- Backsteine
Backsteine (Ziegel) sind künstlich hergestellte und gebrannte Bausteine aus Ton. Je nach der Formgebung unterscheidet man Handstrich- und Maschinenziegel, bei letzteren wieder naßgepreßte und trockengepreßte.
Maschinenziegel sind erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Erfindung der Strangpresse durch Whitehead und der Schneckenpresse durch C. Schlickeysen sowie der Erfindung und Einführung des Ringofens durch Friedrich Hoffmann in Aufnahme gekommen. Durch das Brennen wird der geformte Ton erhärtet und verliert die Fähigkeit, im Wasser wieder aufzuweichen. In scharfgebranntem Zustande erweisen sich die Ziegel von hoher Wetterbeständigkeit. Mit steigender Brenntemperatur vermindert sich die anfangs große Porosität, und mit dem Beginn der Erweichung im Feuer brennen sich die Tone dicht und bilden dann die sogenannten Klinker. Ausgesuchte Mauerziegel sind schon seit den ältesten Zeiten zur Verkleidung verwendet worden; später hat man für diesen Zweck besondere Ziegel, Verblendsteine genannt, eingeführt, die in Deutschland als Lochsteine, in England und Amerika als trockengepreßte Steine in besonderen Formaten hergestellt zu werden pflegen. Die Verblender werden nach Farbenreinheit und Farbennuancen sorgfältig sortiert und in Verblender erster und zweiter Klasse geschieden.
Die Brandfarbe der Ziegel ist in erster Linie durch den Gehalt des Tones an Eisenoxyd bedingt; aber auch die Art des Brandes und die Höhe der Brenntemperatur sind für die Farbe der Ziegel maßgebend. Sie schwankt von Weiß durch Gelb bis zum tiefsten Rot. Das Eisenoxyd muß in feinster Form im Ton enthalten sein, wenn es farbkräftig wirken soll, anderseits wird seine Färbekraft durch andre im Ton enthaltene Stoffe, wie Kalkerde u.s.w., abgeschwächt oder gänzlich verhindert. (Ueber andre färbende Substanzen s. Farben, keramische.) Vielfach werden auch Backsteine zwecks Erzielung einer bestimmten Farbe vor dem Brennen mit einem Ueberzug (Engobe) oder Glasur (s.d.) versehen.
Zur Erzielung sehr leichter und poröser Ziegelwaren werden den Tonen organische Substanzen wie Steinkohlenstaub, Braunkohlenklein, Torfmull oder Sägespäne zugemischt. Die aus solchen Massen gewonnenen Ziegelfabrikate werden zur Herstellung von Decken- und leichten Wänden benutzt, sowie zum Schutz von Eisenkonstruktionen gegen Feuer verwendet.
Um dichte Ziegel von geringerem Gewicht zu erzielen, hat man die sogenannten Lochsteine (Fig. 1) hergestellt. Die Lochungen sind entweder rund oder viereckig gestaltet. Durchziehen dieselben die Ziegel der Länge nach, so werden letztere Läufer genannt; Ziegel der Breite nach gelocht, dienen als Binder, und die der Dicke nach gelochten Ziegel werden als Ecksteine verwendet.
Als Format der Backsteine ist allgemein üblich die Gestalt eines Parallelepipeds. Zweckmäßige Abmessungsverhältnisse entstehen, wenn mit Rücksicht auf die Dicke der Stob- und Zwischenfugen die Länge der Steine nicht genau ein Vielfaches der Breite bildet, sondern zwei Steinbreiten plus Fugendicke die Steinlänge ausmachen. Wenn man eine immer einzuhaltende Fugendicke f und eine der drei Abmessungen feststellt, so ist das Format der Backsteine allgemein bestimmt durch folgende Beziehungen:
Fig. 2.
[438] Diese Beziehungen gelten allerdings nur dann, wenn sowohl Lagerfugen wie Stoßfugen dasselbe Maß haben, was weder für Deutschland, wo die Lagerfugen 12 mm und die Stoßfugen 10 mm stark sein sollen, noch für England zutrifft, nach dessen vom 1. Mai 1904 geltenden Normalformaten Stoßfugen von 0,635 mm (1/4 Zoll) und Lagerfugen von 0,795 mm (5/16 Zoll) vorgeschrieben sind. Auch in andern Ländern werden die Stoßfugen meist schwächer gehalten als die Lagerfugen. Einige teils historische, teils gegenwärtig übliche Formate von Backsteinen sind folgende:
Um regelrechte Verbände zu erzielen, genügen aber diese ganzen Steine noch nicht; es sind noch Stücke derselben notwendig, die durch Halbteilung und Viertelteilung gebildet werden. Bei Maschinenverblendern werden diese Teilstücke auch separat maschinell hergestellt, bei Handstrichziegeln stets durch Behauen, was viel Abfall und Zeitverlust bedingt. Stücke von voller Steinbreite und drei Viertel der Länge heißen Dreiquartier, Stücke von der vollen Breite und zwei Viertel der Länge Zweiquartier (halber Stein), Stücke von der vollen Steinbreite und ein Viertel der Länge Quartier (Einquartier oder Riemchen), Stücke von der ganzen Länge und halber Breite Längsquartier.
Für Konstruktionen andrer Art als die gewöhnlichen Backsteinverbände dienen verschiedene Formsteine, Feuerschutzziegel, Gewölbe-, Kammsteine u. dergl.
Die Qualitätsprüfung der Backsteine geschieht nach den Beschlüssen der »Konferenzen über einheitliche Untersuchungsmethoden bei der Prüfung von Bau- und Konstruktionsmaterialien« nach folgenden Grundsätzen: 1. Bei der Prüfung einer Lieferung sind immer die schwächst gebrannten Steine auszusuchen. 2. Ziegel sind auf ihre Druckfestigkeit in ungefähr würfelförmigen Stücken zu prüfen, die durch Aufeinanderlegen je zweier halben Steine erhalten werden, die durch eine schwache Mörtelfuge aus reinem Portlandzement zu verbinden und an ihren Druckflächen durch Ueberziehen mit einer ebensolchen Mörtelschicht abzugleichen sind. Es sind dabei mindestens sechs Probestücke zu prüfen. 3. Ferner ist das spezifische Gewicht der Ziegelsteine zu bestimmen. 4. Zur Kontrolle der Gleichmäßigkeit des Materials ist die Porosität der Steine zu ermitteln. 5. Backsteine sind auf ihre Frostbeständigkeit zu prüfen. 6. Auf Vorhandensein löslicher Salze sind die Steine ebenfalls nach einheitlicher Methode zu prüfen. 7. Die Prüfung auf Vorhandensein von kohlensaurem Kalk, Schwefelkies, Marienglas und ähnlichen Stoffen soll in erster Linie am ungebrannten Stein erfolgen.
Die Druckfestigkeit gilt für Backsteine als Hauptwertmesser; sie ist je nach dem zu verwendenden Rohmaterial und der gewählten Garbrandtemperatur eine außerordentlich verschiedene und schwankt für schwachgebrannte Steine von 150 bis 200 kg/qcm, für scharfgebrannte Steine von 2501200 kg/qcm. Die Wetterbeständigkeit hängt nicht allein von dem Brenngrad, sondern auch von der Beschaffenheit des Rohmaterials und den in demselben enthaltenen Beimengungen ab. Von besonderer Bedeutung sind die in den Ziegeln enthaltenen löslichen schwefelsauren Salze; sie können durch bestimmte Zusätze, wie Barytsalze, oder durch sachgemäßen Brand und andre Vorsichtsmaßregeln unschädlich gemacht bezw. zerstört werden.
Literatur: Dümmler, Handbuch der Ziegelfabrikation, Halle a. S. 1900; Michel, E., Ueber die keramischen Verblendstoffe, Halle a. S. 1903.
Dümmler.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.