- Abdampfen
Abdampfen (Einengen, Abrauchen, Evaporieren), Operation, die den Zweck hat, gelöste Stoffe durch Verdunsten der Lösungsmittel abzuscheiden oder in konzentrierterer Form zu gewinnen.
Für die Konstruktion der zum Abdampfen dienenden Vorrichtungen ist zunächst die Vorfrage entscheidend, ob das Lösungsmittel wertvoll ist und deshalb zurückgewonnen werden soll, oder ob es verloren gehen kann. Im ersteren Fall verwendet man zum Abdampfen sogenannte Destillierapparate (s. Destillation); im zweiten Fall, in dem es sich ausschließlich um das Abdampfen wässeriger Flüssigkeiten handelt, kommt hauptsächlich die Art der zur Verfügung stehenden Wärmequelle sowie die chemische Natur der in dem Wasser gelösten Stoffe in Betracht. Zur Deckung des zum Abdampfen erforderlichen Wärmebedarfs wird je nach den lokalen Verhältnissen und der in einer bestimmten Zeit einzuengenden Flüssigkeitsmenge die Sonnenwärme, die direkte Verbrennungswärme der Heizstoffe und die Wärme des Wasserdampfs verwendet. Der Benutzung der Elektrizität als Wärmequelle stehen meistens die hohen Kosten entgegen.
Die auf die Ausnutzung der Wärme der Sonne resp. der bewegten atmosphärischen Luft gegründeten Einrichtungen sind beinahe ausschließlich zur Gewinnung von Kochsalz aus Meerwasser oder aus Soolen bestimmt und überwiegend in südlichen Küstenländern oder in der Nähe von Salzfundstätten im Betrieb. Die betreffenden Anlagen bestehen entweder aus einem System flacher Teiche, in welchen das Wasser den Sonnenstrahlen und der Feuchtigkeit aufnehmenden Luft ausgesetzt ist (sogenannte Salzgärten, Meersalinen) oder aus einer Anhäufung von Strauchwerk etc., über welche die Lösung in sein verteilter Form herabrieselt (Gradierwerke). Trotz des überaus einfachen und billigen Betriebs haben die Salzgärten und Gradierwerke ihre frühere Bedeutung verloren, indem sie einerseits ein sehr großes Terrain erfordern und andrerseits infolge der Abhängigkeit vom Wetter keine regelmäßige Produktion gestatten.
Für die Uebertragung der den Verbrennungsprodukten der Heizstoffe innewohnenden Wärme auf abzudampfende Flüssigkeiten stehen, wenigstens im Prinzip, zunächst zwei Wege offen, von welchen der eine die unmittelbare Berührung beider Medien voraussetzt, während bei dem andern eine solche durch eine trennende Scheidewand ausgeschlossen ist. Die Benutzung des ersten Weges ist von vornherein auf diejenigen seltenen Fälle beschränkt, in denen die Verunreinigung der Flüssigkeit durch Rauchbestandteile, wie Flugasche, Ruß, Kohlensäure, ohne Belang ist. Diese Voraussetzung trifft in der Technik nur bei der Fabrikation von Schwefelsäure, Soda, Pottasche, Alaun u.s.w. zu, und dort finden entsprechende Abdampfapparate unter der Bezeichnung: Glover- und Laugentürme, Oberfeuerpfannen etc. Verwendung. Als Vorzüge derartiger Vorrichtungen sind ihre geringe Reparaturbedürftigkeit sowie ihre gute Wärmeausnutzung zu nennen. In den meisten Fällen ist jedoch nur der zweite Weg zulässig und wird das Abdampfen in der Regel in von außen geheizten, oben offenen oder mit einer Abzugsöffnung versehenen Gefäßen vorgenommen. Zu diesem Zweck dienende Gefäße werden gewöhnlich als Pfannen bezeichnet, und man verwendet je nach der Art der Fabrikation solche mit flachem, kielförmigem (Bootspfannen), sattelförmigem (Wolfspfannen) und halbkreisförmigem (Thelenpfannen) Boden, welch letztere fast immer mit einem mechanischen Rührwerk zum Bewegen der Flüssigkeit und zum Ausschöpfen (Aussoggen) der während des Abdampfens zu Boden fallenden festen Salze versehen sind. Alle diese Konstruktionen lassen nur eine ganz unvollkommene Ausnutzung des Brennwerts der Heizstoffe zu. Einen besseren Nutzeffekt gewährt die dem Salzbergwerk Neustaßfurt patentierte Pfanne mit mehreren die Flüssigkeit durchziehenden Flammrohren, durch welche die Heizfläche bei gleichbleibenden äußeren Dimensionen erheblich vergrößert wird. Außerdem bietet diese Anordnung den Vorteil, daß das Festbrennen von sich während des Abdampfens ausscheidenden Salzen vermieden wird und daß leicht mechanische [7] Vorrichtungen zum Aussoggen angebracht werden können. In bezug auf das Abdampfen mit gespanntem Wasserdampf ist zu bemerken, daß dieses Verfahren namentlich dann besonders vorteilhaft ist, wenn man das Kondensationswasser wieder in den Dampfgenerator zurückführt. Zum Zweck der Beheizung mittels Dampf werden die Abdampfgefäße mit einem Mantel, zweckmäßiger mit einem stehenden oder liegenden Röhrensystem (Schlange) versehen, durch das der Heizdampf zirkuliert. Auch arbeitet man in der Weise, daß man die Flüssigkeit in dünner Schicht über Hohlkörper rieseln läßt, deren Inneres von Heizdampf durchströmt wird. In allen Fällen kann die Operation durch Bewegen der Oberfläche der Flüssigkeit sowie durch Arbeiten in niedriger Schicht beschleunigt, und wenn es sich um bloßes Konzentrieren handelt, zu einer kontinuierlichen gestaltet werden. Zum Abdampfen der Lösungen solcher Substanzen, welche sich bei kürzerem oder längerem Erhitzen auf die Siedetemperatur des Wassers zersetzen, ist die Anwendung von Vakuumapparaten (s.d.) erforderlich, die bei entsprechender Anordnung die Wärme des Wasserdampfes mehrfach zu benutzen und dadurch einen hohen Nutzeffekt zu erzielen erlauben. Aus dem letztgenannten Grunde werden neuerdings Vakuumapparate auch da benutzt, wo keine Zersetzungen ins Spiel kommen. Eine große Verbreitung haben die von der Aktiengesellschaft für Apparate- und Kesselbau in Aachen konstruierten Verdampfapparate gefunden, unter denen speziell der Sooleverdampfapparat, D.R.P. 138894, der Verdampfer für Hochkonzentration, D.R.P. 129871, und der Plattendünnschichtverdampfer, D.R.P. 136871, zu nennen sind. S.a. Trockenapparate. Während man über freiem Feuer und in offenen Abdampfpfannen im Durchschnitt mit 1 kg Steinkohle nur 6 kg Wasser verdampft, gelingt es, unter Zugrundelegung einer 8fachen Verdampfung in dem den Heizdampf liefernden Kessel mittels eines rationellen Vakuumsystems das 1820fache Gewicht Wasser (auf das Gesamtgewicht der verbrannten Kohle bezogen) in Dampf zu verwandeln. Sowohl für das Material, aus dem die Abdampfgefäße hergestellt werden, als auch für die Frage, ob im einzelnen Fall bei gewöhnlichem Atmosphärendruck gearbeitet werden kann, oder ob das Abdampfen bei vermindertem Druck vorgenommen werden muß, ist die chemische Natur der gelösten Stoffe entscheidend. Falls Lösungen abgedampft werden sollen, so benutzt man in der Regel Gefäße aus Guß- oder Schmiedeeisen, seltener aus Kupfer oder aus Nickel; bei Anwesenheit von Säuren tritt an Stelle der genannten Metalle das gegen chemische Einflüsse widerstandsfähigere Blei oder selbst Platin, wie bei der Konzentration der Schwefelsäure. Unter besonderen Umständen verwendet man an Stelle von Metallen Glas, Porzellan, Steinzeug oder mit einem widerstandsfähigen Emailüberzug versehene eiserne Gefäße.
Häußermann.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.