- Widerstand [2]
Widerstand, elektrischer, das Hindernis, welches jeder Körper dem Durchfließen eines elektrischen Stromes entgegensetzt. Bezüglich der Größe dieses Widerstandes unterscheidet man (vgl. a. Elektrizität, Bd. 3, S. 401) Nichtleiter oder Isolatoren, Halbleiter und Leiter; letztere werden gewöhnlich in der Form zylindrischer Stäbe (Drähte) oder flacher Bänder verwendet.
Der Widerstand W eines Drahtes ist proportional seiner Länge l und umgekehrt proportional seinem Querschnitt q; außerdem hängt er ab von dem Material, aus dem der Draht gefertigt ist, so daß für ihn die Gleichung W = c l : q Ohm gilt. Der Faktor c heißt der spezifische Widerstand des Körpers. Seine Bedeutung ergibt sich aus der Formel, wenn man l = 1 m, q = 1 qmm setzt; es wird dann W = c Ohm, d.h. es ist c der Widerstand eines Drahtes von 1 m Länge und 1 qmm Querschnitt, wobei c von der Temperatur abhängig ist. In der nachfolgenden Tabelle ist der spezifische Widerstand verschiedener Körper bei 15° C. angegeben, außerdem die Widerstandszunahme (der Temperaturkoeffizient) α, welche der Körper[923] von 1 Ohm Widerstand bei einer Temperaturerhöhung von 1° C. erfährt. Hat also ein Körper bei 15° C. einen Widerstand von W Ohm und wird die Temperatur desselben um t° C. erhöht, so ist Wt = W(1 + α t).
Spezif. Widerstand und Temperaturkoeffizient einiger Metalle und Legierungen.
Wie aus der Tabelle ersichtlich, haben die meisten reinen Metalle nahezu denselben, ziemlich großen Temperaturkoeffizienten, wogegen die Nickel- und Manganlegierungen bei verhältnismäßig großem spezifischen Widerstand einen sehr geringen Wert für den Temperaturkoeffizienten α ergeben, der z.B. beim Manganin und Konstantan so klein ist, daß er für praktische Zwecke vernachlässigt werden kann.
Den reziproken Wert eines Widerstandes nennt man seine Leitungsfähigkeit, ebenso heißt der reziproke Wert des spezifischen Widerstandes die spezifische Leitungsfähigkeit. Die Einführung der Leitungsfähigkeit gestattet, den Kombinationswiderstand mehrerer paralleler Leiter einfach auszudrücken. Sind nämlich w1, w2, w3 ... wn die Widerstände der einzelnen Zweige einer Kombination, W der Kombinationswiderstand, so ist
1/W = 1/w1 + 1/w2 + 1/w3 + ... 1/wn,
d.h. die Leitungsfähigkeit einer Kombination paralleler Widerstände ist gleich der Summe der Leitungstätigkeiten der einzelnen Zweige.
Praktisch unterscheidet man Regulierwiderstände, welche zur Aenderung starker Ströme dienen, und Widerstände von genau bestimmter und bekannter Größe, welche zum Messen (Vergleichen) unbekannter Widerstände benutzt werden.
Die Regulierwiderstände müssen so gebaut sein, daß auf die eintretende starke Erwärmung Rücksicht genommen wird und für eine schnelle Abkühlung gesorgt ist. Einen solchen Regulierwiderstand Stellt Fig. 1 schematisch dar. Eine Anzahl spiralförmig aufgerollter Drähte aus Kruppin, Nickelin oder Eisen sind auf einer Unterlage aus feuersicherem Isoliermaterial (Schiefer, Marmor u. dergl.) befestigt und entsprechend mit in einem Halbkreise angeordneten Kontaktknöpfen verbunden, auf welchen, durch eine kräftige Feder angepreßt, eine Kurbel schleift. Für die Stromzuführung sind Klemmschrauben angebracht, von denen die eine mit dem ersten Kontakt, die andre mit der Kurbel verbunden ist. Je nach der Stellung der Kurbel ist eine größere oder geringere Zahl von Spiralen in den Stromkreis eingeschaltet, bei der in der Figur gezeichneten Stellung die drei Spiralen links. Für starke Ströme kann man die Anordnung auch so treffen, daß die Spulen parallel statt hintereinander einschaltbar sind; es wird dann der Widerstand um so kleiner, je mehr Spiralen eingeschaltet sind. Das hat den Vorteil, daß die ausstrahlende Fläche um so größer wird, je stärker der Strom ist, während bei der vorstehenden Anordnung das Umgekehrte der Fall war. Einen solchen Kurbelwiderstand mit Parallelschaltung zeigt Fig. 2. Die Enden der Drahtspiralen sind einerseits mit einer Metallschiene M, anderseits mit einer Reihe voneinander isolierten Doppelfedern verbunden. Zwischen diese Doppelfedern kann durch Drehung einer Kurbel eine beilförmig gestaltete Metallscheibe S geschoben werden. Diese steht mit der einen Klemmschraube, die Metallschiene M mit der zweiten in Verbindung. Drückt man die drehbare Metallscheibe zwischen das erste Federpaar, so ist nur die erste Spirale eingeschaltet, der Widerstand ist jetzt am größten; schiebt man aber die Metallscheibe weiter, so werden die Spiralen parallel geschaltet, der Widerstand wird kleiner. Bei starken Strömen nimmt man an Stelle der Drähte auch Drahtgewebe, Metallbänder u.s.w., also Widerstände mit möglichst großer Oberfläche. Dabei kann man zu starke Erwärmungen noch durch Flüssigkeitskühlung verhindern. Eine stetige Regulierung starker Ströme kann auch durch Flüssigkeitswiderstände bewirkt werden. Als solche werden empfohlen Zinkvitriollösung zwischen Zinkelektroden, Kupfervitriollösung zwischen Kupferelektroden, Eisenvitriol- oder Sodalösung zwischen Eisenelektroden. Die Regulierung geschieht durch Heben und Senken oder durch Aenderung der Entfernung der Elektroden.
Zu Vergleichswiderständen (Rheostaten), deren Größe genau bekannt sein muß, wird das Material so gewählt, daß der Widerstand sich mit der Zeit nicht ändert und möglichst wenig von der Temperatur abhängt. Es eignen sich hierzu das Nickelin, das Rheotan, vor allem aber Manganin und Konstantan (vgl. Meßmethoden, elektrotechnische). Bei kleinen Widerständen[924] ist die Drahtlänge nicht groß genug, um diese mit hinreichender Genauigkeit abgleichen zu können; deshalb wird bei den Widerständen von 0,12 Ohm der Widerstand des Hauptdrahtes um 0,01 seines Wertes zu groß gemacht und ein Nebenschluß von dem hundertfachen Betrage des Sollwertes angelegt. Eine Längenänderung des Nebenschlusses um 45 m ändert den Gesamtwiderstand nur um ein Hunderttausendstel. So besitzt z.B. bei dem Widerstande »1 Ohm« der Hauptdraht den Widerstand 1,01 Ohm; der Draht ist (bei Patentnickel) 1 mm stark und 2,41 m lang. Der Nebenschlußwiderstand beträgt 100 Ohm, der Draht ist 0,14 mm stark und 4,7 mm lang. Bei den Widerständen von 550 Ohm würde man nach demselben Verfahren einen sehr seinen und langen Nebenschlußdraht nötig haben; man legt daher entweder den Nebenschluß nur an einen kleinen Teil des Hauptdrahtes oder verlängert das eine Ende des Hauptdrahtes durch ein Zusatzstück dickeren Drahtes. An dem dünnen Ende wird dann die vorläufige, an dem dicken die letzte Abgleichung vorgenommen. Bei den kleineren Normalwiderständen sind an die Stelle des Drahtes gewellte Blechstreifen aus Mangankupfer oder Patentnickel getreten. Die Abstimmung auf den richtigen Wert wird hier durch nachträgliches Einbohren kleiner Löcher in die Blechstreifen bewirkt. Die Widerstände für schwache Ströme bestehen aus isolierten Drähten, welche bifilar auf Rollen aufgespult sind. Da die Drähte infolge elastischer Nachwirkungen ihren Widerstand nachträglich ändern, müssen die Spulen nach dem Bewickeln noch mehrere Wochen lagern und dann aufs neue Justiert werden. Um die infolge hygroskopischer Eigenschaften der Seidenumspinnung möglichen Fehler zu beseitigen, wird jede Rolle längere Zeit einem heißen Luftbade unterworfen und hierauf in geschmolzenes Paraffin getaucht. Die Widerstände werden dann in Widerstandskästen vereinigt, indem man, wie bei Gewichtssätzen, Bruchteile und Vielfache der Einheit so zusammenstellt, daß sich durch Kombination mehrerer jeder beliebige Widerstand bilden läßt. Auf dem Hartgummideckel der Kästen sind eine Reihe von Metallklötzen mit etwa 1 mm Abstand befestigt. Dieselben sind in den Zwischenräumen mit konischen Erweiterungen versehen, in welche konisch geschliffene, mit Hartgummigriffen versehene Messingstöpsel eingesetzt werden können (Fig. 3). An den beiden Endklötzen befinden sich Klemmschrauben für die Stromzuführung. Jeder Messingklotz ist mit dem Ende des einen und dem Anfange des nächsten Widerstandes verbunden, so daß Anfang und Ende eines jeden Widerstandes zu zwei benachbarten Klötzen führen. Sind diese durch einen Stöpsel verbunden, so ist die betreffende Spule kurz geschlossen; ist dagegen der Stöpsel gezogen, so kann der Strom von einem Messingklotz zum nächsten nur durch den Widerstand der Spule hindurchgelangen. Bei dieser Anordnung ist also stets die Summe derjenigen Widerstände eingeschaltet, bei welchen der Stöpsel gezogen ist. Die Widerstandsdrähte werden an dicke Kupferstäbe gelötet, welche zu den Klötzen führen. Die Stöpsel und Stöpsellöcher müssen stets rein gehalten werden, da sie sonst leicht zu Fehlern Veranlassung geben können. Die Stöpselfehler können sehr vermindert werden durch die in [3] und Bd. 6, S. 382, dargestellte Anordnung der sogenannten Dekadenrheostate. Diese enthalten zehn gleiche Rollen (von z.B. je 100 Ohm), von denen eine beliebige Anzahl durch Einstecken nur eines einzigen Stöpsels eingeschaltet werden kann. Sehr große Widerstände, z.B. von Millionen Ohm, aus Metalldrähten herzustellen, ist sehr kostspielig. Man kann dieselben in einfacher Weise dadurch erhalten, daß man auf Ebonit oder Glasplatten Bleistiftstriche zieht und die Enden dieser Linien mit dem Stromkreise verbindet. Siemens & Halske stellen solche Graphitwiderstände von 10 bis 100 Millionen Einheiten in der Weise her, daß sie die spiralförmigen Nuten eines Hartgummizylinders mit reinstem Graphit einreiben und an die Enden Kontaktstücke anschrauben. Der Widerstand nimmt mit der Zeit zu, aber sehr langsam, so daß man ihn für Stunden und Tage als konstant ansehen kann. Methoden zur Messung von Widerständen, ebenso zur Berechnung solcher findet man in [1], [3], [5].
Die Widerstandsmaterialien werden hauptsächlich in Draht- oder Bandform verwendet und müssen möglichst hohen spezifischen Widerstand mit geringem Temperaturkoeffizienten verbinden (s. S. 923). Diese Bedingungen werden am besten von verschiedenen Kupferlegierungen erfüllt. So besteht z.B. das Widerstandsmaterial Patentnickel aus 75 Kupfer, 25 Nickel; Konstantan aus 58 Kupfer, 41 Nickel, 1 Mangan; Nickelin aus 54 Kupfer, 26 Nickel, 20 Zink; Manganin aus 84 Kupfer, 12 Mangan, 4 Nickel; die Zahlen bedeuten Gewichtsprozente. Für Widerstände. die ihren Wert unverändert beibehalten müssen, z.B. für Meßwiderstände, darf nur zinkfreies Material benutzt werden.
Literatur: [1] Handbuch der Elektrotechnik, Bd. 2, Leipzig 1905. [2] Müller-Pouillet, Lehrbuch der Physik, Braunschweig 1890. [3] Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Bd. 1 u. 2, Leipzig 1910. [4] Strecker, Hilfsbuch für die Elektrotechnik, Berlin 1907. [5] Edler, Berechnung und Konstruktion elektrischer Schaltapparate, Hannover 1909.
Holzt.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.