zurück. Pauling will die elektrische Leitfähigkeit der Ofenwände durch Unterbrechungen mindern [2]. Uebrigens hat Haber neuestens nachgewiesen, daß der Flammenbogen nicht nur durch hohe Temperaturen günstig zu wirken vermag [1]; er hat bei neuesten Versuchen mit weniger heißen Wechselstromflammenbogen und bei Minderdruck sogar bis 10% Stickoxyd in der austretenden Luft erzielt [4]. Bei dem aussichtsreichen neueren Verfahren von Häußer [2] wird die hohe Temperatur durch dem Gasmotor nachgeahmte Herbeiführung von Explosionen erzeugt, wodurch die so nötige Kürze der Erhitzungszeit über 1500° gut erreichbar scheint; es soll eine Mischung von Leuchtgas mit sauerstoffbereicherter Luft unter Druck gezündet werden [2]. Ebenso hat man statt Leuchtgas Koksofengase benutzt. Die gewonnene sehr verdünnte Gasmischung von Stickoxyd mit inzwischen gebildetem Stickstoffdioxyd wird (nach Ausnutzung ihrer Hitze zum Abdampfen) in Rieseltürmen entweder durch Wasser in Salpetersäure verwandelt und dann von Kalkmilch aufgenommen oder zum Zweck der Gewinnung konzentrierter Salpetersäure nach dem Verfahren von Pauling durch Schwefelsäure aufgenommen, nach dem Verfahren der Höchster Farbwerke aber unter Zuführung von Sauerstoff in Wasserrieseltürmen mittels Gegenstrom angereichert [2]. Man Stellt auch direkt Ammoniumnitrat her [1]. Vgl. a. Norgesalpeter, S. 567.
Schließlich ist es ebenfalls möglich, die Salpetersäure auf dem Umwege über das Ammoniak herzustellen, indem man zunächst nach Serpek Aluminiumnitrid gewinnt oder am besten nach Haber aus Stickstoff und Wasserstoff bei schwacher Glut und sehr hohem Druck in Gegenwart von Kontaktkörpern das Ammoniak zusammensetzt. Dies bildet in Mischung mit Sauerstoff oder Luft bei Berührung mit glühenden Kontaktkörpern (Platinasbest) Salpetersäure (Verfahren von Ostwald).
Die Gewinnung der Salpetersäure durch Destillieren aus einem Gemenge von Natron-(Chile-)salpeter und Schwefelsäure wird jetzt in ununterbrochenem Betrieb durchgeführt und zwar an vielen Orten im Vakuum, wodurch man zersetzende Temperaturhöhe vermeidet und Zeit spart [1], [3].
Literatur: [1] Ost, Lehrbuch d. chem. Technologie, 7. Aufl., S. 157163, Hannover 1911. [2] Von Kéler, Zeitschr. f. angew. Chemie, Jahrg. 1913, Nr. 31, Aufsatzteil S. 214. [3] Wie [1] aber S. 213. [4] Haber, Vortrag in d. Deutsch. ehem. Gesellsch., Zeitschr. f. angew. Chemie, Jahrg. 1913, Nr. 37, Vereinsnachr. S. 323.
Moye.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.