Härtebestimmung [2]

Härtebestimmung [2]

Härtebestimmung. 1. Die Kugeldruckprobe nach Brinell ist zurzeit die verbreitetste. Als Härtezahl H gilt die Belastung für die Flächeneinheit, mit der eine Kugel in das Versuchsstück mit ebener Oberfläche eingedrückt wird.

Brinell errechnet H mit der Kalottenfläche des Eindruckes. E. Meyer [1] wies nach, daß man, um der Härtezahl eine physikalische Bedeutung zu geben, mit der Projektion der Berührungsfläche f = π d2/4 zu rechnen hat, wobei d den Durchmesser am Rande des Eindruckes bedeutet, und daß die Beziehung zwischen Belastung P und dem Durchmesser d > 0,9 mm ausgedrückt sei durch die Gleichung P = a dn, wie sie Rasch für aufeinander gedrückte Stahlkugeln [2] und Föppl [3] beim Aufeinanderpressen von zwei Zylindern gefunden haben. Man kann daher die Härteeigenschaften eines Stoffes hinsichtlich der Kugeldruckprobe nicht durch eine einzige Zahl ausdrücken, sondern muß die Konstanten a und n durch mehrere Versuche mit verschiedenen Belastungen ermitteln. Schreibt man die Gleichung in der Form log P = log a + n log d und trägt die Werte von log P als Ordinaten und die Werte von log d als Abszissen in einem rechtwinkligen Koordinatensystem auf, so gibt n die Neigung der Geraden gegen die Abszissenachse, log a den Abschnitt der Geraden auf der Ordinatenachse. Kugeln von verschiedenem Durchmesser ergeben für dasselbe Material bei gleichem Eindruckwinkel φ gleiche p mittlere Werte für H = P/f. Die Drucke P, die bei verschiedenem D gleiche Werte für φ und für H ergeben, verhalten sich wie die Quadrate der Kugeldurchmesser. Die Konstante n ist bei einem und demselben homogenen Stoff von dem Durchmesser D der benutzten Kugel unabhängig, während a sich mit D nach der Beziehung a2 = a1 (D1/D2)n – 2 ändert. Bei n = 2 ist H = π/4a unabhängig von d, P und D. Meyer fand n > 2 und nur bei Blei < 2 und von der Härte unabhängig. Martens und Heyn [4]–[6] fanden, daß die Berechnung von H mit der Kalottenfläche fehlerhaft ist, weil die Kugel unter dem Druck eine elastische Abplattung, erleidet und daß die Beziehung P : t (t = bleibende Eindrucktiefe nach dem Entlasten) sich bei geringen Belastungen geradlinig gestaltet. Sie bestimmen daher mit dem Apparat von Martens [4], [5] unter Verwendung einer Kugel mit D = 5 mm als Härte diejenige Belastung P bei der t = 0,05 mm ist. Als Vorteile dieses Verfahrens sind angegeben, daß die Bestimmung[352] der Konstanten n und a durch wiederholte Versuche unnötig ist und die Kaltbearbeitung nicht in Frage kommt, die das Probematerial beim tiefen Eindrücken der Kugel erleidet. Harold Moore [7] fand mit Scheiben aus Flußeisen von 80 mm Durchmesser, daß die Dicke a der Probe bei deren satter Auflage ohne Einfluß ist, solange die Eindrucktiefe t Härtebestimmung [2] 1/7 a ist. Bei seinen Versuchen mit Scheiben von 10 mm Dicke und verschiedenen Durchmessern Ds wuchs der Durchmesser d des Eindruckes bei derselben Kugel und demselben Druck, sobald das Verhältnis Ds : d < 4,5 wurde. Der Mittelpunkt des Kugeleindrucks soll nicht weniger als um das 21/2fache seines Durchmessers vom Rande der Probe entfernt sein.

Den Originalapparat von Brinell liefert die Aktiebolaget Alpha, Stockholm (Vertreter Dujardin-Düsseldorf) in vier verschiedenen Ausführungen für Belastungen bis 5000 kg. Den Martens-Apparat [4], [5] und Kugeldruckapparate für Kautschuk baut Schopper-Leipzig. Die Apparate von Amsler & Laffon, Schaffhausen, weisen drei verschiedene Konstruktionen auf; die Druckmessung erfolgt hierbei entweder mittels Pendelmanometer oder mittels Wagebalken oder mit Meßdose, die Druckerzeugung in gleicher Reihenfolge: durch Druckpresse, an die das Pendelmanometer angeschlossen ist, oder durch Senken der Traverse, auf der der Wagebalken gelagert ist, oder durch Senken der Meßdose. Die erstgenannte Maschine ist zugleich mit einem Apparat zur stetigen Anzeige der Eindrucktiefe, bezogen auf die ursprüngliche Oberfläche, ausgerüstet. Die Düsseldorfer Maschinenbau-A.-G., vorm. Losenhausen, verwendet bei ihren verschiedenartigen Maschinen entweder eine Druckschraube zur Krafterzeugung und eine Hebelwage zur Druckmessung oder eine Meßdose. Bei den Maschinen mit Meßdose erfolgt die Druckerzeugung entweder durch einen besonderen Preßzylinder oder durch die Meßdose selbst. Die Maschinen sind z.B. ebenfalls mit einem Tiefenmesser ausgerüstet. Die Maschinen der Mannheimer Maschinenfabrik Mohr & Federhaff arbeiten mit Meßdose oder mit Hebelwage.

2. Bei der Kegeldruckprobe nach Ludwik [8]–[11] wird statt der Kugel ein Kegel mit 90° Spitzenwinkel verwendet und als »Kegeldruckhärte« der spezifische Druckwiderstand aus der Belastung und der bleibend erzeugten Kegelfläche, berechnet aus der Eindrucktiefe, ermittelt. Der Apparat von Ludwik, gebaut von Amsler & Laffon, Schaffhausen, [10], [11] zeigt die Eindrucktiefe t, bezogen auf die ursprüngliche Oberfläche des Versuchsstückes, ständig an. Ludwik geht von der Ansicht aus, daß die Eindrücke für beliebige Belastungen einander geometrisch ähnlich und die Ergebnisse daher nach dem Gesetz der proportionalen Widerstände [12] von der angewendeten Belastung unabhängig sind. E. Meyer [1] empfiehlt, die Härtezahl nicht mit der Kegelfläche, sondern mit der Fläche des Eindruckkreises zu berechnen und weist nach, daß sich meistens ein Wulst um den Kegel bildet und daher mit der Eindrucktiefe t1 bis zur Oberkante dieses Wulstes zu rechnen ist, um nicht zu hohe Härtezahlen zu erhalten. Rechnet man mit dem Eindruckkreis am Wulstrande, so sind die Härtezahlen in weiten Grenzen von der Belastung unabhängig. Hiernach erscheint die Kegeldruckprobe besser als die Kugeldruckprobe. Meyer rät aber trotzdem von ihrer Verwendung ab, weil sie durch Nebenumstände mehr beeinflußt werde als letztere und weil der Rand des Eindruckes besonders bei Gußeisen zerrissen erscheine, so daß der Durchmesser des Eindruckes nicht meßbar sei. Außer Amsler & Laffon liefert auch die Aktiebolaget Alpha Kegeldruckapparate. Der den letzteren zugehörige Tiefenmesser mißt die Eindrucktiefe von dem oberen Rande des Wulstes aus. Die Kegeldruckprobe ergibt größere Härtezahlen als die Kugeldruckprobe [1].

3. Die Kugelfallprobe von Shore [13]–[18] beruht darauf, daß die Härte nach der Höhe des Zurücksprunges einer aus einer bestimmten Höhe fallenden Kugel beurteilt wird. Umfassende Versuche mit dieser Probe Stellte Schneider an [19] unter Verwendung eines nach seinen Angaben von Fueß, Steglitz, gebauten Apparates. Der Probekörper liegt mit seiner Oberfläche wagerecht auf einem schweren, einstellbaren Dreifuß. Letzterer trägt am oberen Ende eines Ständers eine wagerecht stehende Irisblende. Auf ihr ruht eine Kugel, die beim Oeffnen der Blende frei auf die Probe herunterfällt und nach dem Wiederhochspringen durch einen Schieber abgefangen wird. Die Sprunghöhe wird an einem vor der Fallinie der Kugel angebrachten Glasstab mit Millimeterteilung abgelesen. Schneider folgert aus seinen Versuchen, daß bei der Untersuchung von Stoffen, die einen verschiedenen Elastizitätsmodul haben, die Sprunghöhe allein keinen Schluß auf die Größe der Formänderung, also auch nicht auf die Größe der spezifischen Verdrängungsarbeit zuläßt und daher die Shoresche Annahme, daß der Rücksprung ein Maß für die Härte ist, im allgemeinen nicht zutrifft, wenn man die spezifische Verdrängungsarbeit als Härtemaß ansteht. Bei Eilen und Stahl von demselben Elastizitätsmodul steht aber die Sprunghöhe in gesetzmäßiger Abhängigkeit von der spezifischen Verdrängungsarbeit. – Bernard hat einen Pendelhammer zur Kugelfallprobe angegeben. Der Hammer, auf dessen Schlagfläche die Kugel angebracht ist, schwingt an einem einstellbaren Ausleger neben dem Statif und soll senkrecht auf die Probe aufschlagen. Hubhöhe und Rückprall werden an einer Kreisbogenteilung abgelesen [20], [21].

4. Die Zylinderdruckprobe, bei der zwei Zylinder gleichen Durchmessers aus dem Probematerial kreuzweise übereinandergelegt werden, ergaben nach vergleichenden Versuchen von E. Meyer [1] kleinere Härtezahlen H = 4P/πd2 als die Kugeldruckprobe, also Hz < Hk · H3 wuchs mit P und d schneller als Hk die gleichen Metalle ordneten sich nach beiden Härteverfahren in verschiedener Reihenfolge.


Literatur: [1] Meyer, Untersuchungen über Härteprüfung und Härte, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1908 und Mitteil. über Forschungsarbeiten, Heft 65/66, S. 645. – [2] Rasch, Prüfung von Gußstahlkugeln, Berlin 1900. – [3] Mitteil. aus d. mechanisch-technischen Laboratorium der[353] Kgl. Technischen Hochschule München, Heft 28, S. 42. – [4] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1908, S. 1719. – [5] Mitteil. über Forschungsarbeiten 1908, Heft 75. – [6] Mitteil. d. Intern. Verbandes s.d. Materialprüfung d. Technik 1909, Nr. 6, 112. – [7] Ebend. 1909, Nr. 9, 114. – [8] Ludwik, Ueber Härtebestimmung mittels der Brinellschen Kugeldruckprobe und verwandter Eindruckverfahren, Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1907, Nr. 11. – [9] Baumaterialienkunde 1907, Nr. 8–10. – [10] Ludwik, Die Kugeldruckprobe, ein neues Verfahren zur Härtebestimmung von Materialien, Berlin 1908, Jul. Springer. – [11] Ders., Härteprüfung, Mitteil. d. Intern. Verbandes s.d. Materialprüfung d. Technik 1909, Nr. 6, III. – [12] Fr. Kick, Das Gesetz der proportionalen Widerstände und seine Anwendungen, Leipzig 1885, Felix. – [13] American Machinist 1907, XI, 1908, V, 1909, III, VII u. 1910, I. – [14] Revue de Metallurgie 1908, VI. – [15] Metallurgie 1909, Heft 2. – [16] Engineering, Juni 1909. – [17] Zeitschr. f. Werkzeugmaschinen und Werkzeuge 1908, III. – [18] Iron Age 1908, VIII. – [19] Schneider, Die Kugelfallprobe, Mitteil. über Forschungsarbeiten 1911, Heft 104. – [20] Bernard, Essais avec le normamètre, Revue de Métallurgie 1912, S. 570. – [21] The normameter for testing hardness, The Iron Age 1912, Bd. 2, S. 775.

Rudeloff.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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