- Härte
Härte. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch wird teilweise jede Art der Aeußerung von Druckfestigkeit als Härte bezeichnet; der engere Begriff Härte aber bezeichnet die Druckfestigkeit eines Körpers nicht, soweit er als Ganzes, sondern nur, soweit er auf einem eng begrenzten Gebiet seiner Oberfläche durch Druck in Anspruch genommen wird. Je nach der Art dieser Inanspruchnahme ist nun der Begriff Härte wieder verschieden und daher das Maß der Härte eines Körpers wechselnd je nach dem Verfahren, durch welches die Härte geprüft und deren Grad gemessen wird, ein andres, je nachdem der Körper durch einen gleich harten oder durch einen härteren beansprucht wird, je nachdem das Werkzeug stumpfer oder spitziger, je nachdem die Inanspruchnahme in der Ruhe oder unter gleitender oder unter bohrender Bewegung des Werkzeuges erfolgt (statische und dynamische Beanspruchung), und sehr verschieden je nach der Geschwindigkeit der Bewegung.
Beim Eindringen von Geschossen und bei der Bearbeitung rasch rotierender Körper auf der Drehbank kann man eine vollständige Umkehr des gewöhnlichen Härteverhältnisses der Körper beobachten, deren Ursache in der ungleichen Veränderlichkeit der Härte verschiedener Körper mit der Temperatur sowie in der ungleichen Erwärmung der bei der Bewegung beanspruchten Körper, teilweise auch in einer Verzögerung der Reaktion der Kohäsionskräfte bei sehr rascher Inanspruchnahme gesucht werden muß. Bei der Entdeckung des periodischen Systems der Elemente (s. Atomgewicht) wurde die Härte als eine derjenigen physikalischen Eigenschaften der Elemente erkannt, welche die Perioden der nach der Größe ihrer Atomgewichte geordneten Elemente kennzeichnen. Eine weitere Ausführung dieser Gesetzmäßigkeit unter Berechnung der Härte der Elemente im Maß der Mohsschen Skala gibt [14].
Die Mineralogen nennen von zwei Körpern denjenigen den härteren, der den andern ritzt, während er von diesem nicht geritzt wird. Hierbei ist indessen zu berücksichtigen, daß gleich harte Körper sich gegenseitig ritzen, daß der härtere den weicheren nur ritzt wenn das beanspruchte Oberflächenelement über ein gewisses Maß von Druck pro Flächeneinheit erleidet, daß manche Kristalle an den Kanten härter zu sein pflegen als inmitten der Flächen, daß das Ritzen der Kristallflächen in verschiedenen Richtungen zum Teil verschieden leicht erfolgt. Allgemein gebräuchlich ist jetzt die zehnstufige Härteskala von Mohs, worüber der Art. »Härtebestimmung« zu vergleichen ist. Wir geben, diesen zehn Stufen entsprechend, nach [1] oder [2] folgende weitere Härtemaße verschiedener Körper, zugleich unter Verweis auf den Art. »Edelsteine«, wo sich weitere Härteangaben finden.
Wachs (bei 0°) 0,2; Lehm 0,3; Graphit 0,51; Kaolin 1; Asphalt 12; Gips 1,62; Schwefel 1,52,5; Salpeter 2; Eisenvitriol 2; Spießglanz 2; Anthrazit 2,2; Alaun 22,5; Bernstein 22,5; Bittersalz 2,3; Meerschaum 23; Bleiglanz 2,5; Wismut 2,5; Kupfer 2,53; Gold und Silber 2,53; Glimmer 2,8; Antimon 3,3; Schwerspat 3,3; Aragonit 3,5; Arsen 3,5; Marmor 34; Serpentin 34; Dolomit 3,54; Opal 46; Platin 4,3; Palladium 4,8; Galmei 5; Asbest 5; Hornblende 5,5; Adular 6; Augit 6; Eisenglanz 6; Iridium 6; Magneteisenerz 6; Eisenkies 6,3; Platiniridium 6,5; Achat, Feuerstein 7; Granat 7; Turmalin 7,3; Andalusit 7,5; Beryll 7,8.
Für die Geschichte der Versuche, durch welche man bestrebt war, die des einheitlichen Maßes entbehrenden mineralogischen Härtestufen durch ein quantitatives Härtemaß zu ersetzen, verweisen wir auf [3] und [4] sowie auf den Art. »Härtebestimmung«. Alle diejenigen Methoden, welche, die Härte als »Eindringungs«widerstand betrachtend, mittels eines spitzen Instruments, Sklerometer, prüfen, sowie jene, welche sich andrer, mit der Härte zusammenhängender Körpereigenschaften, wie der Scherfestigkeit [5] bedienen, leiden an Willkürlichkeiten. Ausgezeichnet durch die mathematisch exakte Definition des Begriffs Härte sowie durch die relative Unabhängigkeit von der Form des Werkzeugs ist das Verfahren von Hertz und Auerbach [3] und [6],
Hertz beschränkt den Begriff Härte auf die statische Beanspruchung durch ein Werkzeug mit kugligem Ende, das hierbei am besten aus demselben Material wie der zu prüfende Körper besteht. Nach der Theorie von Hertz ist der Radius der Druckfläche proportional der Kubikwurzel aus dem Gesamtdruck, so daß der Druck pro Flächeneinheit mit der Kubikwurzel aus dem Gesamtdruck proportional wächst. Dieser Einheitsdruck nimmt vom Rande der Druckfläche gegen die Mitte zu proportional dem Werte √(1 k2) wobei k die Entfernung von der Mitte in Einheit des Radius mißt, so daß der Einheitsdruck in der Mitte 3/2 mal gleich dem mittleren Einheitsdruck wird. Der Grenzwert desjenigen in der Mitte der Druckfläche herrschenden Einheitsdrucks, bei welchem die Elastizitätsgrenze erreicht wird, ist nach Hertz das Maß der Härte. Dieser Druck ist P1 = 6P : πd2, wobei P der Gesamtdruck und d der Durchmesser der Druckfläche ist. Der Wert von P1 ist nach der Theorie unabhängig vom Krümmungsradius des Werkzeugs.
Auerbach [7] hat die Hertzsche Methode der Härtemessung weiter ausgebildet; er unterscheidet als Elastizitätsgrenze bei spröden Körpern denjenigen Druck, bei welchem sich um[738] die Druckfläche ein Sprung bildet, und als Elastizitätsgrenze bei plastischen Körpern den Druck, der eine gleichförmige Eindringungsgeschwindigkeit bewirkt. In [13] gibt Auerbach folgende Härtebestimmungen im Hertzschen Maß: Die Eindringungsbeanspruchung beträgt in Kilogramm pro Quadratmillimeter für Talk 5, Gips 14, Steinsalz 20, Kalkspat 92, Flußspat 110, schwerstes Silikatflintglas 170, leichtes Flint 210, Apatit 237, Adular 253, Borsilikatbrownglas 274, Quarz 308, Topas 525, Korund 1150. Der einheitlichen Definition des Begriffs Härte gegenüber erscheint die Unterscheidung eines mehrfachen Begriffs nicht ungerechtfertigt. Die »Commission des méthodes d'essai des matériaux de construction« zu Paris hat eingehende theoretische und experimentelle Prüfungen der an den Begriff Härte sich knüpfenden Fragen veranlaßt. Die Berichte, in denen je nach der Art der Einwirkung auf die Körper verschiedene Begriffe von Härte unterschieden werden, liegen vor in [4], [8], [9]. Allgemeinere Untersuchungen über die Begriffe Fettigkeit, Härte, Plastizität, Sprödigkeit s. bei [10] und [11]. Einen kurzen Auszug aus [4], [8], [9] und [11] s. [12].
Seit dem Jahre 1900 hat sich eine bei der Pariser Ausstellung mit dem grand prix personnel ausgezeichnete neue Behandlungsart der Härteprüfung die Gunst der metallurgischen Technik errungen [15]. J.A. Brinells Härtemaß ist ebenso wie dasjenige von Hertz aus dem Widerstande abgeleitet, dem das Eindringen eines kuglig gerundeten Werkzeugs in den zu prüfenden Körper begegnet. Aber Stoff und Krümmungsradius des Werkzeugs sind hier vorgeschrieben, nämlich gehärteter Stahl von. 10 mm Kugeldurchmesser, ebenso der Druck, nämlich 3000 kg für Eisen und Stahl, 500 kg für Metalle und Legierungen geringerer Härte, so daß die bei zähen Körpern ohnedies schwierige Berücksichtigung der Elastizitätsgrenze hier wegfällt.
Das Brinellsche Härtemaß ist der Quotient aus der Beladung in Kilogramm und der Fläche des erhaltenen Eindrucks in Quadratmillimeter, also der Druck pro Flächeneinheit der beanspruchten Kugelschale des Werkzeugs, und daher gleich zwei Drittel des Hertzschen Maßes, soweit nicht die Ueberschreitung der Elastizitätsgrenze eine, weitere Verschiedenheit bedingt. Durch Multiplikation mit geeigneten Koeffizienten ergeben die Härtezahlen von Eisen und Stahl zugleich die Werte der Zugfestigkeit, also eine bequeme mittelbare Bestimmung dieser Eigenschaft. Nachfolgende Tabelle dient dazu, die umständliche Berechnung der Kugelkalotte der Druckfläche zu ersparen, indem sie, der Belastung von 3000 kg entsprechend, zu dem Durchmesser der Druckfläche die zugehörige Brinellsche Härtezahl angibt. Die der Belastung 500 kg entsprechenden Härtezahlen sind die sechsten Teile der angegebenen.
Nach Dillner ermittelt man aus den Härtezahlen von Eisen und Stahl die Werte der Zugfestigkeit durch Multiplikation mit den Faktoren: a) 0,362 bei Härtezahlen unter 175 und bei Proben senkrecht gegen die Walzrichtung; b) 0,354 ebenso bei Proben parallel der Walzrichtung; c) 0,344 bei Härtezahlen über 175 und bei Proben senkrecht zur Walzrichtung; d) 0,324 ebenso bei Proben parallel der Walzrichtung.
Literatur: [1] Auerbach, in Winkelmann, Handbuch der Physik, 1, Breslau 1891, S. 316. [2] Landolt und Börnstein, physik.-chem. Tabellen, 3. Aufl., Berlin 1905, S. 57. [3] Auerbach, Absolute Härtemessung, Wiedem. Ann., 43, 1891, S. 61. [4] Osmond, Bericht, betreffend die Versuche über statische Eindringung und Ritzung, Paris 1893. [5] Kick, S., Was sind spröde Körper, wie kann man die Härte ziffermäßig bestimmen? Prag 1889. [6] Hertz, H., Verhandlungen der Berl. phys. Gesellsch., 1, 1882, S. 67, und Crelles Journal 92, 1882, S. 152. [7] Auerbach, Ueber Härtemessung, Wiedem. Ann. 45, 1892, S. 262; Ueber die Härte der Metalle, der kristallisierten, der amorphen und der wasserhaltigen Kieselsäure, Drudes Annal. d. Phys. 1900, Bd. 3, S. 108 u. 116. [8] Osmond, Bericht über die Härte, ihre Definition und Messung, Paris 1893. [9] Ders., Sprödigkeit und Plastizität, Paris 1893. [10] Ders., Plastizität und Sprödigkeit, Wiedem. Ann., 45, 1892, S. 277. [11] Gaudillot, Osmond und Pourcel, Bericht über die technische Terminologie, Paris 1893. [12] Beiblätter zu den Annalen von Wiedemann, 19, 1895, S. 745. [13] Die Härteskala in absolutem Maß, Wiedem. Ann., 58, 1896, S. 357. [14] Rydberg, J.R., Zeitschr. f. physik. Chemie, 33, 1900, S. 353. [15] Baumaterialienkunde, Organ des internat. Verbands für die Materialprüfung der Technik 1906, Heft 1 und 8.
Aug. Schmidt.
Härte der Minerale. Für oberflächliche Prüfungen genügen folgende Angaben: Minerale der Härte 1 fühlen sich fettig an, diejenigen der Härte 2 lassen sich mit dem Fingernagel ritzen, nicht aber diejenigen von Härte 3. Mit dem Messer lassen sich Minerale von Härte 4 leicht, von Härte 5 nur schwer ritzen, wohl aber mit einer harten Feile. Härte 5 ist ungefähr diejenige von gewöhnlichem Fensterglas, härtere Minerale ritzen also dasselbe. Was Härte 7 (Quarz) und mehr besitzt, gibt mit dem Stahl Funken. Härter als Quarz sind nur wenige Minerale. [739] A. Rosiwal versuchte die mittlere Härte der Glieder der Mohsschen Härteskala dadurch zu bestimmen, daß er die Gewichtsverluste maß, welche die Minerale beim Reiben mit 100 g Schmirgel (oder Diamant) erlitten, und berechnete außerdem die relative Härte. Vgl. a. den Abschnitt Härte im Art. Gesteine, S. 450.
Literatur: Rosiwal, Neue Bestimmung der Härte, Anzeiger der k. k. Akademie der Wissenschaften, Wien 1893, XI; Vorträge des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Wien 1893, S. 605650.
Leppla.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.