Ausbreitmaschinen

Ausbreitmaschinen

Ausbreitmaschinen. Baumwollstoffe werden von den Clapots (Waschmaschinen), Rollenkufen und Squeezern (s. Ausringmaschinen) der Bleichereien und Färbereien, sowie von den Rouleauxmaschinen der Druckereien um so mehr auf Kosten der Breite in die Länge gezogen, je dünner und fadenärmer sie im Gewebe sind. Der Verlust in der Breite von Stücken mit der gewöhnlichen Fadenzahl kann bis zu 10 und 15% betragen und die Ware geradezu unverkäuflich machen, wenn man nicht während der Fabrikation jede passende Gelegenheit wahrnimmt, um in und an den Maschinen besondere Vorrichtungen wirken zu lassen, mit deren Hilfe die normale Breite der Gewebe erhalten, die verlorene Breite wiedergegeben oder auch die normale Breite überschritten werden kann.

Als wirksam, namentlich bei feuchter Ware, hat sich der konische Ausbreiter erwiesen, der schon im Jahre 1825 von Coyot in der Normandie erfunden [1], anfänglich wenig beachtet, aber mit Beginn der siebziger Jahre fast in allen Ländern mit bestem Erfolge eingeführt worden ist. Er findet seinen Platz in der Regel am Kopf einer Zylindertrockenmaschine unmittelbar vor und über der ersten Trommel. Eine Traverse, die querüber von der einen zur andern Seite des Maschinengestells reicht, trägt drei eiserne Arme. In diesen Armen sind zwei (je 1/2 m lange) abgestumpfte Kegel von Holz, oberhalb und entlang der ersten Trockentrommel frei aufgehängt. Ihre Grundflächen (mit 8–9 cm Durchmesser) sind nach außen gegen das Seitengestell der Trockenmaschine gerichtet, während ihre kleineren Schnittflächen (mit 3–4 cm Durchmesser) nach innen gegen die Mittellinie des Apparates schauen. Beide Kegel bilden miteinander einen stumpfen Winkel von ungefähr 140°, dessen Spitze der Traverse am Kopf der Maschine zugekehrt ist; sie erhalten aber auch eine Neigung von oben nach unten oder gegen die Mitte zu, so daß die beiden durch sie gefleckten, oben und unten aus den Holzflächen hervorragenden eisernen Spindeln in der Mitte unter einem Winkel von je 20° gegen eine Horizontalebene zusammentreffen, die man sich durch die Trommelachse gelegt denkt. Die Oberflächen beider drehbaren Kegel sind wiederum mit spiralförmigen Einschnitten versehen, die in entgegengesetztem Sinn, aber beidemale von unten nach oben oder außen verlaufen. Die für den Trockenzylinder bestimmte Ware kommt in gespanntem Zustand von oben bei dem konischen Ausbreiter an, umfaßt ungefähr ein Drittel seiner gekerbten Oberfläche, versetzt beide Kegel in Drehung und wird dafür von ihnen breitgestrichen, bevor sie die erste heiße Trommel erreicht. – Vier Jahre nach dem Bekanntwerden des konischen Ausbreiters wurde der sogenannte mechanische Ausbreiter oder die Sektorenausbreitwalze von dem Engländer John Jones erfunden (1829). Auf der Mitte einer eisernen Welle beteiligte er senkrecht zur Wellenachse eine größere eiserne Scheibe und auf jedem der beiden Enden der Welle eine ebensolche Scheibe, aber in schräger Stellung zur Achse; alle drei Scheiben saßen unbeweglich auf der Welle. Wird diese nun in Drehung versetzt, so beschreiben die einzelnen Punkte der zwei schrägstehenden Scheiben am Ende der Welle Ellipsen und erhalten oben bald eine größere, bald eine geringere Entfernung von den im Kreise sich bewegenden Punkten der senkrecht montierten Mittelscheibe. Werden also auf den beiden äußeren Scheiben die Enden segmentartig gegossener Messingschienen beteiligt, deren andre Enden auf der Mittelscheibe frei in einer Vertiefung aufliegen und etwas über sie hinausreichen, so werden die Schienenenden der Bewegung der äußeren Scheiben, wenn für den nötigen Spielraum auf der Mittelscheibe gesorgt ist, folgen und auf letzterer eine gewisse, von der Schrägstellung der äußeren Scheiben abhängende Strecke in horizontaler Richtung und zwar alternierend nebeneinander hin und her gleiten. Da die Segmentschienen wiederum nicht glatt, sondern gekerbt sind, so werden sie bei ihrem horizontalen va-et-vient die über sie hinweg zum Trockenzylinder geführte Ware in der Mitte erfassen und von hier aus in der Richtung des Einschlags nach beiden Seiten hin auszudehnen bestrebt sein. Aus dieser Konstruktion hat sich der heute allgemein verwendete Ausbreiter entwickelt mit exzentrisch sich drehenden, anstatt mit schräg-, aber feststehenden Scheiben zu beiden Seiten der Welle, die ihrerseits nunmehr an keiner Bewegung teilnimmt. Die Schrägstellung der Exzentriks wird durch Stellschrauben fixiert und ihre Drehung um die Welle durch die über einen Teil der Oberfläche der Segmentschienen hinweglaufende Ware hervorgerufen, wodurch wieder die horizontal hin und her gehende Bewegung der im Kreis die Welle umgebenden und auf ihrer Oberfläche schräg oder senkrecht ausgekerbten Messingschienen[391] veranlaßt wird. Bei dem mechanischen Ausbreiter von Hesford in Boston sind zehn, bei dem von Mather & Platt in Manchester zwanzig Schienen tätig, wodurch der Apparat allerdings umfangreicher und schwerer, aber auch wirksamer wird. Auf dem Prinzip der Exzentriks beruht auch die Breitwalze des Amerikaners Luther (Amerikanisches Patent Nr. 156643), die noch besser als die zuvor erwähnten arbeiten soll. Aber wenn man den amerikanischen Apparat auch nicht aus eigner Anschauung kennt, so muß man doch nach der Beschreibung und Zeichnung Dépierres Urteil beipflichten, daß dieser Ausbreiter kompliziert, schwerfällig, kostspiel und nicht gerade leicht zu behandeln ist. – Wesentlich verschieden von den bisher besprochenen Vorrichtungen zum Ausbreiten der Gewebe erscheinen die Ausbreiter, die, zumeist für trockene oder appretierte Ware bestimmt, meist außer Zusammenhang mit Trocken- und andern Maschinen benutzt werden. Der leitende Gedanke liegt in zwei einander gegenüberstehenden, aber nicht durch eine Welle miteinander verbundenen, 6–10 cm breiten und auf ihren Oberflächen durch Einschnitte oder Picots rauh gemachten Metallscheiben, die in der ungefähren Entfernung einer Stückbreite schräg gegeneinander und gegen eine horizontal gedachte Verbindungslinie ihrer Drehpunkte gelagert sind. Die Kanten der Scheiben flehen oben weiter voneinander ab als unten, wo die Leisten der Ware zuerst mit den Scheibenflächen in Berührung kommen. Auf der schiefen Fläche jeder der beiden in Drehung versetzten Scheiben läuft z.B. bei dem hierher gehörenden Apparat von Mather & Platt ein über zwei Nebenrollen gespannter endloser Riemen mit, der das Stück an seinen Leisten faßt, nach außen zu sich herüber- oder herunterzieht und bis zum Punkt der größten Entfernung der Scheibenkanten voneinander auf den Scheibenflächen festhält. Andre Konstrukteure haben den Riemen durch eine auf jeder Seite laufende Rolle oder, wie Gebauer, durch Kluppen ersetzt, die den Stoff rechts und links je auf der Stelle der beiden divergierenden Scheiben festhalten, wo er mit seinen Leisten aufgelegt worden ist. Dieselben Stellen entfernen sich aber während der exzentrischen Drehung der schräg gestellten Scheiben von ihrem Visavis bis zu einem Maximum der Distanz, wo dann die breitgezogene Ware von den Rollen oder Kluppen losgelassen wird. – Poole benutzt zwei Paar solcher schräg gestellten Scheiben, läßt das Gewebe von einem zum andern Paar übergehen und im ganzen von vier Lederriemen breitziehen. – Palmer in Middleton verwendet statt der exzentrisch sich drehenden Scheiben zwei große Scheiben, die fest und senkrecht auf den beiden Enden einer drehbaren Welle sitzen und deren Oberflächen durch eine Anzahl horizontaler Rundstäbe miteinander verbunden sind, so daß nicht bloß die Leisten der Ware eine Unterlage auf den zwei seitlichen Scheiben haben, sondern auch für den sorgfältigen Transport des inneren Teils des Gewebes über den sich drehenden Apparat hinweg besondere Vorsorge getroffen ist. Das Hauptstück der Palmerschen Ausbreitmaschine besteht aber in zwei endlosen Ketten, die sich über und (ein Stück weit direkt) auf den beiden Scheiben bewegen und um je vier Leitrollen herumgelegt sind. Die zwei oberen Rollenpaare flehen einander näher als die zwei unteren, so daß beide Kettenbahnen eine schräg überhängende Lage zu den Scheiben haben. Infolge dieser Anordnung werden die stramm gespannten Ketten, solange sie auf die sich drehenden Scheiben drücken und in entgegengesetztem Sinn zu ihnen sich bewegen, das Bestreben haben, über die äußeren Kanten der Scheiben herunterzugleiten, was gleichbedeutend ist mit dem Bestreben, die zwischen Kette und Scheibe eingeklemmten Warenleisten zu den äußeren Kanten der Scheiben herüber, d.h. die Ware selbst in die Breite zu ziehen. – Der Breithalter von Pickup und Knowles in Pendleton (England) ist dem Palmerschen Apparat im Grundgedanken nahe verwandt. Er wird vor einer Trockenmaschine aufgestellt und besteht aus zwei großen eisernen Scheiben mit erhöhten runden Kanten. Beide Scheiben sitzen auf einem horizontal gelagerten eisernen Schaft, auf dem sie nach der gewünschten Warenbreite verstellt und befestigt werden. Sie erhalten ihre selbständige Drehung von konischen, auf demselben Schaft sitzenden Rädern. Auf jeder der beiden Scheiben drehen sich vier kleine, festgelagerte Rollen, um die ein endloser Riemen läuft, der gleich den Rollen so breit ist wie die Scheibe und etwas mehr als die halbe Peripherie der Scheibe umspannt. Die Leisten des auszubreitenden feuchten Gewebes werden zwischen die Ränder der Rollen und die einander gegenüberliegenden Erhöhungen der Scheibenkanten eingeklemmt, von den endlosen Riemen auf den Scheibenoberflächen festgehalten, vom vorderen zum hinteren Teil des Apparates in gespanntem Zustand hinübergeführt und losgelassen, unmittelbar bevor die ausgebreitete Ware auf die erste Trockentrommel gelangt. – Eine weitere Ausbreitmaschine ist die Heilmannsche Appretbrechmaschine (s. S. 248), eine von ganz besonderer Art der Spannrahmen (s.d.).


Literatur: Dépierre, Die Appretur der Baumwollgewebe, Wien 1888.

(Kielmeyer) R. Möhlau.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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